Paulhans Peters

Wilfried Dechau
12. Oktober 2011
Paulhans Peters, 1959-1991 verantwortlich für die Zeitschrift Baumeister, starb am 1. Oktober 2011. (Bild: Wilfried Dechau) 

1966, zu Beginn des Architekturstudiums habe ich mir – wie die meisten meiner Kommilitonen – vom Sekretär der Architekturabteilung ein DBZ-Abo aufschwatzen lassen. Aber spätestens zum Vordiplom war klar, dass klare Positionen in Sachen Architektur wichtiger sind als ein noch so clever durchdachtes Ordnungssystem. Wer wirklich wissen wollte, "was abgeht" (wie man heute sagen würde), der las die Bauwelt und oder den Baumeister. Meistens "oder". Erstens, weil so viel Geld beim mageren Honnefer Modell – der damaligen Form des heutigen BAföG – für Zeitschriften nicht blieb. Zweitens, weil ein (Architektur-) Papst genügt. Und als solche wurden sie beide wahrgenommen, Ulrich Conrads (UC) genauso wie Paulhans Peters (Pe). Ich las also fürder den Baumeister und mit besonderer Begeisterung die mit Pe gezeichneten Leitartikel. Er hatte ein untrügliches Gespür dafür, welche Themen aufgegriffen und wie sie behandelt werden mussten, er nahm kein Blatt vor den Mund, bezog eindeutig Stellung und hat sich von niemandem den Schneid abkaufen lassen. Seine Urteile in Sachen Architektur waren immer kompetent, unabhängig, unbeugsam. Gefälliges, unverbindlich Freundliches wäre ihm weder über die Lippen gekommen, noch aus der Feder geflossen. Dafür habe ich ihn stets geschätzt und geachtet (erst recht in späteren Jahren – als inzwischen selbst für eine Zeitschrift Verantwortlicher). Auch geliebt? Nein, wohl nicht. Er war keiner zum Liebhaben. Der Anspruch, den er an sich, an alles und an alle stellte, war nie zu erfüllen. Das wurde im Gespräch bereits mit der Anrede deutlich. Das zunächst so freundlich klingende "Mein Herr" konnte er mit leicht anhebender Stimme sanft, aber nachdrücklich als ironisch rhetorische Frage ausklingen lassen – nichts und niemanden hätte er je als seinen "Herrn" akzeptiert. Zu diesem Hang nach (unerfüllbarer) Perfektion scheint seine Liebe zu einem Flecken im hohen Norden so gar nicht zu passen. St. Severin, die kleine Backsteinkirche außerhalb des Dörfchens Keitum auf Sylt, war der ihm liebste Ort auf der Welt, wo er jetzt auf eigenen Wunsch beigesetzt wurde. Am 1. Oktober ist er im 88. Lebensjahr in München gestorben.
Eigentlich hätten wir uns in Keitum irgendwann einmal treffen müssen. Auch ich liebe diese Kirche – weil ihr Mauerwerk über die Jahrhunderte durch ständiges Ausbessern zum Sinnbild für Nachhaltigkeit wurde. Durch Perfektion? Nein. Eher durch Flickschusterei. Aber was für ein schönes Kunstwerk so daraus geworden ist! Lieber Paulhans, ich kann Deinen Wunsch, in Keitum zur Ruhe gebettet zu werden, sehr gut verstehen. Ich werde Dich dort sicher immer wieder besuchen kommen. Wilfried Dechau

Mauerwerk von St. Severin in Keitum (Bild: Wilfried Dechau) 

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