Landschaftsbilder

Christian Holl
17. November 2010

Text und Bild als ein aufeinander aufbauendes Arbeiten – Philosophie der Landschaft, erschienen bei Jovis, kombiniert Bilder zweier Maler und einen Text des Kulturphilosophen Burghart Schmidt. In den Arbeiten von Adam Jankowski und Robert Lettener werden die Möglichkeiten, die Landschaft zu fassen, ohne eine Aussicht abzubilden, untersucht. Motive und bildnerische Mittel werden miteinander kombiniert und aufeinander bezogen, aus der Technik entstehen Fragmente, die Erinnerungen an Landschaftsbilder wecken, das Bild wird als Material für die Auseinandersetzung mit Maltechniken eingesetzt, beides ineinander verwoben, neue Landschaften entstehen – es ist ein permanentes Arbeiten gegen die zur Konvention erstarrten Darstellungen, die das Erleben überdecken und die Landschaft durch Bilder unsichtbar machen. In diesem Sinne fragt Burghart Schmidt in seinem Essay nach den Möglichkeiten des Zugangs zur Landschaft, zur Natur, seiner Verwurzelung und Kontexten im abendländischen Denken, ohne darin ein abschließendes Urteil finden zu wollen. In einer etwas sperrigen Sprache finden sich Verweise, die auf die Arbeit der Maler zurückführen, Malerei und Text als eine aufeinander bezogenen Auseinandersetzung erkennen lassen. Das Buch leistet damit selbst das, was Burghardt postuliert: Landschaft selber sei die Übereinanderlagerung und Durchstrahlung von Anschauungsstrukturen.
Daran weiterspinnen ließe sich anhand von Michael Reischs New Landscapes. Sie scheinen ein Ideal zu erfüllen: das der unberührten Natur. Große Landschaftspanoramen, in denen jeglicher Hinweis auf den Menschen fehlt. Zunächst überwältigend, stellt sich unweigerlich die Frage danach, wie der Fotograf zu dem Punkt gekommen sein könnte, an dem er die Aufnahme gemacht hat – kein Weg, keine Straße führt ins Bild. Merkwürdig erscheinen auch die Detailaufnahmen von Gesteinsformationen, die seltsam gestreckt, gedreht oder gespiegelt scheinen.
Tatsächlich sind auch diese Bilder konstruiert: minutiös wurde entfernt, was auf den Menschen verweisen könnte. Die Motive scheinen uns bekannt zu sein, wir erkennen das Matterhorn, das Monument Valley vielleicht, das wir aber auch nur von Fotografien kennen. Und tatsächlich sind die Bilder, die wir von diesen Landschaften haben, solche der Unberührtheit, auch wenn wir wissen, dass wir uns damit eine Illusion machen. Als vermeintlich Abbildbare, wie Reisch sie konstruiert, verstört die Illusion dann aber, wie ein Zauber verschwindet, wenn ein Traum in Erfüllung geht.
Und doch faszinieren Reischs Bilder auch dann, wenn die Illusion durchschaut ist, so wie wir uns von trompe l'oeils täuschen lassen, obwohl wir wissen, dass wir genarrt werden. Dieses Wechselspiel macht Reischs Landschaften so faszinierend – und macht auch das bei Hatje Cantz erschienene, sorgfältig produzierte Buch, in dem die Arbeiten deutlich verkleinert sein müssen, zum Genuss. ch

 

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