Integriert, nicht aufgesetzt

Ursula Baus
14. November 2012
 

Die Urbanisierung der Welt haben die Ausstellungen der ifa-Galerien in Stuttgart und Berlin schon oft thematisiert. Mit "Grüne Häuser, tropische Gärten" gehen die Kuratoren mehr ins Detail, denn dieses Mal stehen konkrete Gebäude, öffentliche Plätze und private Gärten in Südostasien im Mittelpunkt. Dazu wählten sie drei Positionen aus – die Arbeit des Architekten Ken Yeang, die des Landschaftsarchitekten Ng Seksan sowie die "Green School" auf Bali – und präsentieren diese dem Besucher auch auf unterschiedliche Weise. Klassisch über Pläne, Visualisierungen, Fotos und feine Modelle werden die komplexen Entwurfsgedanken, die hinter Yeangs (Hochhaus-) Projekten stehen, verdeutlicht. Denn seine grünen Häuser beschränken sich nicht auf ein paar Quadratmeter Pflanzen irgendwo an der Fassade oder im Innenraum. Er betrieb und betreibt vielmehr Grundlagenforschung, denn grüne Architektur bedeutet für ihn nicht Altes, dem etwas Neues übergestülpt ist, sondern eine gänzlich neue Architektur. Dem Betrachter wird dabei schnell klar, dass solche Projekte auch neuer Planungsstrukturen und einer neuen Planungskultur bedürfen. Denn es werden immer mehr Disziplinen ineinandergreifen, immer mehr Fachwissen wird gefragt sein.
Die Charakteristika der Projekte des Landschaftsarchitekten Seksan sind der meist fließende Übergang zwischen gestalteten Grünflächen und naturbelassenen Bereichen und die Wahl von Materialien, die ausschließlich direkt vor Ort oder in unmittelbarer Umgebung vorhanden sind. Leider ist vor allem ersteres in der Ausstellung nur schwer zu erfassen, denn die Kuratoren setzten bei seinen Arbeiten vollständig auf eine digitale Präsentation. Dies dürfte nicht jedermanns Geschmack sein. Denn zum einen lassen sich die Gärten durch die wenigen Bilder, die man zu Gesicht bekommt, teilweise nur schwer begreifen, zum anderen wird man gezwungen, sich dem Tempo der Präsentation anzupassen. Man kann nicht nach seinem eigenen Ermessen mal länger, mal kürzer verweilen.
Zwischen dem in dunklen Farben gehaltenen Raum mit der digitalen Präsentation und der klassischen "Architekturausstellung" stellen die Kuratoren dem Besucher die "Grüne Schule" auf Bali vor, die sich auch von ihrer Art her irgendwo zwischen den beiden anderen Positionen einordnen lässt. Die Schulgebäude wirken im Vergleich zu den Hochhausprojekten Yeangs einfach und simpel, sind aber nicht minder ökologisch. Sie wurden komplett aus Bambus und nachwachsenden Rohstoffen errichtet und vermitteln ein Bild dessen, was in der Schule gelehrt wird. Nachhaltigkeit begrenzt sich nicht auf die Architektur, sondern betrifft auch den Lebensstil eines jeden. Daraufhin ist der Unterricht in der Schule ausgerichtet, damit gleich bei den Jüngsten die Grundsteine gelegt werden.
Die ifa-Galerie zeigt einmal mehr eine trotz des Kritikpunkts sehenswerte Ausstellung, die von der kleinen Fläche der Galerie profitiert. Denn noch mehr als bei größeren Räumlichkeiten müssen sich die Kuratoren darauf verstehen, nur die Essenz dessen, was gezeigt werden könnte, auszuwählen und dies dem Besucher trotz des knappen Platzes verständlich zu vermitteln. Bei "Grüne Häuser, tropische Gärten" ist es ihnen erneut gelungen.

Der sehr lesenswerte Katalog, in dem vor allem die Projekte Seksans besser zur Geltung kommen, ist bei Wasmuth erschienen und kostet 24,80 Euro (ISBN: 978-3-8030-0756-8).

Ausstellungsdauer:
ifa-Galerie Stuttgart: bis 6.1.2013 (am 25.+26.12.2012 sowie am 1.1.2013 geschlossen)
ifa-Galerie Berlin: 18.1.-10.3.2013
Öffnungszeiten: Di, Mi+Fr-So 12-18h, Do 12-20h

Begleitprogramm in Stuttgart (mit Unterstützung der Wüstenrot Stiftung):
30.11.2012, 16h: Führung mit Aperitif
1.12.2012, 14.30-16h: Kunstwerkstatt für Kinder
6.12.2012, 18h: Führung mit Aperitif

Editt Tower, Singapur, Planungsbeginn 2008; Architektur: T. R. Hamzah & Ken Yeang (Visualisierung: Architekten) 
The Maple Wohnanlage, Sentaul Raya, Kuala Lumpur, 2006; Landschaftsplanung: Seksan Design (Bild: Landschaftsarchitekten) 
 

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