Immer mehr ist irgendwann zuviel

Christian Holl
12. Januar 2011
Radikal radial: Eine Idee für eine IBA in Berlin, die auch dazu dienen soll, darüber zu diskutieren, ob man eine IBA in Berlin überhaupt braucht. Hoffentlich erfüllt die Initiative ihren Zweck. (Bild: Think Berlin) 

So langsam verliert man den Überblick. Die IBA Stadtumbau ist letztes Jahr zu Ende gegangen. Sie hat mit viel Engagement neue Wege gesucht, wie man mit dem Schrumpfen der Städte umgehen kann. Auch die IBA Fürst-Pückler-Land ging zu Ende. Sie hatte die Aufgabe, einem vom Braunkohletagebau entstellten und verbrauchten Landstrich eine Perspektive zu geben, eine schwere Aufgabe: Viele Projekte sind noch nicht verwirklicht, diese IBA ist also eigentlich nicht so recht vorbei. Die IBA in Hamburg hingegen läuft noch. Mit ihr will die Hansestadt ihre Elbinseln entwickeln. Dabei werden alle Themen aufgegriffen, die einem so einfallen, wenn man über die Herausforderungen der Architektur und des Städtebaus nachdenkt. Bildung, Energie, innere Stadtränder, Smart Materials, Smart Prices, und Hybrid Houses, ein bisschen Show muss sein. In Frankfurt sollte es auch eine IBA geben, die unter dem Leitbild Internationalität die Region Rhein-Main stärken sollte. Sie ist formal am Hessischen Landtag gescheitert, der aber seine Planungen eingestellt hatte, weil die von der hessischen Wirtschaft und den Kommunen notwendigen Gelder nicht verbindlich gesichert worden waren.
In Basel gibt es eine IBA, die sogar international ist. Dort will man "gemeinsam über Grenzen wachsen". In Thüringen soll es eine IBA geben, dort ist man aber noch nicht sehr weit. Es gibt bislang eine IBA-Seite, von der man auf eine Seite verlinkt wird, die wieder auf die Seite verweist, von der man gerade kam. Sehr komisch. In Berlin will man bis 2020 auch eine IBA veranstalten, zu deren Vorbereitung eröffnet die Senatsverwaltung am 26. Januar am ehemaligen Flughafen Tempelhof ein IBA-Studio. Ob die IBA dann auf dem Tempelhofer Feld stattfindet, oder als "Soziale Stadt im Klimawandel" in Neu-Kölln oder, wie es von der TU Berlin vorgeschlagen wird, genutzt wird, um die Radialen zu reurbanisieren, ist noch offen. Hier bei der TU findet man immerhin den folgenden bemerkenswerten Satz: "Die Grundsatzfrage, ob Berlin eine neue IBA braucht, und wenn ja, welche IBA, ist allerdings bislang in der Öffentlichkeit nicht ausreichend diskutiert worden". Die Frage, ob man eine IBA braucht, scheint man sich generell nicht mehr gerne stellen zu wollen. Inzwischen gibt es auch einen IBA-Expertenrat, der dazu mahnt, die in vergangenen Veranstaltungen etablierten Qualitäten zu sichern und weiter zu entwickeln. Stellt sich aber nicht vielmehr drängend die Frage, ob der Transfer von dem, was auf den IBAs entwickelt wird, noch in den Planungsalltag überführt wird oder ob sie nicht im ein oder anderen Falle dazu dienen, die Lücken zu stopfen, die entstehen, weil die alltägliche Planung nicht ausreichend gefordert und gefördert wird? Das aber ist nicht der Zweck einer IBA. Wenn es immer mehr der Ausnahmesituation der IBA bedarf, um gute Planung zu ermöglichen, dann kann etwas nicht stimmen. Vielleicht kann man dazu mal einen Expertenrat gründen. ch

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