Hauptsache kein Grab

Christian Holl
28. September 2011

In Berlin soll es stehen, soweit scheint man sich einig. Alles andere ist vorerst offen. Es gibt noch kein Grundstück, geschweige denn einen Entwurf. Wahrscheinlich auch noch kein Finanzierungsmodell. Und noch kein Konzept. Das klingt schlimm, ist es aber nicht, denn das Konzept zu finden ist Teil der Idee, von der Planung eines Deutschen Design Museums zu sprechen.
Es gehe darum, so im Pressetext, den vorerst nur in Institutionen, Fachzirkeln und durch Vertreter der Disziplin geführten Diskurs darüber, ob und wie Design aktuell im Kontext eines Museums präsentiert werden kann, aufzunehmen, zu bündeln und in die Öffentlichkeit zu tragen. Deswegen die Initiative des Rat für Formgebung, der das Museum als eine "Plattform für den Kulturfaktor Design" sieht.
In einer ersten Diskussionsrunde wurden im Juli 2011 Fragen des Museums erörtert. Mitglieder der Runde und deren Statements zum Deutschen Design Museum sind auf einer Internetseite zu finden, die die Plattform des weiteren Diskurses sein soll. Hans-Peter Jochum wird dort zum Beispiel zitiert: "Viele Museen für Design sind wie Gräber. Aber Design ist etwas Lebendiges." Damit ist ein wesentlicher Punkt berührt, den zu klären die Aufgabe des Diskurses sein wird.
Es heißt, vor allem das Design der letzten 25 Jahre hätte in der bestehenden Museumslandschaft keine ausreichende Reflexion erfahren. Nun ist es aber auch so, dass eine gewisse Distanz wichtig ist, bevor etwas im Museum archiviert wird. Und dort auch einen neuen und anderen Wert bekommt, ebenso wie das Museum sich durch das verändert, was in ihm aufbewahrt wird. Wie auch immer diese Veränderung charakterisiert werden kann: Im Museum ist der darin gezeigte Gegenstand ein anderer als der, der er vorher war; er wird also geschichtlich. Kunst mag das anstreben wollen, aber sollte es auch das Design? Warum nicht ein Haus des Deutschen Designs, eines, das Kontroversen und Präsentationen, Sammlung und Kritik gleichermaßen einschlösse? Warum nicht ein Netz aus mehreren Häusern, "Plattformen", an verschiedenen Orten? Ein Museum, so hieß es auf der Pressekonferenz, stehe für eine anerkannte Institution, fundierte Forschung und Entschleunigung. Man wolle darin auch Protestbewegungen und ihre Symbole aufnehmen, will also den Designbegriff weit fassen, was auch heißen muss, immer wieder zu fragen, worauf ihn anzuwenden überhaupt sinnvoll ist. Das sollte man dann auch mit dem Begriff des Museums tun. Wie auch immer: Die Diskussion darüber, was dieses Haus oder Museum oder diese Plattform des Deutschen Designs sein soll, ist ja erst eröffnet – und der Rat für Formgebung fordert explizit auf, sich daran zu beteiligen, lässt aber leider auf der Internetseite die Frage, wie man das tun kann, unbeantwortet. In einer Diskussion aller Interessierten sollten Meinungen und Empfehlungen zu einem idealen Designmuseum eingeholt werden, eine Stiftung wurde gegründet, die bestehende Initiativen und Häuser unterstützen soll. Diskussionsbedarf besteht, allein schon um zu klären, was das Deutsche im Deutschen Design Museum macht. Wir hoffen auf einen spannenden Diskurs, einen, der nicht in ein widerspruchsfreies Ergebnis mündet. Und was auch immer am Ende entsteht: Hauptsache, es ist kein Grab. ch

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