Gut, aber nicht gut genug

Claudia Hildner
30. März 2011
Der Siegerentwurf von León Wohlhage Wernik: Zukunftsweisende Architektur oder Referenz an den sozialen Wohnungsbau? 

Wer das Münchner Tollwoodgelände und seine Umgebung kennt, weiß, dass dieses Gebiet schon lange eine Aufwertung nötig hat. Der nahegelegene Olympiapark lässt sich auf dieser "Rückseite" kaum spüren. Mit der Bewerbung für die olympischen Winterspiele 2018 wurde nun ein Anlass gefunden, die Flächen neu zu ordnen und besser mit dem Park zu verflechten: Das olympische Dorf und das Mediendorf sollen dort, in unmittelbarer Nähe zu den Olympiabauten von 1972, entstehen. Die Ergebnisse des Wettbewerbs "Planen für München 2018" lassen sich noch bis zum 29. April im Stadtplanungsamt, dem Plantreff und der Lokalen Baubehörde der Stadt München besichtigen. Mit dem ersten Preis ausgezeichnet und zur Weiterbearbeitung empfohlen wurde der Entwurf des Büros León Wohlhage Wernik in Zusammenarbeit mit ST raum a. Landschaftsarchitekten, Berlin. Die städtebaulich gründlich durchdachte Arbeit verbindet die neuen Bauten raffiniert mit dem Olympiapark. Eine gute und machbare Lösung, die den Anforderungen der Auslober in den meisten Punkten gerecht wird.
Dennoch ist so mancher Fan der Olympiaarchitektur von 1972 enttäuscht: Das geplante olympische Dorf wird von kleinen Kaffeekränzchen sieben- bis vierzehngeschossiger Türmchen mit elliptischer Grundrissform geprägt, die viel eher an sozialen Wohnungsbau als an zukunftsweisende Architektur denken lassen.
Eine falsche Entscheidung kann man der – mit einunddreißig Preisrichtern recht üppig besetzten – Jury nicht nachsagen. Bemängeln lässt sich allenfalls die schwache Konkurrenz. Wieso fehlte es an wirklich innovativen Projekten? Vielleicht lag es daran, dass die Auslober von den teilnehmenden Büros sehr viel forderten, das Preisgeld diesen Aufwand allerdings nicht unbedingt lohnte? Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass sich die Büros nur aufgrund der fehlenden finanziellen Motivation kaum für die Aufgabe begeisterten. Stärker ins Gewicht fallen dürften die vielen Randbedingungen der Auslobung: Etwa die rigiden Vorgaben zur Nutzung, die hohe Anzahl der Bäume, die als erhaltenswert eingestuft waren, der Wunsch nach einer sowohl wirtschaftlichen als auch energieeffizienten Bauweise oder die Forderung, das postolympische Szenario mit auszuarbeiten. Diese grundsätzlichen städtebaulichen Vorgaben sind nachzuvollziehen, und auch an dem von Mahl Gebhard Konzepte und Sauerbruch Hutton ausgearbeiteten Rahmenplan gibt es nichts zu rütteln. Die Frage ist allerdings, ob wirklich innovative Ideen ohne die Freiheit, das Szenario selbst zu interpretieren, überhaupt wachsen können. In fast allen Entwürfen lassen sich Ansätze entdecken, aus denen etwas Größeres hätte entstehen können. Eine Position dazu, wie mit dem wachsenden Widerstand der Bevölkerung gegen Mega-Projekte umgegangen werden sollte, wie sich das Konzept der Wiederverwertung des Olympiageländes auch auf die Wohnfrage übertragen hätte lassen oder wie nicht nur einige ausgewählte Branchen, sondern alle Bewohner der Stadt von den olympischen Spielen hätten profitieren können, nimmt jedoch keine der gezeigten Arbeiten ein. Claudia Hildner

Unter den fünf Preisträgern findet sich ein mäanderndes olympisches Dorf (Bogevischs Büro, 3. Preis)
Andere setzten auf Insellösungen (etwa Kazunari Sakamoto mit der wiederverwerteten Werkbundsiedlung, 4. Preis)

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