Detmerode und Olympia 1972

Ursula Baus
20. Juni 2012
Filmemacher in Detmerode: Die ARD zeigt die Dokumentation am 22. Juli 2012 um 21.45 Uhr. (Pressebild) 
 

Willy Brandt regierte als Bundeskanzler, Hans Jochen Vogel bestimmte als Oberbürgermeister in München die Politik. 1972 wurde die Olympiade in München ausgetragen, weswegen die Stadt eine exzellente Infrastruktur, einen großartigen Park mit – unter anderem – einem bis heute faszinierenden Zeltdach über dem Leichtathletikstadion hatte bauen lassen. Frei Otto, Günther Behnisch mit Fritz Auer und Carlo Weber, Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann (damals im Büro Leonhardt und Andrä) – alle am Bau Beteiligten wagten damals viel und gewannen alles. Es sollten heitere Spiele werden, mit denen sich Deutschland nach dem Weltkrieg weltweit als friedliches, offenes, demokratisches Land präsentieren wollte. Und so war es: Wer damals dabei war, erlebte unbeschwerte, begeisternde Tage. Bis zu jenem Tag, an dem ein Terroranschlag im Olympischen Dorf dem ein Ende setzte, als israelische Sportler als Geiseln genommen wurden.
An einem Sonntag im Juli (22.7.) zeigt die ARD eine Dokumentation des Dramas, das sich vor vierzig Jahren vor den Augen einer weltweiten Medienöffentlichkeit ereignete. Um nun die Szenen, die sich seinerzeit in München und Fürstenfeldbruck abspielten, vor möglichst authentischer Architektur nachzustellen, wurde die Filmgesellschaft in Wolfsburg fündig: Im Stadtteil Detmerode hat sich das 1961 bis 1969 gebaute "Stufenhochhaus" erhalten, das die Charakteristik der Zeit bestens widerspiegelt.
In solchen Situationen leuchtet der Identifikationswert von Architektur auf, der sich dem geschmäcklerischen Urteil genauso wie vermeintlichen technischen oder ökonomischen Sachzwängen entzieht. Es ist eine Binsenweisheit, dass Bausubstanz deswegen gepflegt und kontinuierlich vor Folgen des Wertewandels geschützt werden muss. Die Stadt der Nachkriegsmoderne gibt es inzwischen so ikonenhaft wie die mittelalterliche oder barocke Stadt, wie die Stadt der Renaissance oder des 19. Jahrhunderts. Mit der systematischen Degradierung unserer Denkmalbehörden schwindet allerdings die Kompetenz und Macht derer, die in diesen Veränderungen Spreu vom Weizen zu trennen wissen.
Unter dem Titel "Demokratisches Grün. 40 Jahre Olympiapark München" lädt die TU München am 26. und 27. Oktober zu einem Symposium ein, Informationen dazu finden Sie hier.

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