Blick in den Blätterwald

Ursula Baus
9. Mai 2012
Maiausgaben deutscher Fachblätter

Von einem Baumschnitt im Blätterwald – neudeutsch "Relaunch" genannt – kann dieses Mal nicht berichtet werden. Technisch, kryptisch, pathetisch und lokalcoloriert in ihren Themen, liegen die Monatszeitschriften im Mai ohne große Überraschungen auf dem Tisch. Die DBZ illustriert ihr Thema "Trockenbau" etwas banal mit Tüchern an der Trockenleine – und sie folgt einem Trend: Allüberall hält das Interview Einzug. Autoren überlegen nicht mehr, was es mit den Häusern auf sich hat und mit welchen Worten man darüber und mehr schreiben könnte, sondern halten den Architekten einfach ein Mikrofon hin. So erklärt ein etwas zerzaust abgebildeter Max Dudler sein schönes Um- und Anbauprojekt am Heidelberger Schloss gleich selber, gibt dann noch sein Desinteresse an China und seine Vorliebe für Berlin zu Protokoll. Zerzaust, aber heiterer schaut da schon Odile Decq, die zum Umbau des Restaurants Phantom in der Pariser Opéra Garnier befragt wird. "DBZ: Gibt es für diese Implantation in die Oper eine definierte Lebensdauer? Decq: Ja, zwanzig Jahre. Danach verschwindet alles oder es kann auch bleiben. (…) DBZ: Welche Funktionen verstecken sich in der Mezzaninskulptur? Decq: Die Heizung, also die Rohre für den Heizsteg." Will man dergleichen lesen?
Die db war in der Französischen Schweiz und hat dort vor allem große und sehr unterschiedliche Projekte aufgespürt: z. B. den schneeweißen Logistikkomplex des IKRK in Satigny, ein Studentenwohnheim mit Ziegelfassade in Genf, bunte Balkone bei Mietwohnungen in Monthey, Metallisches am Schulhaus in Apples/ Waadt, ebenda auch ein Degustationshaus aus Beton.
Der Baumeister berichtet von "Missverständnissen" und meint damit die "verhängnisvolle Affäre" zwischen den Architekten Sauerbruch Hutton und dem Bauherrn ADAC in München. Ein Anwalt verlautbart Allgemeines zu vorzeitig beendeten Architektenverträgen, wobei der Bezug zum Fall ADAC überhaupt nicht angesprochen wird. Karl Habermann wurde als architekturkundiger Autor vor Ort geschickt – muss aber zugeben, dass über die Malaise zwischen Sauerbruch Hutton und dem ADAC wegen eines schwebenden Verfahrens nichts weiter zu erfahren ist. Auch im Baumeister wird natürlich viel interviewt: z. B. Ole Scheeren, der in China Bescheid weiß und seine eigene Architektur erklärt, was aber kaum hinterfragt wird. Oder Roman Delugan, der das Amsterdamer Filminstitut "Eye" gebaut hat. "Baumeister: Herr Delugan, inwiefern wurde Ihr Gebäude vom Kino inspiriert? Roman Delugan: Film besteht aus der Bündelung und Steuerung von Licht, erzeugt Projektion als Illusion. Auch Räume werden durch Licht definiert, werden dadurch erkennbar, womit der Zusammenhang von Film zur Architektur hergestellt ist". Ach ja, das kommt davon, wenn man Architekten nach ihrer "Inspiration" fragt ...
arch+ schließlich greift ein Thema auf, das für die Veränderung unserer gebauten Umwelt immer wichtiger wird: "Service Architekturen" nennen die Kollegen dies, gemeint sind Logistik-Gebäude, Infrastrukturbauten, Lagerhallen und vieles mehr; die Logistik-Branche ist inzwischen die zweitgrößte Wirtschaftsbranche nach der Automobilindustrie. Man freut sich bei arch+ auch immer wieder darüber, dass historische Entwicklungen aufskizziert werden.
Also: In allen Zeitschriften steht natürlich noch viel, viel mehr, worüber hier nicht berichtet werden kann. Um die Not der Printmedien zu lindern, dürfen wir uneigennützig dazu auffordern, das eine oder andere Blatt oder am besten zum Vergleich gleich mehrere zu abonnieren. Oder wenigstens gelegentlich eine Einzelausgabe zu kaufen. Es lohnt sich.

Zerzauste Gesprächspartner der DBZ: Max Dudler und Odile Decq. 

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