Aus zwei Blickrichtungen

Simone Hübener
31. Oktober 2012
Bild: Peter Bialobrzeski, Neontigers 3, 2010 

China ist ein Land, das abschreckt und fasziniert zugleich, sei es wegen der absoluten Ellenbogenmentalität in der Gesellschaft, wegen des Tempos, in dem neue Städte aus dem Boden gestampft werden und bestehende wachsen oder selbstverständlich auch wegen des politischen Regimes. Vieles davon manifestiert sich auch in allem Gebauten, wie Wohngebäuden und Infrastruktur, und eignet sich deshalb bestens für künstlerische Architekturfotografie.
Einige aktuelle Positionen europäischer, meist deutscher, und chinesischer, bekannter und unbekannter Fotografen vereint die aktuelle, eindrucksvolle Ausstellung des Museums für Angewandte Kunst Köln. Alle Bilder, die der Kurator Norbert Moss ausgewählt hat, wurden in China aufgenommen und sind nicht eigens für diese Ausstellung entstanden.
Während viele der Bilder der europäischen Fotografen perfekt komponiert sind, wirken die ihrer chinesischen Kollegen teilweise sehr spontan, deshalb jedoch nicht weniger professionell. Auch die Wahl der Perspektive – bei den Europäern meist zentral – unterscheidet die Aufnahmen. Die meist kritische Botschaft, die mal offensichtlicher, mal versteckter in den Bildern zu entdecken ist, zieht sich dagegen wir ein roter Faden durch alle Arbeiten.
Besonders eindrucksvoll sind die Bilder von Michael Wolf, der zum einen die Fassaden der riesigen Wohnhochhäuser wie Muster darstellt, zum anderen den Blick in die Wohnungen zeigt. 100 dieser Innenaufnahmen sind dicht an dicht gefügt in der Ausstellung zu sehen. Diese Fülle überwältigt.
Bis ins Detail perfekt komponiert sind dagegen die Objekte von Jiang Pengyi, der in den Resten zerfallener Häuser Miniaturlandschaften entstehen lässt und damit äußerst deutlich Themen wie Umweltverschmutzung aufgreift und die Zustände anprangert.
Bei Peter Bialobrzeski stechen die grellen Farben ins Auge, die durch die lange Belichtungszeit der Nachtaufnahmen und den Smog in den Städten entstehen.
So gut die Ausstellung im Original auch sein mag, für die Transformation in einen Katalog eignet sie sich nicht. Denn viele der Bilder bedürfen eines großen Formats, um ihre Botschaft zu vermitteln, um beim Betrachter den gewünschten Eindruck zu erzeugen oder dafür, dass er die relevanten Details überhaupt erkennen kann, wie bei Jiang Pengyi. Deshalb sei allen Interessierten empfohlen, sich die Ausstellung unbedingt vor Ort anzuschauen. Die Gelegenheit dazu gibt es noch bis zum 25. November (Di-So 11-17h, 1. Do im Monat 11-22h, 1. So im Monat 10-17h) oder im Rahmen der Langen Nacht der Kölner Museen am 3. November (19-3h).

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