Allgemeines, Nützliches, Kompliziertes

Christian Holl
15. Dezember 2010

Es scheint, als hätten solche Bücher wieder Konjunktur: Solche mit Checklisten und Kritierienkatalogen, Anleitungen und Berechnungsmethoden. Die einem Architekten und Stadtplaner, wenn sie ihm auch nicht den guten Entwurf garantieren, dann doch versprechen: Mit diesem Buch vergisst du nichts Wesentliches, fällt dir das Entwerfen leichter. Diese Versprechung wird aber nicht immer eingelöst.
Von Meta Berhauser Pont und Per Haupt erschien die (angeblich lang erwartete) Publikation Spacematrix, in der die Autoren den Zusammenhang zwischen Raum, Dichte und Form auf städtebaulicher Ebene untersuchen. Zu finden ist eine fundierter Grundlagenteil und eine umfangreiche Sammlung städtebaulicher Muster, erfasst in Dichtewerten, die um neu entwickelte Größen wie "Spaciousness" (das Verhältnis der unbebauten Fläche zur GFZ) und einer Netzwerkdichte erweitert wurden. Die Qualität städtischer Dichte wird quantitativ erfasst – und soll als Spacematrix ein neues Instrument für Stadtplaner und Architekten anbieten. So weit, so gut. Mir hat sich allerdings nicht erschlossen, welchen Gewinn die hier angebotene, neue und komplizierte Berechnungsmehtode gegenüber den etablierten, einfacheren hat – zumal sie zu Schlüssen darüber kommt, wie Flächen bebaut werden sollten, auf die man auch mit herkömmlichem Stadtplaner- und Architektenwissen gekommen wäre.
Bei Peter Lorenz geht es hingegen um das architektonische Entwerfen. In diesem Buch wird methodisches Basiswissen nachvollziehbar aufgebaut, es dürfte vor allem für Studenten und Berufsanfänger eine Hilfe sein, die Übersicht nicht zu verlieren. Das Buch ist dort am stärksten, wo es konkrete Handlungsanweisungen gibt – in Grundlagen zu Gebäudetypen, den Empfehlungen von Vorgehensweisen, den Ratschlägen, welche Entscheidungen in welchem Arbeitsschritt gefällt werden sollen. Sobald es aber in allgemeine Erläuterungen geht, wird es mitunter banal und nichtssagend – dass einen guten Entwerfer ein "klarer Kopf und Intelligenz", "analytisches Denken, Abstraktionsvermögen sowie die Fähigkeit zur Problemlösung" auszeichnet, hätte man uns nicht erst noch zu sagen brauchen.
Das Handbuch und Planungshilfe Wohnungsbau bewegt sich schließlich hauptsächlich auf dem Niveau von Allgemeinplätzen. Hier wird Wissen zum Wohnungsbau, aus dem Städtebau und der Wohnforschung auf maximal mittlerem Niveau zusammengetragen. Das Deutsch ist mitunter fürchterlich ("Lebenswelten brauchen eine Seele, eine Identifikation"), die Beispiele werden von denen des Autors dominiert. Pauschalisierungen wie die des Mieters, der angeblich seine Wohnung "eher als kurzfristige Durchgangsstation" betrachtet, sind ärgerlich. Und am Ende gibt es "Checklisten zum Abhaken": Dort kann man auch "Risiken für die lokale Umwelt" abhaken. Au Backe. Mit etwas gutem Willen kann man dieses Buch als eine auch an Immobilien- und Projektentwickler gerichtete Empfehlung verstehen, bei der Arbeit nicht nur aufs Geld zu schauen, sondern auch weiche Faktoren und eine langfristige Perspektive im Blick zu haben. Ein "Plädoyer für eine neue Baukultur", das der Klappentext vollmundig ankündigt, stelle ich mir dann aber doch anders vor. ch

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