Abrissdramen

Ursula Baus
16. Februar 2011
Die Nancyhalle in Karlsruhe (Bild: Archiv) 

Allüberall hört und liest man davon, dass sich Menschen für die Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts engagieren – und durchaus mit Erfolg, wie in Hannover. Eine baukulturelle Katastrophe ereignete sich dagegen in Rheinfelden, wo alle Proteste die verantwortlichen politischen Instanzen nicht davon abhielten, ein einzigartiges Industriedenkmal von Weltrang – das Wasserkraftwerk von 1894-98 – abreißen zu lassen. Wieder einmal ist die Ignoranz der Politik unfassbar – wer soll da nicht in Rage geraten?
Weitere Bauten sind bedroht: Die Nancyhalle in Karlsruhe, erbaut von Erich Schelling, der mit Ulrich Finsterwalder auch die daneben stehende Schwarzwaldhalle gebaut hat, ist dringend sanierungsbedürftig, und weil es opportun ist, spricht man gleich wieder von Abriss. Nun wäre es aber zum Beispiel eine herausragende, beispielhaft zu lösende Aufgabe, diesen typischen Bau aus den 1960er Jahren sorgfältig zu sanieren. Am besten wäre eine Architekteninitiative, die in diesen Räumen dann auch endlich einen Ort schaffen könnte, an dem über Architektur und Stadtentwicklung informiert und diskutiert werden könnte.
Ungemach droht auch in Magdeburg. 1969 wurde neben der Stadthalle nach einem Projekt von Ulrich Müther eine Hyparschale gebaut, die als Ausstellungshalle diente. Seit 1997 ungenutzt, seit 1998 in die Landesdenkmalliste eingetragen, muss das Gebäude dringend saniert werden. Im Jahr 2000 beliefen sich prognostizierte Kosten dafür auf 3 Mio Euro. Und bislang fand sich kein Investor, der sich für den Erhalt der Schale engagieren würde. Um die Aufmerksamkeit auf den wahren Wert des Gebäude zu lenken, wird sich das 6. Hermann-Henselmann-Kolloquium am 22. Februar von 14 bis 20 Uhr mit der Magdeburger Hyparschale befassen. Programm und Anmeldung finden Sie hier.
Bleibt noch der Hinweis auf eine brisante Angelegenheit in Schweinfurt, wo das Städtische Krankenhaus aus dem Jahr 1930 abgerissen wird. Das Würzburger Verwaltungsgericht befand ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Gebäudes für rechtens, aber 55,64 Prozent der Abstimmenden votierten für den Abriss – das beschert ihnen jetzt einen "Gesundheitspark", der denn doch ein bisschen nach Kittchen aussieht. In einer Stellungsnahme zum Bürgerbegehren meinte der Architekt: "Bei der Entscheidung über den Erhalt des alten städtischen Krankenhauses entscheidet man nicht vorrangig über die architektonische oder geschichtliche Qualität des Gebäudes, sondern über den Erfolg des Gesundheitsparks insgesamt. Aus städtebaulichen, funktionalen und ökonomischen Gründen halte ich die Weiterführung des baulichen Konzepts, im Sinne einer qualitätvollen und wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung für dringend geboten." Was soll er als Architekt, der bauen will, auch anderes sagen? ub

Einladung zum 6. Hermann-Henselmann-Kolloquium am 22. Februar in der Stadthalle Magdeburg 
Ein stattlicher Bau (Bild: Altes Städtisches Krankhaus Schweinfurt) 
Der neue Gesundheitspark in Schweinfurt. (Bild: Stefan Ludes Architekten) 

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