Hambacher Schloss
Es lebe die Freiheit!
4. marzo 2009
Hoch über dem pfälzischen Edesheim erinnert man im Hambacher Schloss an eine frühe Sternstunde der Demokratiebewegungen.
Ende Mai 1832 stürmten zwanzig-, vielleicht dreißigtausend Freiheit liebende Menschen "hinauf, hinauf aufs Schloss!" – in der ersten großen Demokratiebewegung vor der Revolution 1848. Pfälzer, bis 1801 Mitglieder der Französischen Republik, lebten seit dem Wiener Kongress unter Bayerischer Herrschaft. Das konnte nicht gut gehen. Auch andernorts regte sich Widerstand gegen jegliche Unterdrückung. Pressefreiheit und politische Anerkennung der Frauen waren nur zwei von vielen Forderungen, mit denen man sich 1832 zum "Hambacher Fest" traf. Die Demokratie ließ sich nicht aufhalten, und so darf man dem Hambacher Schloss für die deutsche Geschichte wohl eine bemerkenswertere Bedeutung beimessen als den Schlachtfeldern im Teutoburger Walde.
Neue Treppen, neuer Aufzug.
Das Schloss wurde nach einer wechselvollen Geschichte – bis Anfang der fünfziger Jahre eine Ruine – Anfang der achtziger Jahre erstmals renoviert und 2002 in die Hände einer neuen Stiftung gegeben. Max Dudler baute das komplexe Ruinen-Bauwerk erneut um und wird es in den nächsten Jahren mit einem Neubau unterhalb der Burg erweitern.
Die Architekten räumten die Umbauspuren der achtziger Jahre mit guten Gründen beiseite und zogen eine dezente, gleichzeitig sehr konsequente, neue Schicht in die Altbausubstanz. Akkurat verarbeiteter Stein, Stahl und Glas harmonieren exquisit mit dem alten Gemäuer. Mit einem Aufzug sind die wichtigen Räume behindertengerecht erschlossen. Der große Veranstaltungssaal erhielt eine schwarze, mit Sternenlichtlein bestückte neue Decke und ein neues Holzparkett.
Sternenhimmel wie weiland über der Ruine: Eleganz statt rustikaler Burgenromantik im Veranstaltungssaal.
Ein kleines Restaurant auf der Saalebene ist mit einer homogenen Lichtdecke versehen und so eingerichtet, wie man es von Max Dudler kennt: mit schwarzen Möbeln, Variationen des Quadrates, nichts Dekorativem. Der knochentrockenen, geometrisch rigiden Architektur Dudlerscher Manier bekommt das Zusammenspiel mit einem Konglomerat aus alter Bausubstanz ausgesprochen gut. Und umgekehrt ist es genau so: Die nicht besonders schöne Ruine profitiert von der klaren Restaurationslinie. Damit ist die Messlatte für die atmosphärische Qualität das Neubaus allerdings sehr hoch gelegt.
Opulente Ausstellungsarchitektur auf der obersten Ebene.
Für das Ausstellungsdesign in der dritten Ebene kann Dudler wahrlich nichts. Eine andere Empörung, die nichts mit der Architektur, aber mit ihrer Wertschätzung dann doch zu tun hat, zum Schluss: Der Eintritt ins Schloss kostet pro Person 8 Euro. Hier wird Grundlagenwissen deutscher Demokratiegeschichte vermittelt, Staatsbürgerkunde geübt – der Zugang zum Hambacher Schloss muss unbedingt kostenlos sein!
Ursula Baus
EG
OG
Querschnitt
Lageplan mit Neubau
Hambacher Schloss
2008
Rheinland-Pfalz
Auftraggeber
Stiftung Hambacher Schloss
vertreten durch Landesbetrieb LBB
Max Dudler
Berlin
Projektleitung
Simone Boldrin
plan art GmbH
Planungsbüro für Hochbau
Kaiserlauten
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Schenck
Neustadt an der Weinstrasse
Haustechnik
IFG Ingenieurgesellschaft für Gebäudetechnik
Frankenthal
Ingenieurbüro Schenck
Neustadt an der Weinstrasse
Bauphysik + Akustik
ITA Ingenieurgesellschaft
für technische Akustik MBH
Beratende Ingenieure VBI
Wiesbaden
Aufzugplanung
Hundt&Partner
Ingenieurgesellschaft mbH
Köln
Bühnenplanung
Bühnenplanung Walter Kottke Ingenieure GmbH
Bayreuth
Außenanlagen
LOMA
architecture. landscape. urbanism
Kassel
Fotografie
Wilfried Dechau