Otto Bock Kompetenz Zentrum für Medizintechnik
Frischer Wind
4. December 2009
Zur "blauen Stunde" verstärkt sich die plastische Wirkung der Fassade.
In den letzten Jahren verwandelten sich der Leipziger Platz und viele andere Bereiche Berlins in eine zunehmend langweilige Steintapeten- und Rasterfassadenwüste – den Planern las Gottfried Knapp Ende letzter Woche in der Süddeutschen Zeitung kräftig die Leviten. In dieser Umgebung überrascht in der Ebertstraße, zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor, ein weißer Baukörper, an dem kaum ein rechter Winkel zu erkennen ist. Hier präsentiert die Otto Bock Stiftung Medizintechnik aus dem Bereich der Prothetik – salopp gesagt: höchst bewegliche Ersatzteile für den menschlichen Körper.
Die Gartenseite: Ungewohntes im neuen Berlin der Rasterfassaden.
Stadträumlich hielten sich die Architekten an die Spielregeln: Die Kubatur des Kompetenz-Zentrums folgt den Vorgaben in der Straßenflucht und den Traufhöhen, lediglich im formalen Ausdruck fällt das Haus dezidiert auf. Es weckt Neugier – und diese Neugier wird belohnt, denn das Gebäude ist öffentlich zugänglich. Die Otto Bock Stiftung stellt hier in Zusammenarbeit mit der Charité, der TU Berlin und anderen vor, wie Prothesen funktionieren und welche Hilfestellung sie behinderten Menschen leisten können. Die Exponate sind zum Anfassen und zum Gebrauch aufgestellt – und sofort begreift man, warum rechte Winkel im menschlichen Körper in all seiner Beweglichkeit und Geschmeidigkeit nichts verloren haben. Architektur und Einrichtung spielen nun mit organischen Formen, ohne dass es aufdringlich wirkt. Die weichen, weißen Bau- und Einrichtungsformen rufen einfach ins Gedächtnis, wie schön geschwungene Linien und Flächen sein können.
Die Eingangsebene mit ersten Exponaten und Blickbezügen in die oberen Etagen.
In den Obergeschossen befinden sich Seminarräume und Büros, im Dachgeschoss eine orthopädietechnische Praxis. Hinter der Otto Bock Stiftung steht das gleichnamige Unternehmen aus Duderstadt, das als Weltmarktführer in diesem Bereich tätig ist. Der Berliner Standort des Informationshauses ist gut gewählt: Hier schlendern viele Touristen vorbei, die bedenkenlos eintreten und über die Prothesen genauso wie über die Architektur ins Staunen geraten.
Ursula Baus
Die organischen Architektur- und Einrichtungsformen sind nicht spektakulär inszeniert, sondern gehören selbstverständlich zusammen.
Lageplan
EG
Otto Bock Kompetenz Zentrum
für Medizintechnik
2009
Ebertstraße 15a
10117 Berlin
Auftraggeber
Otto Bock Healthcare GmbH
Duderstadt
Architektur
Gnädinger Architekten
Berlin
Projektleiter
Christoph Claus
Bauleitung
Architekturbüro Wendt
Bernd Kemmerling
Berlin
Tragwerksplanung
BGS/Grontmij
Ingenieurgesellschaft
Dr. Hagen Schüler
Berlin
Haustechnik
TL Ing.-Büro Thomas Lenz
Thomas Lenz
Berlin
Lichtplanung
Schlotfeld Licht
Torsten Rullmann
Berlin
Landschaftsarchitektur
Gnädinger Landschaftsarchitekten
Singen/Hohentwiel
Kommunikation
ART+COM AG
Berlin
Bruttogeschossfläche
2289 qm
Fotografie
die photodesigner
Berlin