Sommer, Wein und Architektur

Carsten Sauerbrei
22. August 2016
Ein traditioneller Baukörper, reizvolle Materialvielfalt und präzise Details prägen die neue Vinothek (Bild: Stefan Meyer, Berlin)

Bei Wein und Architektur denkt man häufig noch an rustikale, holzvertäfelte Weinstuben. Doch so wie eine junge Winzergeneration in den letzten Jahren den Weinanbau und die Weinvermarktung modernisierte, so gibt es auch immer mehr gelungene Beispiele von neuen Vinotheken, Weingütern und Kellereien mit Gebäuden in zeitgenössischer Formensprache, die einen Besuch lohnen.

Ein besonders gelungenes Beispiel findet sich in Nordheim am Main, wo die Familie Büttner seit mehr als vier Generationen Weinbau betreibt. Stand früher der Weinanbau nach der Landwirtschaft nur an zweiter Stelle, ist er heute der Haupterwerb der Familie. Das eigene Grundstück reichte schon lange nicht mehr für den wachsenden Betrieb aus. Mit dem Erwerb des leerstehenden Nachbaranwesens bot sich daher die Chance, den Weinbaubetrieb zu erweitern und neu zu ordnen. Schlicht Lamprecht Architekten rissen dafür ein Bestandsgebäude ab, sodass heute ein kleiner Vorplatz zwischen Bestand und neuem Baukörper vermittelt. Der Neubau mit Vinothek im Erdgeschoss und Probierstube im Obergeschoss zitiert die Kubatur des abgerissenen Bestandsgebäudes und ist ebenfalls, dem Ortsbild entsprechend, giebelständig zur Straße ausgerichtet.

Die traditionelle und dennoch minimalistisch wirkende Kubatur des Baukörpers kontrastierten Schlicht Lamprecht Architekten durch eine zeitgenössische Formensprache mit großzügig verglastem Erdgeschoss, horizontalen Fenstern in der weitgehend geschlossenen Lärchenholzfassade im Obergeschoss und einer präzisen Detailierung. Auch im Inneren der Vinothek setzt sich der reizvolle Kontrast zwischen Handwerklichkeit und Präzision mit einer Wand aus Stampfbeton, der dynamisch geformten Verkostungstheke, geschliffenen Estrichböden und einer Lärchenholzdecke fort. Kein Wunder, dass dieses Projekt zu den 13 Finalisten des Architekturpreises Wein zählt, den der Deutsche Weinbauverband und die Architektenkammer Rheinland-Pfalz dieses Jahr zum vierten Mal auslobten und dessen Preisträger Ende November bekannt gegeben werden sollen.
 

Auch im Verkaufsraum steht Handwerklichkeit in spannungsvollem Kontrast mit zeitgenössischer Formensprache (Bild: Stefan Meyer, Berlin)

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