Was geht, wer kommt, und was geht nicht?

Christian Holl
6. 三月 2013
Wird uns weiterhin wenig Freude bereiten: Das bestgeplante Bahnprojekt aller Zeiten. Gemeint ist Stuttgart 21. (Bild: Christian Holl) 

Es ging wieder hoch her in den letzten Wochen. Während man sich in Hamburg nun angeblich endgültig darauf einigte, wer welchen Anteil daran leistet, dass die Elbphilharmonie nun tatsächlich zu Ende gebaut wird – die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich mit weiteren 195 Millionen Euro an der Finanzierung beteiligen – wird der Ton in Stuttgart immer hitziger. Nachdem die Bahn (wenig?) überraschend die Kosten für das Projekt Stuttgart 21 nach oben korrigiert hatte, die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg die je vereinbarte Beteiligung aber nicht erhöhen wollen, ist noch ungewiss, wer weitere Kosten übernimmt. Der Bund will zumindest ein Stück weit in die Bresche springen, aber damit ist die Finanzierungsfrage noch nicht gelöst. Es dürfte sich schon herumgesprochen haben: Gestern hat der Aufsichtsrat der Bahn beschlossen, weiterzubauen und einen Projektausschuss zu installieren, der für bessere Kontrolle sorgen und die Kosten überwachen soll – unter der Voraussetzung allerdings, dass die Bahn das Land und die Stadt auf die Beteiligung an den Mehrkosten verklagt, so berichtete es der Spiegel. Auch Bundesminister Ramsauer meint, man müsse "die Beteiligung der Projektpartner notfalls einklagen". Zuvor hatten einige Aufsichtsräte – wieder laut Spiegel – mit der "Warnung", komme Stuttgart 21 nicht, werde auch zehn bis 15 Jahre am Hauptbahnhof überhaupt nicht gebaut, nun, sagen wir einmal, überrascht. Eine alles in allem unangemessene Umgangskultur, welche die Bahn als Bauherrin, die die Kosten offensichtlich nicht so im Griff hat, wie sie es behauptet, hier an den Tag legt. Ganz sieht es danach aus, als müsste erneut eine Schlichtung dafür sorgen, dass die Fronten geklärt werden und nicht weiterhin auf dem Rücken des Bahnnutzers und Steuerzahlers dieses Possenspiel munter weitergetrieben wird.

Auch anderswo regt und äußert sich Unmut. Etwa in Berlin, dieses Mal nicht wegen des Flughafens, auch nicht wegen der vielen anderen Planungspannen, die, folgt man Jens Bisky ("Skandal und Reichtum", SZ vom 2. März, leider nicht online) fast schon routiniert herbeigeführt werden. Dieses Mal wehren sich die Menschen gegen den Abriss der East Side Gallery, die angeblich Luxuswohnungen weichen soll. Stimmt nicht, sagt die taz, Juliane Leopold hält in der Zeit dagegen. Zuvor hatte man sich darüber Gedanken gemacht, wie man der Attraktivität der Hauptstadt gerecht werden kann – vorgeschlagen wurden Hochhäuser am Landwehrkanal. Doch scheinbar haben die Berliner ihre sprichwörtliche Schnauze langsam voll. Sie wollen kein Schloss, keine Tempelhofbebauung, und auch das ICC soll weg. Sieht ein bisschen so aus, als wollten sie einfach mal in Ruhe gelassen werden. So einfach kann man es sich als Hauptstadt leider nicht machen.

Könnte viel zu tun haben, aber wird er es auch dürfen? Reiner Nagel ist der neue Mann an der Spitze der Bundesstiftung Baukultur. (Bild: Bundesstiftung Baukultur) 

Dies alles vor Augen möchte man den neuen Vorsitzenden der Bundesstiftung Baukultur, Reiner Nagel, nicht um sein Amt beneiden. In Berlin und in Hamburg hatte Nagel, seit 2005 Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, sich durch leises, umsichtiges und wirkungsvolles Handeln einen Namen gemacht. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher soll seinen Wechsel bedauert haben. Die Hoffnung, Nagel könne nun in der Bundesstiftung Baukultur auch die so dringend nötige Verfahrens- und Diskussionskultur in Deutschland voranbringen, eine Kultur, die die Grundlage dafür bildet, dass die Leistung von Architekten und Ingenieuren zu Geltung und Würdigung kommt anstatt dass Architektur am Ende der Sack ist, der geschlagen wird, obwohl man den Esel meint, wäre also nicht unbegründet, stünde die Stiftung nicht in zu großer politischer Abhängigkeit. Stärker als bisher sollten neben der Transparenz und Beteiligungskultur in der Planung auch die gestalterischen Fragen des Großprojektes Energiewende auf eine Weise in den Mittelpunkt gerückt werden, dass technische Notwendigkeit, gesellschaftliche Akzeptanz und gestalterische Kompetenz sich ergänzen und befruchten, wenn man hier mal einen Wunsch äußern darf. Am 1. Mai tritt Nagel sein neues Amt an.

Vielleicht wäre es aber auch schon ein Erfolg, wenn die Wettbewerbskultur im Lande wieder mehr Anhänger fände. Dies ist sicher das Ziel der neuen Richtlinien für Planungswettbewerbe, der RPW 2013, die Anfang März in Kraft getreten ist. Darin werden der Träger des 1. Preises in Wettbewerben gestärkt, offene Wettbewerb gepriesen und junge und kleine Büros sollen leichter beteiligt werden können. Es gibt aber noch zu tun: Der inzwischen schmerzlich vermisste Sonderpreis ist noch nicht wieder eingeführt; er könnte helfen, sinnvolle Lösungen zu finden, auch wenn die Auslobung sie nicht vorgesehen hatte. Und das Honorar? Statt einer Wettbewerbssumme, die dem "Honorar, das üblicherweise für die geforderte Wettbewerbsleistung nach der jeweils geltenden Honorarordnung vergütet wird", entspricht (RPW 2008), soll die Wettbewerbssumme nun mindestens dem Honorar der Vorplanung entsprechen. Lassen wir uns überraschen, welche Wirkungen die neue RPW haben wird. Wer's genau wissen will: Vollständig sind die neuen RPW beim Ministerium herunterzuladen.

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