Soldan Forum in Frankenberg

Ian Shaw Architekten BDA RIBA
1. Mai 2024
Flügelhalle und Bar (Foto: Moritz Bernoully)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Frankenberg ist eine nordhessische Kleinstadt mit historischem Stadtkern. Sie liegt in der Nähe von Marburg. Unweit der Altstadt liegt die Ederberglandhalle (jetzt Philipp Soldan Forum) aus den 1980er-Jahren. Sie dient als Veranstaltungs- und Tagungszentrum für die gesamte Region. Der Backsteinbau hat einen L-förmigen Grundriss mit Pultdach.

Das Gebäude war gut bekannt und wurde regelmäßig genutzt, aber es war abgenutzt und unübersichtlich und musste renoviert werden. Unser primäres Ziel war eine ruhige und warme Atmosphäre schaffen, die das Potenzial des bestehenden Gebäudes voll ausschöpft. Dabei sollte das Gebäude subtil verändert werden, ohne die bestehende Struktur zu vernachlässigen.

Hauptsaal (Foto: Moritz Bernoully)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Respekt vor dem bestehenden Gebäude bei einer Neuordnung der Räume und der Akustik, um eine exzellente Akustik zu erzielen. Wir wollten die optisch verstreuten Räume vereinen und dem Gebäude eine atheistische Wärme verleihen.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Die Haupträume, also Foyer und Saal, waren dunkel und etwas unübersichtlich. Wir sahen unsere Aufgabe darin, Licht und Klarheit in die bestehende Struktur zu bringen und dem Publikum die Möglichkeit zu geben, die gesamten zehn Meter Höhe des Gebäudes zu erleben. Ursprünglich war das Gebäude durch große, freiliegende Lüftungsrohre optisch geteilt.

Außerdem verfügte das Gebäude über eine Galerie im ersten Stock, die nie genutzt wurde und nicht barrierefrei zugänglich war. Eine der ersten Entscheidungen war, diese zu entfernen und so den Raum in der Haupthalle freizugeben. Die bestehende Struktur bestand aus einem großen Foyer, das an einem Ende teilweise geschlossen war, und großen Sälen, die zu einem großen Auditorium mit 720 Sitzplätzen zusammengefügt werden konnten. Wenn alle Akustik-Schiebewände geöffnet waren, gab es kaum eine ästhetische Verbindung zwischen den Sälen. 

Die Herausforderung bestand deshalb darin, ein Design zu entwerfen, das für jeden Saal funktioniert und gleichzeitig ein einheitliches Erscheinungsbild schafft. Dies wurde erreicht, indem die neue Akustikdecke in den Seitensälen so auf den zentralen Saal ausgerichtet wurde, dass die beiden seitlichen »Flügel« der Decke eine durchgehende Form mit der zentralen »Schale« bilden.

Bühne mit mobilen Akustikelementen (Foto: Moritz Bernoully)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Das Projekt ist im Rahmen eines Wettbewerbs zustande gekommen. Nachdem wir uns für das Projekt beworben hatten, wurden vier Architekten eingeladen, Vorentwürfe einzureichen und wir erhielten den Auftrag.

Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Das Grundkonzept war die Erhaltung von so viel wie möglich des ursprünglichen Gebäudes. Gleichzeitig sollte so viel Tageslicht wie möglich in die Räume gelassen und künstliches Licht eingespart werden. Der Entwurf sollte sowohl akustisch als auch technisch dem bestmöglichen Standard entsprechen, der im Rahmen des Budgets möglich war. Die Technik sollte jedoch nur eine unterstützende Rolle spielen. Der Schwerpunkt lag auf der Schaffung einer »warmen« und einladenden Umgebung, in der sich das Publikum wohl fühlt.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Vor der Entwicklung des Designs wurde ein Workshop mit den potentiellen Nutzern, den lokalen Theatergruppen, dem technischen Berater des Theaters und dem Auftraggeber durchgeführt, um einen Konsens über die Formulierung des Programms zu erreichen, der während des gesamten Planungsprozesses beibehalten wurde. Das Design entwickelte sich entsprechend der ursprünglichen Parameter, unsere Designvorschläge wurden weitgehend akzeptiert.

Foyer, Flügelsäle und Hauptsäle in "offener" Position (Foto: Moritz Bernoully)
Tageslichtdurchflutung des Hauptsaals (Foto: Moritz Bernoully)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Ursprünglich sollte nur die Akustik der drei Säle verbessert werden. Das Projekt wurde dann erweitert und beinhaltete die Sanierung aller Oberflächen im Foyer, der Bühne, des gesamten Untergeschosses, der Technik- und Theaterbereiche sowie aller vorhandenen Fensterelemente. 

Inwiefern haben Sie im Projekt die Verwendung von Naturbaustoffen und zirkulären Baustoffen angestrebt?

Die Verwendung einer bewusst sorgfältig ausgewählten, begrenzten Palette »natürlicher« Materialien war Teil des ursprünglichen Entwurfsvorschlags und wurde in allen Entwurfsphasen konsequent umgesetzt. Ziel war nicht die Überfrachtung der bestehenden Struktur mit neuen Oberflächen, sondern die Belebung der vorhandenen Volumina. 

Die Nutzung des natürlichen Lichts zur Belebung der vorhandenen Räume und als Mittel zur Energieeinsparung war Teil des ursprünglichen Entwurfs und wurde bis zur Fertigstellung beibehalten. 

Eintrittsportal mit integrierter Beleuchtung (Foto: Moritz Bernoully)
Welche digitalen Instrumente haben Sie bei der Planung eingesetzt?

Ein vollständiges 3D-Modell des bestehenden Gebäudes und der zu renovierende Säle und Foyers wurde erstellt. Dieses Modell diente als Grundlage für akustische Tests und Messungen sowie für die Koordination von Beleuchtung, Heizung, Lüftung und Elektroinstallationen. 

Die schwebende Akustikdecke wurde in diesem 3D-Modell getestet und finalisiert, das als Grundlage für die Ausführungsplanung verwendet wurde. Wir haben dieses 3-D-Modell auch verwendet, um das von uns geplante Beleuchtungskonzept zu testen.

Berührungslose Waschbecken mit integrierter Beleuchtung (Foto: Moritz Bernoully) 
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?

Bei der Materialauswahl war es wichtig, robust zu sein, da es sich um ein öffentliches Gebäude handelt, und eine warme Atmosphäre auszustrahlen. Gleichzeitig sollte die Materialkombination als Hintergrund für die Aktivitäten in den Räumen dienen und nicht die verschiedenen sozialen Aktivitäten dominieren.

Stahltreppe mit integrierter Beleuchtung (Foto: Moritz Bernoully) 
Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?

Ja, natürlich, das ist ein Muss für alle Projekte. Die verwendeten Materialien wurden sorgfältig ausgewählt, um die Montage und einen eventuellen Rückbau zu erleichtern. Die Materialien wurden auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft, der Bodenbelag ist FSC-zertifiziertes Parkett, die Akustikdecke aus Holz hat ebenfalls ein FSC-Zertifikat. 

Der Fußboden besteht aus massiven Eichendielen, die mindestens sieben Mal abgeschliffen werden können – er hält daher einige Jahrzehnte. Die abgehängte Akustikdecke besteht aus Fichtenholz mit Wolldämmung, die vollständig demontiert und recycelt werden kann. 

Die vorhandenen 720 Thonet-Auditoriums Stühle waren 10 Jahre alt. Anstatt sie zu ersetzen, wurden sie mit einem strapazierfähigen Bezug aus Naturwolle in drei passenden Farben neu gepolstert. Gemeinsam mit Thonet wurde auch ein klappbarer Akustiktisch entwickelt, der nun in den Hallen eingesetzt wird.

Lageplan (Zeichnung: Shaw Architekten BDA RIBA)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Shaw Architekten BDA RIBA)
Längsschnitt (Zeichnung: Shaw Architekten BDA RIBA)
Querschnitt (Zeichnung: Shaw Architekten BDA RIBA)
Revitalisierung des Philipp Soldan Forum in Frankenberg
2023
Teichweg 3
35066 Frankenberg (Eder) 
 
Nutzung
Kongresszentrum, Theater, öffentliche Ausstellungen, gesellschaftliche Versammlungen
 
Bauherrschaft
Stadt Frankenberg, Zentrales Immobilienmanagement 
 
Architektur
Ian Shaw Architekten BDA RIBA, Frankfurt am Main
Projektleiter: Ian Shaw 
Mitarbeiter: Moritz Powik, Tizian Borzaga
 
Fachplaner
Statik: Ingenieurbüro Nolte GmbH, Frankenberg
HLS: Energieart GbR, Giesen
Elektronische Anlagen: Harald Hilbert, Burgwald 
Akustik: Vladimir Szynajowski, s-acoustics : Tschechische Republik
Brandschutz: IBS Rauschenberg
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Vackiner Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Gemünden-Wohra 
Putz Trockenbau Malerei Schreiner: Fa. FUS + Sohn, Kirchhain-Großseelheim
Akustik Decke: Becker Konzept + Plan GmbH, Paderborn
Fenster: Holzbau Becker & Sohn GmbH, Medebach 
Parkett: Fussbodenbau Rose GmbH, Hüttenberg-Rechtenbach
Putz, Trockenbau, Maleriei: Farben Reinhardt GmbH & Co. KG, Stadtallendorf 
Fliesen: Team Simon GmbH & Co. KG, Gießen
Metallbau: Ernst Stahl- und Treppenbau GmbH, Burgwald-Bottendorf
 
Bruttogeschossfläche
4.848,99 m²

Gebäudevolumen
15.130,08 m³
 
Gebäudekosten
10.500.000 €
 
Auszeichnung
Nominierung DAM Preis 2025

Fotos 
Moritz Bernoully

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