U-Bahnhof Kaulbachplatz
Galanter Abgang
7. März 2012
Die nach unten strebenden Konturen der Seitenteile leiten die Fahrgäste zu den Bahnsteigen.
Die wunderschönen Fassaden der Jugendstilhäuser prägen die Nürnberger Schweppermannstraße im Bereich des Kaulbachplatzes, der nach dem Münchener Historienmaler und Akademiedirektor Wilhelm von Kaulbach (1805-1874) benannt ist. Die beiden Weltkriege haben nur an wenigen Stellen ihre Spuren hinterlassen, und vom Dämmwahn sind die Besitzer glücklicherweise auch noch nicht befallen. An dieser dicht bebauten, relativ engen Straße entstand in fast viereinhalb Jahren eine neue U-Bahnstation mit zwei Ausgängen für Treppen und Rolltreppen und einem dritten für einen Aufzug. Die drei Baukörper wirken durch ihre runde Form und die Materialien eigenständig.Der anthrazit durchgefärbte Sichtbeton hebt sich von den Farben der Fassaden ab. Die Glasdächer und die ellipsoiden Öffnungen ermöglichen entlang der Straßenlängsachse und in Querrichtung verschiedene Blickbeziehungen.
Dank des Glasdachs sind die Ein- und Ausgänge hell und freundlich.
Die dunklen Betonscheiben begleiten die Fahrgäste hinab zur Bahnsteigebene und flankieren die (Roll-) Treppen. Leuchten, die unterhalb der Handläufe montiert worden sind, sorgen dafür, dass man sich an dieser Haltestelle gerne hinunter zur U-Bahn begibt. Allerdings sind sie – im Vergleich zu den Handläufen – etwas zu grob geraten.
Schick mutet die Mischung aus verschiedenen Grautönen im Bereich der Bahnsteige an.
Auf der Bahnsteigebene setzt sich das schlichte Konzept fort. Helle Farben, zwei Lichtbänder, in die alle elektrotechnischen Medien integriert sind, und Gemälde regional tätiger Maler, die als Struktumatrizen in den Sichtbeton gegossen wurden, verleihen dem U-Bahnhof eine hohe Qualität. Außerdem wirkt alles sehr aufgeräumt, störende Lautsprecher oder ähnliches sind nicht ausfindig zu machen.
Die Führungsschienen der Rolltore sind in den Sichtbeton eingelassen.
Die Konstruktion dieser Haltestelle brachte für alle Beteiligten allerdings ihre Schwierigkeiten mit sich. Die Auflager für die Dachkonstruktion sollten auf Wunsch der Architekten nicht aufgeschraubt, sondern gleich in den Beton eingelassen werden. Damit später die Glasschwerter durch seitliches Versetzen eingeführt werden konnten, schrumpfte die Betonüberdeckung an den Außenseiten auf acht Zentimeter. Gleichzeitig musste vergleichsweise viel Bewehrung vorgesehen werden, um Risse zu vermeiden. Die präzise Arbeit, die Form und die Materialien, schlichtweg der U-Bahnhof in seiner Gesamtheit überzeugen. Und so darf er für andere gerne als Vorbild dienen.
Simone Hübener
Lageplan
Längsschnitt
U-Bahnhof Kaulbachplatz
2011
90408 Nürnberg
Bauherr
Stadt Nürnberg
U-Bahnbauamt
Architekt
Haid +Partner
Nürnberg
Projektleiter
Gregor Seeweg
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Goetz + Neun
Nürnberg
Betonbau
Firmengruppe Max Bögl
Neumarkt
Metallbau
Löhner Metallbau e.K.
Naila
Konstruktiver Glasbau
Glas Trösch GmbH
Nördlingen
Bruttogeschossfläche
1.730 m²
Baukosten
ca. 3.000.000 Euro
Fotografie
Gerhard Hagen