Schwimmhalle Finckensteinallee
Anmutung bewahren
6. Mai 2015
Veauthier Meyer Architekten haben kürzlich die Sanierung der Schwimmhalle Finckensteinallee aus dem Jahr 1938 in Berlin Lichtterfelde fertiggestellt. Andreas Veauthier wählt drei Zeichnungen und drei Fotos und beantwortet unsere fünf Fragen.
Seit 2014 ist die Schwimmhalle Finckensteinallee für die breite Öffentlichkeit zugänglich
Katinka Corts: Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Andreas Veauthier: Wir konnten uns mit einer hervorragenden Architektur der 1930er-Jahre beschäftigen, welche zur Bauzeit bereits hochmodern war. Die Arbeit mit diesem riesigen Hallenraum stellte für uns natürlich eine besondere Aufgabe dar. Das Bad war bei seiner Eröffnung im Jahr 1938 schon das größte Hallenbad Europas – es ist schlichtweg ein Bau der Superlative, auch heute noch.
Einer der beiden Eingänge
Wie haben Sie sich dem historischen Bau bei der Sanierung genähert?
Die Hauptakzente der Maßnahmen lagen auf einer technischen und gestalterischen Weiterentwicklung der Funktionsbereiche (Zugänge, Umkleiden, Sanitärbereiche, etc.) und der denkmalgerechten Erhaltung wichtiger historischer Bauteile, der Wiedergewinnung wesentlicher baulicher Elemente und historischer Raumeindrücke. Die Anforderungen aus den Spannungspolen von Erhaltung, Wiedergewinnung und Weiterentwicklung mussten in ein angemessenes architektonisches und denkmalpflegerisches Gleichgewicht gebracht werden um eine überzeugende Sanierungsmaßnahme zu erreichen.
Nach der Sanierung 2014
Inwiefern haben die Bauherrschaft und die Auftraggeber den Entwurf beeinflusst?
Von Anfang an war klar, zu welchem Zweck dieses große Bad saniert werden sollte: Es ist ein Sportbad, sollte als solches auch wieder genutzt werden und letztendlich den Berliner Schwimmvereinen aber auch den Berliner Schulen zur Verfügung stehen. Für die Öffentlichkeit ist dieses Hallenbad auch geöffnet, sie stellt aber bei einem Sportbad nicht die wichtigste Zielgruppe dar. Insofern waren die Grundlagen des Projektes sehr früh festgelegt, was die Arbeit an dem Projekt natürlich vereinfacht hat.
Der neue Beckenkopf unter Verwendung der bauzeitlichen Formteile
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Die energetische Sanierung der Schwimmhalle stand im Mittelpunkt des Sanierungswunsches des Bauherren. Durch den enormen Hallenraum und das sehr tiefe Becken war der Energieverbrauch vor der Sanierung enorm. Durch den Einbau eines vollständig neuen Schwimmbeckens mit geringerer Höhe wurde das Wasservolumen drastisch reduziert. Ein weiterer, besonders wichtiger Punkt, war die energetische Ertüchtigung der Fassaden, hier insbesondere der großflächigen Fensteranlagen. Nicht umsonst wird dieses Projekt vom Berliner Senat als «Leuchtturmprojekt» der energetischen Sanierung bezeichnet und musste nach der Sanierung im Rahmen des Berliner Fördergrogramms «Umweltentlastungsprogramm UEP II» einige hohe Kriterien erfüllen. Das bauzeitliche Dachtragwerk aus Stahlbeton wurde saniert, allerdings konnte es keine Tageslichtdecke mehr tragen. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, die alte Lichtdecke in ihrer Anmutung wieder herzustellen.
Ein Relikt aus Alliierten Zeiten
Die neuen Sammelumkleiden
Welche speziellen Produkte oder Materialien kamen zum Einsatz?
Natürlich spielen bei einem Schwimmbad die unterschiedlichen keramischen Beläge eine wichtige Rolle, die im Becken, den Beckenumgängen, bei den Duschen und den Umkleiden verwendet werden. Hervorzuheben ist aber ein anderes Bauteil, nämlich die Hallendecke. Hier haben wir mit Holzwolle-Akustikplatten der Firma Hera eine kassettierte, neue Decke eingebracht, die der alten Gliederung folgt und farblich akzentuiert wurde. In der neuen Abhangdecke wurden verschiedene Aspekte gebündelt: Gestalterische und denkmalpflegerische Anforderungen, Akustik, Dämmung zum Dachraum, Chloridschutz zum Dachtragwerk sowie klimatische Tauglichkeit des Materials.
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Der Zustand 2008 vor der Sanierung
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Archiv «Bau der Woche»
Schwimmhalle Finckensteinallee
1938 Errichtung
2014 Sanierung
Finckensteinallee 73
12205 Berlin
Nutzung
Schwimmhalle für Vereinssport und Öffentlichkeit
Auftragsart
VOF-Verfahren
Bauherrschaft
BBB Infrastruktur GmbH & Co. KG
Architektur
Veauthier Architekten
Andreas Veauthier
Dr. Nils Meyer | Architekt
Projektleiter: Tobias Reckert
Mitarbeiter: Lena Eppinger, Dr. Claudia Zanlungo, Judith Knocke
Fachplaner
Statik: Rüdiger Jockwer GmbH, Berlin
Akustik, Bauphysik, EnEV: Müller BBM GmbH, Berlin; HLSE und Badewassertechnik: Ingenierubüro Willmann, Brandenburg/Havel
Bauleitung
big Ingenieure + Architekten, Berlin
Ausführende Firmen
Rohbau: Hoch- und Tiefbau Luckau
Betonsanierung: Massenberg, Moritzburg
Fensterelemente: Metallbau Rostock GmbH, Rostock
Naturstein Fassade: FX Rauch, NL Berlin
Naturstein innen: Steinunion, Berlin
Dachdecker: Marcel Zack Dachdeckei GmbH, Berlin
Fliesen, Estrich: Fliesenlegermeister Gerold Beck, Günstedt
Ausstattung Edelstahl: Fliesen Gerold Beck / Roigk
Abhangdecke, Trockenbau, Verglasung Duschen: Ruben Peter Ausbau, NL Berlin
Akustikbaffeln Umkleiden Trockenbau: Jäger Ausbau, Berlin
Trennwandsystem Umkleideschränke: Röhl GmbH Trennwandsysteme, Waldbüttelbrunn
Tresen, Wertfächer: Tischlerei Bosse, Cottbus
Türen: Jens Dunkel Glas- und Bauelemente GmbH
Hersteller
Dachabdichtung: Icopal
Fensterelemente, Außentüren: Schüco
Fliesen Beckenumgang Duschen, Umkleiden: "Pro Architectura" Villeroy & Boch Fliesen GmbH
Fliesen /Rinne Becken: "System Chroma" Agrob Buchtal GmbH
Verbundabdichtung: Schomburg GmbH
Wandputz Becken: Sopro
Edelstahleinbauteile: ROIGK GmbH & Co.
Akustikdecke Schwimmhalle: heradesign fine + superfine
Edelkratzputz Schwimmhalle: Weber Saint Gobain
HPL Umkleiden: Fundermax
Akustikbaffeln Umkleiden: Ecophon Deutschland
Türzargen Duschen: Küffner
OTS: Dorma
Energiestandard
EnEV 2009 minus 30 %
Gebäudevolumen
76.500 m³
Bruttogeschossfläche
13.600 m²
Kubikmeterpreis
137 Euro €/m³ netto KG 200-600
110 Euro €/m³ netto KG 300-400
Gebäudekosten
8.400.000 € netto KG 300-400
Gesamtkosten
10.500.000 € netto KG 200-600
Auszeichnung
3. Platz im Publikumspreis Heinze-Architekten-Award 2015
Anerkennung im db Wettbewerb "Respekt und Perspektive" Bauen im Bestand Preis 2014
Fotos
Tobias Reckert