Zeig mir Dein Licht

Thomas Geuder
22. 三月 2016
Die Messe Light+Buliding war ein Highlight in diesem Jahr, bei dem es viel zu entdecken gab. Im Bild: Messeauftrtitt von XAL. (Bild: Mathias Duerr)

Alle zwei Jahre wieder ist die Messe Light+Building in Frankfurt am Main ein wahres Fest für Licht- und Technik-Freaks. Hier findet sich, was das Ingenieur- und Elektro-Herz höher schlagen lässt. Das umso mehr, da wir uns in einer Phase des Umbruchs befinden. Denn die digitale Revolution, die die Gesellschaft bereits seit Jahren durchdringt, kommt nun auch im Gebäude an. Alle am Bau Beteiligten sind gefragt, sich weiter zu entwickeln und neu zu justieren. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die diesjährige Ausgabe der Light+Building, nicht zuletzt auch weil die Frankfurter Messegesellschaft ein Motto ausrief, das den Blick in jene Zukunft richtet, die dem Bauwesen blüht. «Where modern spaces come to life: digital – individuell – vernetzt» sollte zeigen, dass man ein Gebäude zukünftig anders nutzen wird. Mit einem gesunden Licht, das sich dem Tageslichtlichtverlauf anpasst (Human Centric Lighting), einer Gebäudeautomation, die sich den Bedürfnissen der Menschen automatisch anpasst (Smart Building), der Vernetzung innerhalb einer ganzen Stadt (Smart City), das alles (natürlich) in hochwertigem Design und energieeffizient. Oder schlicht: «modern spaces» eben. Wie das im Detail aussehen könnte, sollten die sechs Messetage zeigen.

iGuzzini entführte die Besucher in die runderneuerte «Light Experience». (Bild: Mathias Duerr)

So viel schon einmal vorweg: Wer die Messe besucht hat, konnte tatsächlich mit vielen guten und wichtigen Eindrücken wieder nach Hause fahren. Die Aussteller präsentierten neue Ideen vor allem in den Bereichen, die sie am besten beherrschen. Etwa beim Design: Italiener wie Artemide, iGuzzini, Viabizzuno, Reggiani, Flos oder Davide Groppi haben wie gewohnt ein wahres Feuerwerk an Form und Farbe präsentiert. iGuzzini wartete außerdem mit «Light Experience» auf, eine Art Dark Room, in dem staunenden Besuchern alle wichtigen Neuerungen als Show präsentiert wurden. Auch bei den zahlreichen anderen Herstellern Design-orientierter Leuchten in den Hallen 1 und 3 war einiges geboten. So haben wir bei Ingo Maurer und auch bei Ben Wirth erwartungsgemäß erfrischende Ideen gesehen, die die eigene Sicht auf das Thema Leuchten-Design einmal mehr subtil hinterfragen. Sattler überzeugte mit perfekt ausgeleuchteten und reduzierten Lichtringen, einen weiteren, gut durchdetaillierten Lichtring – jedoch mit Lücke – fanden wir bei Occhio. Auch bei den Großen wie Zumtobel, Osram (beide wie immer in der Festhalle) und Philips war die Schatzkiste gut gefüllt. In der Festhalle erstmals vertreten war der britische LED-Leuchtenhersteller acdc, der seit letztem Herbst zur Zumtobel Group gehört.

Drei dimmbare LEDs verstecken sich in der Tischleuchte «Lucy». (Bild: Mathias Duerr)

Der ein oder andere in der Formsprache eher technisch aufgestellte Hersteller leistete sich zur diesjährigen Light+Building einen unerwarteten Eyecatcher als Ausreißer, wie etwa Erco mit der Tischleuchte «Lucy» oder Delta Light mit der schicken Schirmchenleuchte «Butler», entworfen vom französischen Designer Erok Levy. Auffällig war auch, dass sich mancher in Sachen Design, Ingenieurskunst und Technologie mit der Autoindustrie zusammentat, beispielsweise Occhio mit Audi bei dem Leuchtenkonzept «Sintesi» oder Artemide mit Mercedes-Benz bei «Ameluna». BMW war bei Gira zu finden.

Eine elegante OLED-Lösung fanden wir bei Buschfeld. (Bild: Mathias Duerr)

Fast schon philosophisch wurde es bei den LED-Pionieren nimbus aus Stuttgart, die neben einer intelligenten Schwarmtechnologie, bei der die miteinander kommunizierenden Leuchten sich automatisch verändernden Raumsituationen vorausschauend anpassen, auch das «Licht zum Mitnehmen» zeigten. Ihr Leuchte «Roxxane Leggera CL» (das CL steht für cableless light) kehrt das eigene Verständnis von künstlichem Licht um, vom fest installierten Deckenlicht oder der einzelnen Stehleuchte zum mobilen Licht, wie in längst vergangenen Zeiten des Kerzenlichts. Womit wir bei einer unerwarteten Entdeckung wären: Buschfeld, bekannt für betont reduzierte Leuchten-Designs, zeigte für seine linienhaften Niedervolt-Schienen das Leuchten-System «o-light» des Designers Sebastian Herkner, bei dem sich die rechteckigen Module stufenlos im Kreis drehen und sogar abnehmen und an einem anderen Punkt wieder andocken lassen. Der Clou: Das Licht im Modul liefert eine OLED von LG (übrigens auch bei der Leuchtenfamilie Oviso von Ribag verbaut). In Sachen OLED war dies jedoch der einzige wirkliche Stern, den wir auf der Messe gesehen haben. Die meisten anderen Hersteller üben sich hier derzeit eher in Wartestellung – und wir hätten hier etwas mehr Forschergeist erwartet.
 

Licht ist nicht gleich Licht: Das wird umso deutlicher bei der neuesten LED-Generation von Soraa. (Bild: Mathias Duerr)

Eine der eher neuen Fragen, die die Planer an die Hersteller richten, ist die der Lichtqualität von LEDs. Zwar beschäftigten sich einige mit dem auch von der Messe als Top-Thema ausgerufenen «Human Centric Light», also der Veränderung der Lichtfarbe nach Tageslichtlichtverlauf, aber weder zu Farbwiedergabe und noch weniger zu Flackern konnten viele eine gute Auskunft geben. Licht ist eben doch nicht gleich Licht, und so zeigte unser Guide Michael Rohde (L-Plan Lighting Design) bei seinem Messerundgang, dass viele Leuchten für das Auge zwar unsichtbar, für das Messgerät aber merklich flackern. Das Flackern ist nicht nur eine Frage der Slow-Motion-Übertragung aus dem Fußballstadion, sondern auch der Wirkung auf die Gesundheit. Für dieses Thema wie auch für die verbesserte Farbwiedergabe hat uns Soraa aus Kalifornien (mitbegründet von Shuji Nakamura, der den Nobelpreis für die Entwicklung der blauen LED erhielt) einiges gelehrt. Ihre LED sind nicht nur «flickerfree», sondern haben einen zusätzlichen Violettanteil, der die Farbwiedergabe und somit die Lichtqualität enorm erhöht. Das war einzigartig auf der diesjährigen Light+Building!

Eine ganz praktische und formschöne Lösung ist uns übrigens bei JUNG aufgefallen: Das Unternehmen aus Schalksmühle ist bekannt etwa für seine eleganten Schalter LS 990, die es seit der Light + Building 2014 auch in original Le-Corbusier-Farben gibt. Diese Serie wurde nun konsequent weiterentwickelt zu «LS zero» als flächenbündige Variante. Möglich wird dies durch einen speziellen Aufsatz auf der Unterputzdose, der verputzt oder vergipst werden kann. Das ist: Reduktion konsequent zu Ende gedacht.

Ein Bild vom zukünftigen «Smart Building» könnten sich die Besucher in den Technikhallen machen. Im Bild: Digitalstrom. (Bild: Markus Bachmann)

Wichtiger Teil des Messemottos war auch die Vernetzung, also das «Smart Building». Hier kursieren nach wie vor einige Kommunikationstechnologien, sowohl in Hard- als auch in Software. Am häufigsten hört man KNX (beliebt bei den Technikern) oder ZigBee (eher bei den Leuchten-Herstellern), auch DALI. Nach wie vor jedoch kochen viele lieber zunächst ihr eigenes Süppchen, ohne wirklich «smart» zu sein. Dabei ist es noch nicht einmal die Frage, welcher Standard oder welche Technologie sich zukünftig durchsetzen wird. Wichtiger ist, dass die Schnittstellen offen sind und jeder mit jedem kann und darf. So haben wir immerhin zwei Vernetzer ausgemacht, die höchste Individualität versprechen: Das Start-up mozaiq (ein Joint Venture von ABB, Bosch und Cisco Systems) verspricht ein einfach zu bedienendes, Cloud-basiertes Software-System, das mit Endkunden-Hardware betrieben werden kann, hersteller- und systemübergreifend. Ähnliches bietet das Unternehmen Digitalstrom aus der Schweiz, das wir bereits seit der letzten Light+Building kennen und bei dem man neben der Software auch die Hardware erhält. Das Besondere hier: Die Kommunikation zwischen den Komponenten im Smarten Netz erfolgt über die bestehenden Stromleitungen, mit Zentrale im Sicherungskasten, eine zusätzliche Verkabelung ist nicht notwendig. Interessant ist das vor allem in der Bestandssanierung oder als kabelsparende Lösung im Neubau. So lassen sich die Teile im Smart Building beliebig und indivduell orchestrieren. Das ist – so finden wir – auch der einzige Weg, wie das Smart Buliding in Zukunft auch wirklich wahr werden kann.

6 Messetage, 16 spannende Guided Tours (tagsüber und abends) mit gut 700 glücklichen Teilnehmern aus 32 Ländern, dazu rund 50 gelaufene Kilometer pro Redaktionsmitglied – das ist die Bilanz unserer Light+Building 2016. Die Messe Frankfurt berichtet außerdem von 2.589 Ausstellern aus 55 Ländern auf einer Fläche von rund 248.500 Quadratmetern und rund 216.000 Fachbesucher. Wir freuen uns – erwartungsgemäß – auf 2018!

Das Start-up mozaiq zeigte, wie die Vernetzung im Gebäude ähnlich zu bedienen wie beim Smartphone gestaltbar ist. (Bild: Mathias Duerr)
«Light ist Colour» war nicht nur bei XAL ein Motto, sondern war als «Human Centric Light» auch bei vielen anderen Herstellern zu finden, … (Bild: Mathias Duerr)
… wie etwa bei Es-System. (Bild: Mathias Duerr)
Poetisch oder philosophisch, je nach Blickwinkel: das mobile Licht bei nimbus. (Bild: Mathias Duerr)
nimbus wartete auch in diesem Jahr wieder mit einem zweiten Stand auf, wo die Schwarmintelligenz von Licht gezeigt wurde, anhand eines aufwändigen Architekturmodells. (Bild: Mathias Duerr)
Bei Cooledge wurden wirklich große Lichtflächen gezeigt. (Bild: Mathias Duerr)
Unser Guide Birgit Walter (2.v.r.) hatte gleich einige Studenten im Rucksack, hier bei acdc. (Bild: Mathias Duerr)
Bekanntes und Nagelneues konnte wieder beim Leuchtenpoet Ingo Maurer bestaunt werden. (Bild: Mathias Duerr)
Vielseitig einsetzbar sind die LED-Linien von LED Linear. (Bild: Mathias Duerr)
Gänzlich ohne Licht und doch praktisch und formschön: die flächenbündigen Schalter von JUNG, auch als Unterputz-Variante. (Bild: Mathias Duerr)
Das World-Architects Messe-Team bedankt sich bei allen Teilnehmern der Guided Tours und Luminale Tours, den Guides und der Messe Frankfurt (v.l.n.r.): Mathias Duerr, Julia Heil, Thomas Geuder, Peter Petz, Martin Bosshart, Renato Turri und (nicht im Bild) Sabina Marreiros. (Bild: Mathias Duerr)

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