Grüner, alter Bunker

Manuel Pestalozzi
30. 八月 2021
Der Bunker und der anschließende Sockelbau wurden aufgestockt. (Foto: pressebox.de)

In historischen Fotografien erscheint der 1942 erstellte Hochbunker an der Kreuzung Heye-/Morperstraße als schlichtes, dafür umso mächtigeres rechteckiges Prisma aus Sichtbeton. Nur wenige, kleine Öffnungen störten damals den geometrischen Körper, der längere Zeit mit einer Blechfassade verkleidet war. Er steht gegenüber der Arbeitersiedlung „Neustadt“ und gehörte zur Gerresheimer Glashütte, deren Areal vor rund zehn Jahren weitgehend eingeebnet wurde und ein neues Stadtquartier aufnehmen soll.

Der Architekt David Wodtke kaufte den Bunker mit dem Ziel, diesen in eine kleine Wohnüberbauung zu integrieren. Der Plan stieß auf keine Widerstände – auch wenn bei der Deutschen Kommunistischen Partei Rheinland-Westfalen der Gedanke aufkam, die „Entmilitarisierung des Bunkers und seine antifaschistische Entwidmung“ zu würdigen. Immerhin, so gibt sie zu bedenken, war das Bauwerk durch Zwangsarbeiter, französische Kriegsgefangene, gebaut worden. 

Die Bauherrschaft ließ Löcher und vertikale Schlitze in den Bunker schneiden. Sie scheint mit dem Umbau auf erweiterte Kontinuität und zeitgemäßes Zusammenleben zu setzen, wie einer aktuellen Pressemeldung zu entnehmen ist. Im Erdgeschoss befinden sich eine Kindertagesstätte und ein Bio-Imbiss. Ein Co-Working-Space steht wegen der Corona-Pandemie zurzeit leer, soll aber baldmöglichst vermietet werden. Die Kita nutzt auch die erste Etage. Im zweiten, dritten und vierten Stock ist Raum für sogenanntes Geschwister-Wohnen. Hier können Kinder und Jugendliche, die aus ihren Familien genommen wurden, gemeinsam wohnen. In diesen Stockwerken gibt es außerdem noch große Wohnungen für Familien. Im fünften und sechsten Stock sind hochpreisigere Wohnungen angesiedelt. Die siebte Etage bewohnt der Bauherr selbst, im achten Stock hat er sein Büro eingerichtet. Die beiden obersten Etagen wurden dem alten Bunker aufgesetzt.

Im Bunker-Keller hat der Bauherr einen Indoor-Spielplatz eingerichtet. Auf 300 Quadratmeter Fläche können die Jugendlichen aus dem Haus hier Sport treiben. Den Bestand hat Wodtke durch einen mit Klinker verkleideten Anbau ergänzt. Insgesamt bietet die Überbauung rund 4'500 Quadratmeter beheizte Fläche. 28 Wohneinheiten für etwa 90 Personen sind in der Summe entstanden, dazu kommen die Gewerbeflächen.

Hohe energetische Autarkie

Die Firma Congy – Concepts for Energy aus Kevelaer hat das Energiekonzept für die Wärme- und Stromversorgung der Überbauung entwickelt. Man entschied sich für eine Kombination von Photovoltaik-Anlage, E3/DC-Hauskraftwerken und einem Blockheizkraftwerk (BHKW) für die Strom- und Wärmeversorgung. Die auf dem neuen Anbau installierten Solarstrommodule werden laut Berechnungen rund 60'000 Kilowattstunden Strom im Jahr produzieren. Die Anlage ist mit zwei speicherfähigen Hauskraftwerken kombiniert.

Als Besonderheit wird der Farming-Betrieb der Speichersysteme bezeichnet: Die beiden Speicher sind zu einer intelligenten „Energiefarm“ parallelgeschaltet und verfügen nur über einen Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Ein Speicher fungiert als „Master“ oder „Farmmanager“ und ist mit dem Netzregelpunkt verbunden. Er kommuniziert mit dem anderen Speicher, dem „Slave“, über das Netzwerk oder das Internet. Falls die Speicherkapazität beizeiten erweitert werden soll, ist dies bei diesen Hauskraftwerken problemlos möglich. Dafür möchte man in Düsseldorf-Gerresheim aber die erste Zwischenbilanz abwarten und erst dann gegebenenfalls Speicherkapazität nachrüsten.

Seinen privaten und gewerblichen Mietern bietet der Architekt und Bauherr Mieterstrom an. Hierfür musste Wodtke eine GmbH gründen. Die technische Abwicklung und Abrechnung übernimmt Congy. Der Mieterstrompreis liegt einen Cent unter dem Ökostromtarif und ca. 2,6 Cent unter dem normalen Stromtarif des örtlichen Versorgers. Die Mieter können frei entscheiden, ob sie Mieterstrom nutzen oder ob sie Strom von einem anderen Energieversorger beziehen. 

David Wodtke verkauft auch die Wärme aus dem BHKW an seine Mieter. Der Wärmepreis liegt ca. 5 Prozent unter dem des örtlichen Versorgers. Die Elektromobilität ist ebenfalls Teil des Energiekonzeptes. 12 Wallboxen sind aktuell in der Tiefgarage installiert. Vielleicht kommen noch öffentliche Ladestationen im Außenbereich dazu. 

Auch der Mietpreis sei reizvoll, ist in der Pressemitteilung nachzulesen. Wodtke nimmt durchschnittlich 14 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Das seien vier bis fünf Euro weniger als in der Nachbarschaft im Stadtteil Gerresheim, der am Rande von Düsseldorf liegt.

Vom Bunker schweift der Blick über die Solaranlage hinweg ins Areal der einstigen Gerresheimer Glashütte, das sich in eine neues Quartier verwandeln soll. (Foto: presssebox.de)

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