Der Perfektionist des Architekturbildes

"Tomas Riehle Fotografie" Ausstellung in der Raketenstation Insel Hombroich

Im vergangenen Juli starb der Architekturfotograf Tomas Riehle (*1949) in Köln. Die letzten Bilder in seiner Kamera waren Aufnahmen der Museumsinsel Homboich. Sicher kein Zufall, denn diesem Ort, seinen Bauten, den Folies und Skulpturen in der halbgezähmten Auenlandschaft war Riehle über Jahrzehnte sehr verbunden. Nun widmet ihm die Stiftung Insel Hombroich eine von Katsuhito Nishikawa kuratierte Überblicksausstellung im Siza Pavillon, die noch keine Retrospektive sein will, sondern mit ausgewählten Bildern aus acht Werkgruppen Tomas Riehles fotografische Interpretationen des bebauten und unbebauten Raumes zeigt.

26 Jahre liegen zwischen den ältesten Aufnahmen „Lichtraum Akademie Düsseldorf“ 1976 und den jüngsten in de Ausstellung gezeigten, der „Heerich auf Hombroich“-Werkgruppe, an der er von 1986 bis 2005 arbeitete. Verwandtschaften, Themen und Regeln setzen die Werke miteinander in Beziehung. Die frühen Düsseldorfer Aufnahmen sind Riehles Abschlussarbeit als Meisterschüler in der Bildhauerklasse von Erwin Heerich. Mit der Fotografie war er während des vorangegangenen Industrie-Design Studiums an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen zum ersten Mal in Berührung gekommen, als er sich zu Dokumentationszwecken seine erste Kamera, eine gebrauchte japanische Spiegelreflex, gekauft hat. So sehr begeisterten ihn die Möglichkeiten dieses Mediums, dass er dafür das Zeichnen und Malen aufgab. Doch nie bildete er als Fotograf nur ab, er wollte nicht verdoppeln, sondern interpretieren. Und so behauptete er sich mit der Übersetzung des Dreidimensionalen ins Zweidimensionale in der Bildhauerklasse.

Das abstrakte Bild des Gebauten
Ein Stipendium führte Riehle nach Paris, wo 1981 die Serie „Rue des Hautes Formes“ entstand. Hier knüpfte er an die Akademiearbeit an und überzeichnete in den Nachtaufnahmen moderner Architekturen das Gebaute mit Licht und Schatten.

1979, ein Jahr vor dem Abschluss an der Akademie, entstand die Werkgruppe „Landwaage“. In der Ausstellung wird eine Auswahl von Aufnahmen der niederländischen Polderlandschaft gezeigt, wo Spielarten von Grau unendliche Weite zu Flächen werden lassen. Ihr zugrunde lagen verschiedene Super 8-Filmaufnahmen des fernen Horizonts, die aus dem fahrenden Auto gemacht wurden. Gut 13 Minuten Filmmaterial sind nun erstmals öffentlich zu sehen.

Die Position des Fotografen
Über seinen Lehrer Erwin Heerich kam Riehle schließlich in Kontakt mit der Museumsinsel Hombroich. Heerichs Bauten und begehbare Skulpturen prägen den Charakter dieses ungewöhnlichen Ausstellungsortes. Riehles Aufnahmen davon haben das Bild, wie Hombroich in der Welt wahrgenommen wird, maßgeblich geprägt. Riehle, der Architektensohn, zeigt hier besonders deutlich, wie er Architektur verstand und dass er sich zu positionieren wusste. Bis heute nutzt das Museum Riehles frühe Aufnahmen, die den abstrakten Idealzustand der begehbaren Skulpturen dokumentiert haben.

Von den 150 Rheinbrücken, die Tomas Riehle zwischen 1994 und 2002 fotografiert und in einem Bildband veröffentlicht hat, werden 44  in der Ausstellung gezeigt. Auf der gut 1000 Kilometer langen Strecke von der Schweiz bis in die Niederlande wurde der Fotograf zum Wanderer, immer auf der Suche nach den Standpunkten, die Landschaft und Gebautes nach seinen Vorstellungen fügten. Die schiere Größe der Brücken, ihr extremes Format, zwangen Riehle dazu viel der Strenge, die seine reinen Architekturarbeiten ausmachen, abzulegen. Winkel ließen sich hier nicht vorab bestimmen, sogar ein Hochformat tanzt aus der Reihe, in der das liegende Format dominiert. Dennoch ist hier nichts unkontrolliert, im Gegenteil, auch diese Größen und Gewalten konnte Tomas Riehle mit seiner Kamera zähmen ohne ihrer Dynamik damit Abbruch zu tun.

Hombroich zeigt Riehle mehr als Künstler, denn als buchbaren Architekturfotografen. Seine Fotografien, die hier allesamt schwarzweiß gezeigt werden, wurden von Kurator Nishikawa wie Objekte behandelt, die nur mit dem von Riehle dafür bestimmten Passepartout und zum Teil eigenhändig angefertigten Rahmen vollständig sind. Es bleibt das Bild eines wahren Perfektionisten.

Uta Winterhager

Ausstellungsansicht Tomas Riehle Fotografie im Siza Pavillon in der Raktetnstation auf Hombroich © Foto Ivo Faber