Aus einem Holz geschnitzt

28. agosto 2024
Das neue Gemeindehaus ergänzt den Bahnhof Rottenbach. (Foto: Atelier ST, Viet Duc Nygen)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Als wir Rottenbach das erste Mal besuchten, waren wir angetan von der Schönheit der Landschaft, den umliegenden Dörfern mit ihren schieferverkleideten Dächern, aber vor allem von diesem historischen Bahnhofsensemble. In Summe eine so harmonische Szenerie, wie man sie als Kind nur von seiner Modelleisenbahn kennt.

Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Unsere Idee war es, einen Neubau in dieser Idylle zu errichten, der die Atmosphäre des Bestehenden in sich trägt. Dabei wollten wir uns jedoch nicht in romantischer Nostalgie verlieren, sondern regionaltypische Formen und Materialien in eine eigenständige, zeitgenössische Erscheinung übersetzen. Die neue Architektur wird so Teil des Ganzen, als gehörte sie schon immer dazu.

Der einfache und vertraute Holzbau fügt sich selbstverständlich in das Gefüge des frisch sanierten Bahnhofsensembles ein. (Foto: Atelier ST, Viet Duc Nygen)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Neubau nimmt sich zurück – er ist ein einfaches, eingeschossiges Holzhaus und quasi eine Fortsetzung des bestehenden, historischen Bahnhofs. Es nimmt Proportionen, Gestaltelemente und Farbigkeit von diesem auf.

Für Konstruktion, Fassade und Innenausbau verwendeten wir konsequent Holz – eine naheliegende und nachhaltige Referenz an die regionale Forstwirtschaft des Thüringer Waldes.

Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Wir haben den Auftrag direkt über die IBA Thüringen erhalten. Indirekt aber dann doch über einen Wettbewerb, da wir zuvor den von der IBA ausgelobten Wettbewerb für die Martinskirche Apolda (auch Thüringen) gewonnen hatten. Daraus hatte sich eine sehr gute Zusammenarbeit entwickelt, weshalb wir in Rottenbach dann gleich direkt zum Zug kamen. 

Mit regionaltypischen Formen und Materialien wurde der Neubau in eine eigenständige, zeitgenössische Erscheinung übersetzt. (Foto: Atelier ST, Viet Duc Nygen)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Das vergleichsweise kleine Gebäude sollte flexibel auf die verschiedenen Nutzungsanforderungen reagieren können. Wichtig war zudem, dass es als Teil des Bahnhofsensembles gelesen wird. Es sollte also äußerlich nicht zu ›laut‹ daherkommen, sondern vielmehr bestehende Qualitäten fortsetzen.

Das für Konstruktion, Fassade und Dach verwendete Holz stammt aus dem Thüringer Wald. (Foto: Atelier ST, Viet Duc Nygen)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Die erste Idee konnte fast 1:1 umgesetzt werden. Zu Beginn gab es noch ein großes, zenitales Dachoberlicht. Auf dieses musste aus Kostengründen verzichtet werden.

Der einfache, eingeschossige Holzbau ist eine Fortsetzung des bestehenden, historischen Bahnhofs. Es nimmt Proportionen, Gestaltelemente und Farbigkeit von diesem auf. (Foto: Atelier ST, Viet Duc Nygen)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?

Es sollte ein konsequenter Holzbau sein: Konstruktion, Fassade und innere Verkleidung. Holz als primäres Material im Inneren sorgt für eine gute Akustik, ein angenehmes Klima und nicht zuletzt riecht es einfach gut.

Der bis unter das Dach reichende und vollständig mit Holz ausgekleidete Gemeindesaal überrascht mit einer unerwarteten Großzügigkeit und Raumatmosphäre. (Foto: IBA Thüringen, Thomas Mueller)
Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?

Wir denken diese Themen schon seit langem bei jeder Bauaufgabe mit. Aber wir stellen das nicht primär in den Vordergrund. Wichtig ist uns eine jeweils eigene Atmosphäre zu kreieren, die sich aus guten und natürlichen Materialien zu einer Gesamtkomposition zusammensetzt.

Lageplan (Zeichnung: Atelier ST)
Grundriss (Zeichnung: Atelier ST)
Schnitt (Zeichnung: Atelier ST)
Gemeindehaus Rottenbach 
2024
Am Bahnhof 3
07426 Königsee, Ortsteil Rottenbach 

Auftragsart
direkt
 
Bauherrschaft
Gemeinde Königsee

Architektur
Atelier ST Gesellschaft von Architekten mbH, Leipzig
Entwurfsverfasser: Silvia Schellenberg-Thaut & Sebastian Thaut
Projektarchitekt: Jan Franke 
Mitarbeit: Lena Kirchhain 

Bauleitung
Ing.Büro f. Bauplanung Silke Baumann, Königsee

Hersteller
Drücker: FSB
WC Produkte: Duravit
Rinnen: Rheinzink
Naturschiefer: Rathscheck 
Etna Leuchten (Sanitärräume): Mawa
Numinos (Pendelleuchten): SLV
lose Möblierung: Hiller

Bruttogeschossfläche
105 m²

Gebäudevolumen
525 m³

Gesamtkosten
k.A.

Fotos
Atelier ST, Viet Duc Nygen (1-5)
IBA Thueringen, Thomas Mueller (6)

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