Mannheimer Denkmal-Verwirrungen

Manuel Pestalozzi
12. september 2022
Das Stadthaus von Mannheim ist ein Sorgenkind und wird von manchen weggewünscht. Es steht aber seit 2021 unter Denkmalchutz. (Foto: Rudolf Stricker/Wikimedia Commons)

„Der Denkmalschutz ist eine Tatsache, mit der wir umgehen müssen“, wird der Mannheimer Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) in einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zitiert. Veranlasst hat ihn zu dieser Aussage die Tatsache, dass das in Mannheim wenig geliebte, 1991 fertiggestellte Stadthaus trotz großen technischen und funktionalen Problemen vom  Landesdenkmalamt als exemplarisches Bauwerk der Postmoderne als denkmalgeschützt eingestuft wird. Das Gebäude am zentralen Paradeplatz, das die Stadtbibliothek, den Ratssaal des Mannheimer Gemeinderats und einen Bürgersaal für Veranstaltungen beherbergt, orientiert sich an einem barocken Vorgängerbau, der nach einem Bürgerentscheid von 1986 hätte rekonstruiert werden sollen. Wegen des Verfehlens des 30-Prozent-Quorums veranlasste der damalige Oberbürgermeister aber die Realisierung des siegreichen Wettbewerbsentwurfs der die Mannheimer Architekten Carlfried Mutschler, Joachim Langner, Christine Mäurer und Ludwig Schwöbel. Beim Gebäude, das der Stadt Mannheim und dem Baukonzern Diringer & Scheidel gehört, müssen leidlich bekannte Probleme mit dem hohen Verkehrsflächenanteil, dem Brandschutz, der Entfluchtung und der Statik gelöst werden. Sebastian Ritter, Baudezernent des Städtetags Baden-Württemberg, fordert die Stadtplaner*innen in der dpa-Meldung auf, nicht aufzugeben.

Genau umgekehrt verhält es sich beim Collini-Center, einer Großüberbauung am Neckar mit gemischter Nutzung. Es entstand von 1971–1975 nach Plänen des Architekten Karl Schmucker anstelle eines stillgelegten Betriebshofs der Mannheimer Straßenbahn, anlässlich der Bundesgartenschau 1975. Es verkörpert das mit dieser verbundene städtebauliche Konzept. Der als marode bezeichnete Büroturm des Komplexes soll jetzt abgerissen und durch ein neues Hochhaus ersetzt werden. Dagegen regt sich Protest. Eine Petition verlangt, dass dem Collini-Center als Ensemble, bestehend aus Wohnturm, Galerie und Büroturm, der Status eines Baudenkmals erteilt wird, um es dadurch vor dem geplanten Teilabriss zu bewahren und durch ein Revitalisierungskonzept und eine entsprechende Sanierung zu erhalten. Auch hier sind in den Augen von Ritter vom Städtetags Stadtplaner*innen gefragt. Sie müssten zukunftsfähige Nutzungen finden, um einen Leerstand und negative Effekte auf die unmittelbare Umgebung zu vermeiden. Ob sie das auf sich gestellt schaffen, bleibt allerdings fraglich. Einen Hoffnungsschimmer scheint es aktuell für den Collini-Turm zu geben: Am 8. September wurde bekannt, dass die Stadt dem Investor noch keine Rückbaugenehmigung erteilt hat. Der Abriss wird somit nicht wie geplant in diesem Herbst erfolgen.

Das Bürohochhaus des Collini Centers soll abgerissen werden. Eine Petition verlangt die Unterschutzstellung des Ensembles am Neckar. (Foto: Hubert Berberich/Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

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