Kampf um Hannovers Ex-Horten

Manuel Pestalozzi
9. januari 2023
Das einstige Horten-Warenhaus mit den charakteristischen Eiermann-Kacheln präsentiert sich in einem intakten Zustand. (Foto: Christian A. Schröder/Wikimedia Commons)

Besonders alt ist das nun geschlossene Warenhaus nicht. Es wurde 1975 zwischen Oster- und Schmiedestraße neu errichtet und mit den vom Architekten Egon Eiermann (1904–1970) für den Konzern entworfenen dreidimensionalen Aluminiumkacheln verkleidet. Diese Corporate Identity hat der ausgedehnte Baukomplex, der sich in den Konturen der einstigen Altstadtbebauung anpasst, bis heute behalten, obwohl er längst als Galerie Kaufhof die Kundschaft anzulocken versuchte. Das nun stillgelegte Warenhaus gehört dem österreichischen Unternehmen Signa mit dem Haupteigentümer René Benko, der in den vergangenen Jahren im deutschsprachigen Raum mit Warenhaus-Übernahmen auf sich aufmerksam machte. Bei Hannovers Marktkirche werde Signa „ein langfristig orientierter Bestandshalter“ bleiben, zitierte die Hannoversche Allgemeine vom 6. Januar einen Sprecher des Unternehmens. Geplant sei, ein „gemischt genutztes, nachhaltiges Gebäude mit modernen Arbeitswelten, öffentlichen Flächen, Wohnen, Hotel und Platz für besondere Manufakturen und kreative Nutzungen“ zu errichten. Das Spektrum der erhofften Mieter*innen reiche vonFine-Dining-Gastronomie“ und inhabergeführten Läden bis zu frischen Shop- und Handwerkskonzepten. Zusätzlich seien Büroflächen, Ateliers und Ausstellungsräume denkbar. Der ausgedehnte Bestandsbau mit rund 20'000 Quadratmetern Nutzfläche soll gemäß dieser Quelle verschwinden, der Beginn der Abrissarbeiten sei auf das letzte Quartal 2023 geplant. Ganz neu ist diese Zukunftsperspektive nicht: Auf dem Diskussionsportal Skyscrapercity wurde schon im vergangenen Jahr die „Möglichkeit einer Altstadterweiterung in die Innenstadt hinein“ angeregt.

Gegen den Abriss regt sich nun Widerstand, der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten Niedersachsen (BDA) hat sich zu Wort gemeldet. Nicht nur aus Gründen des Baukulturerbes müsse Schluss damit sein, dass immer wieder relativ junge Gebäude Neubauten zu weichen haben, lässt er verlauten. Vor allem auch aus Klimaschutzerwägungen habe der Gebäudebestand mehr Achtung verdient, mahnt er. „Mit jedem Abbruch werden wertvolle, weil endliche Ressourcen unwiederbringlich zu Müll erklärt und sogenannte Graue Energien vernichtet“, schreibt die BDA-Landesvorsitzende Dilek Ruf in einer Stellungnahme. Laut Umweltbundesamt zeichne die Baubranche für 55 Prozent des bundesweit anfallenden Abfallaufkommens verantwortlich. Wenn Betonbauten weitergenutzt werden, statt dass man sie abreißt und ersetzt, spare das große Mengen des Klimagases CO2 ein. Die Hannoversche Allgemeine berichtet weiter, Dilek Ruf sei es nach eigenen Angaben gelungen, mit Signa einen Gesprächstermin zu vereinbaren, bei dem über mögliche Weiternutzungen des Gebäudes gesprochen werden soll. Daran werde unter anderem auch die Bauverwaltung der Stadt teilnehmen. Hannover hat hier Gelegenheit ein klares Signal für den schonenden Umgang mit Ressourcen auszusenden.

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