Einstimmung auf den Ort

Ulf Meyer
7. oktober 2020
Foto: Marco Kany

Das Benediktinerkloster von Tholey im Saarland ist das älteste Kloster auf deutschem Boden – die Klosterkirche zählt zu den ältesten gotischen Gotteshäusern hierzulande. Sie ist derzeit in aller Munde, denn seit die modernen Fenster von Bonifatius Köck (1924–2016) ausgebaut wurden, weil sie angeblich „in ihrer Abstraktion schwer verständlich“ waren, wurde über die neuen Fenster von Gerhard Richter viel diskutiert. Die Gestaltung des Künstlers ist ebenfalls abstrakt. Weil Richter „berühmt ist und kunstinteressierte Besucher anzieht“ (so die Erwartung der Klosterbrüder), wurde ein neues Besucherzentrum gebaut. 

Es wurde von der gläubigen Unternehmerfamilie Meiser gestiftet, die auf dem Areal des Klosters zuvor bereits eine barockisierende Grünanlage und Tore in historisierendem Stil finanziert hatte. Bauherrschaft und Förderer hatten schon früher zusammengearbeitet: Die 2002 nach den Plänen von Alexander von Branca (1919–2011) errichtete Privatkapelle der Familie, die Statio Dominus Mundi in Wustweiler, untersteht der Benediktinerabtei. 

Foto: Marco Kany

Anders als bei der Privatkapelle wurde diesmal kein Altmeister beauftragt, sondern ein junges Büro aus dem nahen Saarbrücken. FloSundK bauten ein zweigeschossiges Gebäude aus den späten 1960er-Jahren zum neuen Besucherzentrum um, das der Abtei zuvor einige Jahre als Schwesternheim gedient hatte und dann zu einem Wohnheim für Flüchtlingsfamilien umgestaltet worden war.

Der schlichte, massive Bau ist ein Kind seiner Zeit: Nüchtern und schnörkellos steht er am Rande des Klosterareals auf einem Hanggelände. Es wurde terrassiert, sodass ein direkter, ebenerdiger Zugang vom Klostergarten aus möglich ist. Seine Lage zwischen Kloster und Ortszentrum macht das Gebäude zum Vermittler zwischen der profanen und klerikalen Welt. 

Foto: Marco Kany

Die Abtei wünschte, dass das Besucherzentrum die Interessieren auf den Ort einstimmt und sie in die Klosteranlage führt. FloSundK sind äußerlich respektvoll mit der Gebäudesubstanz umgegangen, haben aber in beiden Etagen alle nicht tragenden Elemente entfernt. Eine neue Abfolge von Nischen verleiht dem Raum nun Struktur und begleitet die Besucher*innen auf ihrer Passage zu den Richter-Fenstern. In der Nordfassade des Besucherzentrums wurde ein neuer Eingang geöffnet, und die kleinen Bestandsfenster wurden in Paaren zusammengeführt und bis zum Boden vergrößert. Auf diese Weise wird der visuelle Bezug zum Kloster verstärkt. Die Mauerwerksfassade ließen die Architekt*innen nur ausbessern und neu schlämmen, damit der klösterliche Charakter des Gebäudes erhalten bleibt. 

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