Der Hinweis auf „gefährdete Arten“

Manuel Pestalozzi
16. maart 2023
(Plakatgestaltung: Tilgner Kempf und Katja Schloz)

Die Arten, welche hier als gefährdet erkannt werden, haben diverse Gesichter, sind aber miteinander verwandt. Sie erfahren in der allgemeinen Öffentlichkeit oft keine besonders große Wertschätzung: unscheinbare Nachkriegsgebäude, hassgeliebte Bauten des Brutalismus oder erste regionale Hochhausexperimente. Es geht also um die Architektur, die das Wirtschaftswunderland BRD bis zum Anbruch der Postmoderne begleitete. Sie repräsentiert einen Fortschrittsglauben, dessen kreativer Elan heute oft etwas verkannt wird – vielleicht, weil er von einer bewussten Unscheinbarkeit oder andernorts auch von einer unbeschwerten Aufdringlichkeit war?

Im Land Baden-Württemberg droht manchen dieser Gebäude die Vernichtung, in Mannheim etwa dem Collini-Center (Architekturbüro: Karl Schmucker, Schmucker und Partner), zu dem in der Stadt offenbar eine Art Hassliebe besteht. Der BDA befürchtet deshalb ein drohendes Verschwinden einer Vielfalt, die es zu erhalten gilt – was in unseren Tagen der Abrissmoratoriums-Forderungen jenseits der Arten diskutiert werden sollte. In der Ausstellung „Gefährdete Arten – Erhalt vs. Abriss in Baden-Württemberg“ richtet sich der Blick auf acht ausgewählte Exemplare dieser gefährdeten Arten. 

Neben dem Collini-Center sind darunter das Landratsamt Karlsruhe (Architektur: Möckel & Schmidt), die Staatliche Verwaltungsschule Stuttgart (Architektur: Rolf Gutbier), das Alten- und Pflegeheim Ringelbach Reutlingen (Architektur: Behnisch & Partner) und das Rathaus Lörrach (Architektur: Thomas Heiß in Kooperation mit F70). Teils sind sie akut vom Abriss bedroht, teils dem Leerstand preisgegeben. In der Ausstellung wird die Frage nach den Gründen gestellt. Geht es um Renditen? Ist die Substanz nicht mehr zu retten? Weiß man schlicht nicht, was man damit anfangen soll? Oder sind sie der Bevölkerung ein Dorn im Auge? Eine begleitende Broschüre stellt die Gebäude anhand eines Steckbriefes und eines vertiefenden Textes vor. Alexander Stumm erläutert einführend seine Initiative für ein Abrissmoratorium, und Anette Busse plädiert für Gebäudeerhalt jenseits des Denkmalschutzes.

Das Schicksal des Collini-Hochhauses in Mannheim bewegt schon seit einiger Zeit die Gemüter. (Foto: Hubert Berberich/Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0))

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