Maßgeschneidert für die Spitzenforschung
Heinle, Wischer und Partner
27. november 2019
Ansicht von Süden mit Haupteingang (Foto: Brigida González)
Für die Universität Ulm haben Heinle, Wischer und Partner das Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB) geplant. Till Behnke beantwortet unsere Fragen zum Projekt.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Im ZQB arbeiten interdisziplinäre Forschergruppen mit hochsensibler Messtechnik an der Entwicklung hochleistungsfähiger Sensoren und der Verbesserung bildgebender Verfahren. Der Neubau erfüllt höchste Standards der physikalischen und biomedizinischen Forschung und wurde rundum auf die Bedürfnisse der Wissenschaftler zugeschnitten. Bauliche Besonderheiten betreffen beispielsweise die Laserlabore im Untergeschoss, die als „Raum im Raum“ errichtet wurden. Auf Luftfedern gelagerte Sonderfundamente garantieren zudem eine Dämpfung von Schall, Erschütterungen und Elektromagnetismus. Außerdem stellt das Gebäude hochmoderne Physik-, Chemie- und Biochemielabore (S1 bis S2), einen NMR-Bereich und Labor-, Büro- und Kommunikationsflächen zur Verfügung.
Nordseite – offener Innenhof mit Kunst am Bau (Foto: Brigida González)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?Da der Austausch der Wissenschaftler untereinander von besonderer Bedeutung ist, haben wir den Fokus beim Entwerfen auf die Themen Kommunikation und Begegnung gelegt. Durch die hohe Transparenz, die offene Treppe mit den angrenzenden Teeküchen und eine bodentiefe Verglasung ist im Zentrum des Gebäudes deshalb eine Kommunikationszone entstanden, ohne dass hierfür im Raumprogramm Flächen vorgesehen waren.
Die Gestalt und die Ausrichtung des Baukörpers sind durch seine Umgebung und seine Funktion beeinflusst. Das neue Forschungsgebäude fügt sich in die Fluchtlinien des bestehenden Campusgeländes ein und zitiert mit seinem Innenhof die von der vorhandenen Kreuzstruktur gebildeten Freiräume. Die gläsernen Fassaden stellen zudem eine Verbindung zu den gegenüberliegenden Gebäuden her. Für die vergleichsweise junge Universität ist das Gebäude ein weiterer wichtiger Baustein, mit dem die Entwicklung des Campus voranschreitet.
Innenhof – Fassaden kombiniert aus Architekturbeton und geschosshohen Glaselementen (Foto: Brigida González)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?Um ideale Arbeitsbedingungen für die Forschenden zu schaffen ist es unabdingbar, deren Bedürfnisse in den Entwurf einfließen zu lassen. Die Anforderungen an das Gebäude waren von Nutzerseite sehr hoch, denn im ZQB wird mit komplexer und sensibler Technik geforscht. Für die Laserforschung benötigen die Wissenschaftler beispielsweise erschütterungsfreie und schallgeschützte Spezialräume, denn bereits minimale Störungen können die Ergebnisse eines Experimentes verfälschen. Die NutzerInnen hatten somit unmittelbaren Einfluss auf unseren Entwurf.
Das Gebäude hat sich über die gesamte Planungs- und Ausführungszeit weder in seiner Gestaltung noch in seiner Grundrissorganisation verändert. Allerdings mussten wir im Rahmen von Kosteneinsparungen den hinteren Verbindungsgang aus dem Entwurf streichen. Dadurch ist aus dem quadratisch geplanten Gebäude mit Innenhof und umlaufender Erschließung ein U-förmiger Typus mit zwei Stichfluren entstanden.
Kommunikationszone (Foto: Brigida González)
Flur vor der Laborzone (Foto: Brigida González)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?Durch die hohen Anforderungen an den Wärmeschutz war eine zu mindestens 50% geschlossene Fassade für unseren Entwurf verbindlich. Aufgrund dieser Vorgabe und der spezifischen Anforderungen der Labornutzung, bei der die Elektroversorgung über Brüstungskanäle erfolgt, haben wir die Fassade vor den Laborräumen als Bandfassade geplant.
Modulares Laborraumkonzept (Foto: Brigida González)
Speziallabor im Untergeschoss als entkoppelte „Raum-in-Raum-Konstruktion“ für hochsensible Laserforschung (Foto: Brigida González)
Lageplan (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
Schnitt (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
2019
Meyerhofstaße, M26
89075 Ulm
Nutzung
Forschungs- und Laborbau
Auftragsart
1. Rang im VOF-Verfahren, LP 2-8 nach HOAI
Bauherrschaft
Land Baden-Württemberg vertreten durch Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Ulm
Architektur
Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten, Stuttgart
Verantwortlicher Partner: Till Behnke
Projektleitung: Susanne Kern
Mitarbeiter: Elke Fichter, Ruth Hermann, Wolfgang Pfisterer, Tugba Sezer
Fachplaner
Tragwerksplanung: Mayer-Vorfelder und Dinkelacker, Sindelfingen
Laborplanung / HLS: Ingenieurbüro Meier, Kirchzarten
Elektroplanung: Müller und Bleher, Radolfzell
Ingenieurbauwerke: Steinbacher-Consult, Neusäß
Bauphysik: Müller-BBM, Planegg und Stuttgart
Freianlagenplanung: Planstatt Senner, Überlingen
Bauleitung
Ernst² Architekten, Stuttgart
Kunst am Bau
Madeleine Boschan, Berlin
“Turning a disc, and in turn, being turned as well (light blue and rosy)” – lackierter Stahl, 2 Teile
Hersteller
Pfosten-Riegel-Fassade: Schüco
Sonnenschutz und Blendschutz: Warema
Rohrrahmentüren - Forster
Holztüren: Neuform
Tür- und Fensterbeschläge: FSB
Glas-Elementwände: Intek
Metalldecken: Lindner/Haufe
Elast./textile Bodenbeläge: Gerflor/Object carpet
Energiestandard
Umsetzung der EnEV 2014 mit erhöhten Anforderungen an die energetische Qualität der Gebäudehülle.
Bruttogeschossfläche
6.430 m²
Gebäudevolumen
29.979 m³
Kubikmeterpreis
767 €/m³
Gebäudekosten
16.000.000 €
Gesamtkosten
23.000.000 €
Fotos
Brigida González