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Allmann Sattler Wappner Architekten
8. december 2021
Foto: Brigida González für Allmann Sattler Wappner Architekten
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Ursprünglich sollte der gut erhaltene Gewerbebau von 1971 zugunsten einer neuen Wohnbebauung mit integrierter Quartiersversorgung im Erdgeschoss, abgerissen werden. Auf Basis einer umfassenden Bestandsanalyse des Hochbaus inklusive Tiefgarage und einer Machbarkeitsstudie über die funktionalen, räumlichen und insbesondere architektonisch bauplastischen Qualitäten, konnte die Bauherrin überzeugt werden, den geplanten Abriss zugunsten einer Generalsanierung aufzugeben. Zu dieser weitreichenden Entscheidung kam auch die mit Daten und Fakten belegbare Erkenntnis, dass der Erhalt dieses klug und robust gebauten Gewerbebaus aus den Siebzigern, neben seiner Identität im gewachsenen Stadtteil, auch einen messbaren Beitrag insbesondere zum Umgang mit Bestandsgebäuden der Nachkriegszeit aufzeigen könnte. Dieser Aspekt der Nachhaltigkeit und der möglichen Transformationspotentiale, wurde im Zuge der umfangreichen architektonischen Untersuchungen ökonomisch, funktional, aber auch unter ökologischen Gesichtspunkten weitreichend betrachtet sowie bewertet und führten schlussendlich in der Gesamtbetrachtung zur Entscheidung für den Erhalt und das nun finalisierte Ergebnis. Ein einladendes Haus, welches weiterhin für eine gute Büroadresse mit wichtigem Nahversorger im Quartier erhalten bleibt.

Foto: Brigida González für Allmann Sattler Wappner Architekten
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Städtebaulich, architektonisch und auch funktional, bietet schon die gut erhaltene Substanz des Hauses aus dem Jahr 1971 eine intelligent aufgebaute gewerblich nutzbare Gebäudestruktur, die sich in vielen Belangen der Untersuchungen als bestens geeignet für eine gestalterische und energetische Erneuerung erwiesen hat. Die Transformation des für das Stadtquartier identitätsstiftenden Gebäudes nutzt angemessen und zeitgemäß bislang brach liegende Potentiale in der inneren und äußeren Erscheinung und Nutzungsstruktur des Hauses, sowie seiner umgebenden Freiflächen. Das neue Haus wechselt sichtbar sein Fassadenkleid, erneuert sich komplett im Inneren, öffnet sich großzügig und farblich augenzwinkernd in die stark durchgrünte Umgebung mit mächtigem Baumbestand und verortet das bisher eher «graue Haus» als neuen einladenden Mittelpunkt in dem von gut gesetzten Geschosswohnungsbauten der Nachkriegszeit geprägten Stadtteil.

Foto: Brigida González für Allmann Sattler Wappner Architekten
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Die Bauherrin und ihre Entscheidungsträger*innen haben sich von Anfang an auf Basis der Machbarkeitsstudie intensiv in den gemeinsam avisierten Transformationsprozess eingebracht und in umfangreichen Planungsrunden zusammen mit vielen beteiligten FachplanerInnen ein ökonomisch, funktional und auch gestalterisch belastbares Entwurfskonzept zusammen mit unserem Team herausgearbeitet, welches schlussendlich auch eine klar benannte Grundlage für die gewünschte Ausführung mit einem Generalunternehmer bot. Dieses eindeutige und umfassende Agreement hat sich trotz etlicher Korrekturen und Anpassungen im Bauprozess wunderbar gehalten und konnte mit guten bauausführenden Unternehmen, insbesondere auch im Fassadenbau, vielen 1:1 Bemusterungen und einer insgesamt guten Atmosphäre auf der komplexen Baustelle, den Entwurf bis hin zur Ausführung noch steigern und zur heute sichtbaren finalen Reife entwickeln.

Foto: Brigida González für Allmann Sattler Wappner Architekten
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Während sich die erste Machbarkeitsstudie schwerpunktmäßig noch mit den funktionalen und gestalterischen Potentialen des Bestandgebäudes beschäftigt hat, wurden auf Basis dieser ersten grundlegenden Entscheidungen für eine gewünschte Verwandlung und Ertüchtigung des bestehenden Hauses, weitere substantielle Untersuchungen mit unterschiedlich notwendigen Fachleuten durchgeführt, die stets auch zu erweiterten Erkenntnissen und Anpassungen des Entwurfs geführt haben, ohne jedoch das gestalterisch-funktionale Ausgangskonzept zu verlassen. Hier sind in erster Linie konstruktiv, technische Gesichtspunkte zu erwähnen, da mit zunehmender Kenntnis über den baulichen Bestand und seine vorhandenen Potentiale, die ein oder andere technische Annahme oder materielle Vorstellung geändert und angepasst werden musste. Dies betraf neben dem technischen Ausbau im wesentlichen die Entscheidung, anstatt durchgefärbter Betonfertigteile für die Fassadenstrukturen, metallische Verkleidungselemente zu wählen, da die Tragfähigkeit der Bestandsdecken für Betonfertigteile nicht ausreichend dimensioniert war. Ansonsten stellte das überzeugende Ausgangskonzept für den gesamten Planungs- und Bauprozess eine perfekte Basis dar, an der sich stets alle Beteiligten zielführend orientieren konnten.

Foto: Brigida González für Allmann Sattler Wappner Architekten
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Natürlich wurde die Frage nach dem Erhalt des baulichen Bestandes, seiner Identität, seiner Wertschöpfung und seiner künftigen Potentiale, zu einer der Schlüsselfragen dieses Projekts in der Konzeptfindung. Darüber hinaus ging es aber auch um einen generellen technisch-energetischen Transformationsprozess für eine künftige Nutzung, auf Basis der bestehenden konstruktiven Struktur des Hauses. Im finalen Ergebnis von neuer Nutzungsstruktur für die gewerblichen Flächen der Büros und der wichtigen Nahversorgungseinheit im Erdgeschoss, dem gestalterisch offenen und einladenden Gesamtauftritt der Fassaden und der umgebenden Außenanlagen, zeigt das runderneuerte Gebäude, wie flexibel und anpassungsfähig es schon in den siebziger Jahren erdacht wurde und wie man auf diesem Fundament das vieldeutige Wort Nachhaltigkeit mit messbarem und sichtbarem Inhalt versehen konnte.

Bestandsfoto: Allmann Sattler Wappner Architekten
Lageplan (Zeichnung: Allmann Sattler Wappner Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Allmann Sattler Wappner Architekten)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Allmann Sattler Wappner Architekten)
Längsschnitt (Zeichnung: Allmann Sattler Wappner Architekten)
Büro- und Geschäftsgebäude Stuntzstraße
2021
Stuntzstraße 16
81677 München

Bauherrschaft
LBBW Immobilien Süd GmbH & Co. KG, München
 
Architektur
Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH, München
Manfred Sauer (Teamleitung), Rupert Reiser (Projektleitung), Daniela Comito (Projektleitung), Jonas Thomann, Maximilian Udoh, Maximilian Kröll
 
Fachplaner
bwp Burggraf + Reiminger Beratende Ingenieure GmbH, München
Schüller Landschaftsarchitekten, München
K33 Brandschutz Steinlehrer Riedner Wagner Architekten Partnerschaft, München
PMI GmbH, Unterhaching
INOVIS Ingenieure GmbH, München
 
Ausführende Firmen
Generalunternehmer:™M Ausbau GmbH, Puchheim
Metallbauer Fassade/Schlosser: Metall Ritten GmbH/srl, Klobenstein
ELT Installation: Prinzing Elektrotechnik GmbH, Eislingen
Fliesen: F & H Fliesen Verlegung GmbH, Klosterlechfeld
 
Hersteller
Pfosten Riegel Fassade: Schüco
Textiler Sonnenschutz: Warema
Rollgitter TG: Teckentrupp
Naturstein Foyer/TRH: Verde Salvan
Leuchten Foyer: Climar Boya Down
Lichtbänder TRH/Büro: Hatec
Stehleuchten Büro: Siteco

Bruttogeschossfläche
4.190 m²
 
Gebäudevolumen
15.450 m³

Fotos
Brigida González
 

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