Ringschluss der Museumsinsel

Gruppe GME Architekten BDA / JN3N
25. 9月 2019
Am Stadtmuseum (Visualisierung: Gruppe GME / JN3N)
Das Stadtmuseum Oldenburg will aufgrund gestiegener Anforderungen die sogenannte Neue Galerie aus dem Jahr 1968 durch einen Neubau ersetzen. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?

Wir fanden ein sehr bescheiden auftretendes Gebäude vor, das sich neben dem expressiven Baukörper des Horst Janssen Museums geradezu versteckt. Aus dem städtischen Raum heraus ist der aktuelle Museumsbau kaum wahrnehmbar. Die derzeitige Eingangssituation entlang der durchaus stark befahrenen Straße „Am Stadtmuseum“ ist im öffentlichen Raum undefiniert und wirkt eher zufällig. Des Weiteren bietet sie auch keinerlei außenräumliche Aufenthaltsqualitäten, die den potentiellen Besucher zum Verweilen einladen würde. Dieser sehr bescheidene und zurückhaltende äußere Gestus setzt sich im Inneren des Hauses fort. Geringe Raumhöhen, eine mühsame Besucherführung, die andere Nutzungen (Hüppe-Saal) des Hauses beeinträchtigt sowie willkürlich erscheinende Verknüpfungen zu den anderen Gebäuden des Museumsensembles prägen die aktuelle Situation.

Bestandsaufnahme (Foto: Gruppe GME)
Worin lag die Herausforderung der Aufgabenstellung?

Unseres Erachtens hat der Neubau des Oldenburg Museums den städtebaulichen Auftakt des Museumsforums und das fehlende Element für den Ringschluss der Museumsinsel zu bilden. Es hat adressbildend und gleichermaßen zurückhaltend zu sein, um sich in das bestehende Ensemble aus unterschiedlichsten Stadtbausteinen sensibel einzufügen. Der geschwungene, dem Straßenverlauf folgende Baukörper des Horst Janssen Museums ist mit seiner expressiven Formsprache bereits identitätsstiftend, sodass der Neubau in direkter Nachbarschaft diese nicht zu übertrumpfen sucht. Vielmehr versteht der Neubau sich als sinnvolle und gewinnbringende Ergänzung des städtebaulichen Ensembles der „Museumsinsel“.

Lageplan (Zeichnung: Gruppe GME / JN3N)
Wie kamen Sie zu dem vorgeschlagenen Baukörper?

Das Gebäudevolumen des Neubaus nimmt zunächst die Flucht des Horst Janssen Museums auf, um sich dann im Bereich des neuen Haupteingangs zurück zu nehmen. Dadurch entsteht ein qualitätvoller Vorplatz, der Besuchern genug Raum gibt um anzukommen und dem Museumsneubau zu begegnen. Die öffnende und einladende Geste fördert die Interaktion mit dem städtischen, öffentlichen Raum und ist Einladung zur Partizipation an alle Bürgerinnen und Bürger. Die Drehung der Fassade mit Ausrichtung zum Lappan gibt dem Neubau das Gesicht zur Stadt. Das Gebäudevolumen tritt einen Schritt zur Seite, um die Besucher hereinzubitten und einzulassen. Unser Konzept wurde bewusst so entwickelt, dass der Neubau im städtebaulichen Kontext sowohl mit als auch ohne den Erweiterungsbau seiner zugedachten Rolle als Vermittler in dem bestehenden Gefüge gerecht wird. 

Städtebauliche Einfügung (Visualisierung: Gruppe GME / JN3N)
Wie bringen Sie Adressbildung und Freiflächen auf den Punkt?

Durch die bewusste Aufweitung des öffentlichen Raumes entsteht mit dem Museumsneubau eine Vorplatzsituation, die den bisherigen reinen Transitraum des Museumskonglomerats bricht und eine neue Adressbildung schafft. Zurückhaltendes skulpturales Mobiliar bietet die Möglichkeit zum Treffen und Aufenthalt: Ein monolithischer Wassertisch mit ruhigem Wasserspielgel leitet die kontemplative Atmosphäre des Museums in den Außenraum. Die „Lange Bank“ weitet sich wie ein Podest auf und lädt zum Sitzen ein. Die Positionierung des Mobiliars berücksichtigt dabei die Anlieferungszone.

Das Museumsensemble wird mit einem einheitlichen Betonplattenbelag in circa 40/60m als Campusteppich ausgelegt, wobei sich Farbigkeit und Ausrichtung an dem Neubau orientieren. In den Plattenteppich sind changierende Einzelplatten mit unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten (sinnbildlich für den Geschichtsverlauf der Stadt) eingestreut, die sich zu den Eingangssituationen - insbesondere zum neuen Oldenburg Museum - verdichten und somit von den Kreuzungsbereichen zu den Gebäuden leiten. Im Foyer des Neubaus werden Besuchende von einem fugenlosen Terrazzo-Asphalt aus dem gleichen Farbspektrum empfangen, welcher in den Museumsgarten leitet: Der Innenhof besticht mit grünem, in sich gekehrtem Charakter und führt über drei Ebenen zu den jeweiligen Eingängen der anderen Gebäude des Museumsforums. Während die unterste und oberste Ebene der Orientierung und Erschließung dienen, kann die mittlere Ebene als grüner Garten für Exponate verstanden werden. In die Rasenböschung eingelassene Sitzmauern nehmen die Formgebung der „Langen Bank“ auf und geben die Möglichkeit, abseits der Gastronomie der oberen Ebene die Exponate zu studieren.

Die Villen erhalten zur Raiffeisenstraße eigenständige Adressen, die durch Mauerpfeiler akzentuiert werden. Sie nehmen Bezug auf die historische Einfriedung, welche in der Linienführung durch eine abgesetzte Schnitthecke nachempfunden wird und sogleich den Villenvorgärten einen privaten Charakter geben. Die Zuwegung wird hier ebenfalls mit Terrazzo-Asphalt hergestellt und unterstreicht nochmals die Eigenständigkeit.

Museumsgarten (Visualisierung: Gruppe GME / JN3N)
Können Sie uns um das Projekt führen, als ob es schon fertiggestellt wäre?

Wir als Besuchende gelangen über den Vorplatz von Süden in das Gebäude. Nach Durchqueren des Windfangs befinden wir uns im großzügigen, offenen Foyer mit ungehindertem Blick in den Museumsgarten. Hier erhalten wir das gewünschte Ticket oder die benötigten Informationen und können uns in alle Richtungen gleichermaßen orientieren. 

Erdgeschossig erreichen wir von hieraus den Zugang zum Horst-Janssen-Museum, das Café, die historischen Villen (durch den Museumsgarten), den großen Veranstaltungssaal (Hüppe-Saal), den Museumsshop, die Aktionsflächen für Lesungen, Workshops oder Ausstellungen liegen quasi vor uns. Wir setzen unseren Besuch des neuen Stadtmuseums fort und betreten die zentrale Freitreppe, die sich in einem über alle Ebenen ziehenden Luftraum befindet. Über große Öffnungen der Fassade wird der Blick in den Museumsgarten, das Zentrum des neuen Forums freigegeben. 

So erreichen wir die Ausstellungsebenen: Das 1. und 2. Obergeschoss, beide Geschosse sind identisch, beherbergen zu gleichen Teilen die Dauerausstellung. Aus den Ausstellungsbereichen sind wohl gesetzte Ausblicke in den Stadtraum Oldenburgs möglich. Die Erschließungs- und Versorgungsspange im Nord-Osten ist in den drei Ausstellungsebenen gleichermaßen effizient und kompakt organisiert. Das 3. Obergeschoss unterscheidet sich nur darin, dass hier die Flächen der Sonderausstellung verortet sind. In Geometrie und Anordnung der Nebenräume ist sie identisch mit den beiden darunterliegenden Ebenen.

Im Staffelgeschoss im Kopf des Gebäudes, über den Dächern von Oldenburg finden wir die Museumspädagogik. Zwischen zwei Dachterrassen spannen sich die beiden Räume der Pädagogik an der Nord-West Fassade auf, die zu einem großen zusammenhängenden Raum zusammengeschaltet werden können. Der Blick in die Stadt und der Blick in den Museumsgarten werden gleichermaßen inszeniert. Nachdem wir den Ausblick auf die Stadt durch das von uns so getaufte Oldenburgfenster genossen haben, bringt uns der Aufzug direkt abwärts ins Untergeschoss und hier in den großzügigen Garderobenbereich. Über die großzügige offene Treppe erreichen wir das Foyer und betreten von hier aus den Museumsgarten, in dem wir unseren Rundgang beenden.

Erdgeschoss (Zeichnung: Gruppe GME / JN3N)
Schnitt (Zeichnung: Gruppe GME / JN3N)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?

Unsere diesbezüglichen Überlegungen haben wir im Wesentlichen bereits bei der Frage zur Herleitung des Baukörpers erläutert. Aber darüber hinaus war uns sehr wichtig, dass dieses Haus seinen Nutzern dient und nicht sich selbst als Museumsgebäude in den Vordergrund stellt.

Ausstellung (Visualisierung: Gruppe GME / JN3N)
Dachterrasse mit Oldenburgfenster (Visualisierung: Gruppe Gruppe GME / JN3N)
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?

Die zuvor beschriebene einladende Wirkung des Neubaus wird noch durch die Transparenz der Fassade im Erdgeschoss unterstützt. Hier wird die bestehende gläserne Fassade des Zwischenbaus sinnbringend fortgeführt und somit der Blick in das Gebäudeinnere bis in den Museumsgarten hinein freigegeben. Das aufgehende Gebäude erhält eine helle, geschlämmte Klinkerfassade, die farblich in Nuancen differiert und somit den optischen Eindruck von Sedimentgestein, von gewachsenen Zeit/Schichten vermittelt. Mit gezielten, wenigen Fensteröffnungen, akzentuiert mit Faschen, werden Blicke aus dem Inneren des Gebäudes in die Stadt hinein ermöglicht. Das Staffelgeschoss in seiner besonderen Nutzung ist durch ein Reliefmauerwerk akzentuiert.

Blaue Stunde (Visualisierung: Gruppe GME / JN3N)
Schwarzplan (Zeichnung: Gruppe GME / JN3N)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Die Eröffnung des neuen Museums ist für das Frühjahr 2023 geplant.

Erweiterung des Stadtmuseums Oldenburg
Nichtoffener Ideen- und Realisierungswettbewerb

Auslober/Bauherr: Stadt Oldenburg, Oldenburg
Betreuer: BPW | baumgart + partner, Bremen
 
Jury
Prof. Rolf Schuster, Vors. | Peter Carl | Oliver Kilian | Peter Pütz | Christoph Roselius | Prof. Helga Sternkopf | Prof. Björn Kaiser | Carl Deters | Gabriele Nießen | Jürgen Krogmann | Dr. Nicole Deufel | Kurt Bernhardt | Ursula Burdiek | Thomas Theilsiefje

1. Preis
Architekt: Gruppe GME Architekten BDA, Achim, Bremen
Architekt: JN3N, Bremen
Freiraumplanung: Frenz Landschaftsarchitekten, Bremen
 
2. Preis
Architekt: kbg architekten bagge grothoff halupzok PartG mbB, Oldenburg
Freiraumplanung: nsp christoph schonhoff landschaftsarchitekten stadtplaner

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