west.side MI2 | Neue Industriearchitektur

Prof. Schmitz Architekten
12. 8月 2020
Blick auf das neue Bürogebäudes auf dem west.side Areal (Visualisierung: Prof. Schmitz Architekten)
Im Bonner Stadtteil Endenich soll der Neubau eines Bürogebäudes im Areal „west.side Office“ als Teil einer neuen Quartiersentwicklung realisiert werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?

Der ehemalige Produktionsstandort am westlichen Rand des Bonner Stadtteil Endenich ist geprägt durch seinen historisch-industriellen Charakter und bietet großes Potenzial für ein vielfältiges Stadtquartier mit hoher Lebens- und Arbeitsqualität. Das Baufeld MI 2, welches von der CORPUS SIREO Projektentwicklung Beteiligungs GmbH in diesem Areal erworben wurde, sticht besonders durch seine Lage am Quartiersplatz hervor, welcher identitätsstiftender Ort für die Nachbarschaft ist. 

Die Herausforderung des Qualifizierungsverfahren war es, eine passende architektonische Lösung für den Neubau eines modernen Bürogebäudes und die privaten Freiflächen zu entwickeln, die dem Standort am Quartiersplatz gerecht wird und eine Adresse schafft. Vorgegeben waren Kubatur und die durch das Büro Oezen-Reimer+Partner erstellten Grundrisse. Spielraum im Rahmen der „Leitlinien zur Gestaltung“ boten vor allem das Foyer mit Veranstaltungsraum, die Sockelzone, der Eingangsbereich mit barrierefreiem Zugang und die Detaillierung der Stützenstellung - somit insgesamt die Fassaden- und Freiraumgestaltung des Gebäudes.

Lageplan (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Wie organisieren Sie das Projekt?

Das Foyer bietet mit seinem repräsentativen Eingang einen zentralen, kommunikativen Treffpunkt für die Mitarbeiter und Besucher des Gebäudes. Ein offener, heller Eindruck des Eingangsbereichs wird besonders durch die Verbindung zum grünen Innenhof erzeugt.

Die zum Gebäude gehörenden Grünflächen sind nach den „Leitlinien zur Gestaltung“ für diese Bereiche entwickelt. Die äußeren Sockelzonen orientieren sich in der Höhe am Fußboden des Erdgeschosses. Der Geländeversprung zu den Straßen wird durch Mauerstreifen gefasst und die Vorzone ist zu allen Seiten begrünt. Das Gebäude öffnet sich zum Platz hin mit einer breiten Treppe sowie einer Rampe für den barrierefreien Zugang. Der private Innenhofbereich ist vom öffentlichen Straßenraum durch eine niedrige Mauer abgegrenzt. Diese ist mit dem Material der Fassade bekleidet und verbindet so die Gebäudeteile der Blockstruktur zu einer Einheit. Die lineare Struktur setzt sich im Innenhof fort. Hecken und Sträucher gliedern den Freiraum, Bäume spenden Schatten, langgestreckte Sitzelemente Muße oder Unterhaltung.

Massenmodell (Piktogramm: Prof. Schmitz Architekten)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?

Interessant an der Bearbeitung des Wettbewerbs war für uns vor allem der detaillierte Umgang mit der Fassade und damit die Erarbeitung einer adressbildenden Präsenz im Quartier. Durch die engen Wettbewerbsbedingungen fokussierte sich dann der Hauptteil unserer Aufgabe auf die Außenwirkung des Gebäudes und dessen Verknüpfung mit der Umgebung. 

Das neue Gebäude liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum bestehenden Fabrikgebäude am Quartiersplatz, welches Zeitzeuge des alten Industriestandortes ist. Es besticht durch seinen industriellen Charme, die feine Wechselwirkung unterschiedlicher rot-bräunlicher Farbtöne seines Ziegelmauerwerkes und die horizontale und vertikale Gliederung des Baukörpers. 

Mit diesem direkten Gegenüber kommuniziert die neue Fassade und verankert dadurch beide als wichtige Bausteine im Quartier. Die konkrete Auseinandersetzung mit dem Material der Fassade des neuen Gebäudes spielt hier eine große Rolle, denn sie nimmt die serielle Gliederung des Bestandsbaus auf und interpretiert diese neu.

Blick in den Innenhof (Visualisierung: Prof. Schmitz Architekten)
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?

Auch hinsichtlich des Fassadenmaterials wollten wir auf den gegenüberliegenden Ziegelbau reagieren. 

Daher fiel unsere Entscheidung auf eine hinterlüftete Vorhangfassade aus Keramikelementen mit hohem Vorfertigungsgrad und technischer Präzision in Geometrie, Farbe und Oberfläche. Große Fensterrahmenelemente (mit geringerem Montageaufwand als bei Einzelfenstern) bringen viel Licht in die Räume.

Das Besondere liegt in der Plastizität der gewählten Keramikelemente. Diese werden seriell und damit wirtschaftlich hergestellt, weisen aber trotzdem eine hohe Varianz in der dreidimensionalen Ausformung und einer fein abgestuften Farbgebung auf. Durch die unterschiedliche Profilierung verändert sich je nach Tageszeit, Blickwinkel und Sonnenstand die Wirkung und spielt mit den Themen Licht, Farbe und Materialität. Die versetzt angeordneten vertikalen Linien beleben die Struktur aus der Nähe, die sich aber aus der Ferne wieder zu einem harmonischen Ganzen fügt. 

Die intensive Beschäftigung mit keramischen Fassadenelementen in ihrer Plastizität und Fügung mit anderen Bauteilen haben uns neue Möglichkeiten der lebendigen Gestaltung von Fassaden aufgezeigt und unser Büro nachhaltig inspiriert.

Detail (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Geometrische Präzision (Quelle: NBK terracotta)
Glanz und Reflektion (Quelle: NBK terracotta)
Plastizität (Quelle: NBK terracotta)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Wir wurden vom Auslober beauftragt und bearbeiten momentan die Leistungsphase 3 im engen Austausch mit den Fachplanern, sodass Ende des Jahres die Abgabe des Bauantrags erfolgen soll. Ein genauer Fertigstellungstermin ist noch nicht festgelegt.

Ansicht Nordost (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Ansicht Nordwest (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Ansicht Südost (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Ansicht Südwest (Zeichnung: Prof. Schmitz Architekten)
Neubau eines Bürogebäudes auf dem west.side Areal in Bonn
Mehrfachbeauftragung
 
Auslober/Bauherr: CORPUS SIREO Projektentwicklung Beteiligungs GmbH, Köln, Heusenstamm
Betreuer: ulrich hartung gmbh, Bonn
 
Jury
Peter Berner, Vors. | Kerstin Hemminger | Benjamin Schümer | Prof. Fred Humblé
 
1. Rang
Architekt: Prof. Schmitz Architekten, Köln
 
2. Rang
Architekt: Lorber Paul Architekten, Köln
 
3. Rang
Architekt: Oezen-Reimer+Partner, Bonn
 
4. Rang
Architekt: RKW Architektur +, Düsseldorf, Leipzig, Münster, München, Berlin

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