Das Grüne Tal

caspar.
21. ottobre 2020
Eingang Mercedesstraße (Visualisierung: caspar.)
Im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt soll der Gebäudekomplex Q20 als gestaltprägendes Element im NeckarPark entstehen. Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?

Als Standort für das Olympische Dorf erwarb die Stadt Stuttgart im Jahr 2000 das Areal des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt. Doch nachdem sich London als Ausrichter der Spiele 2012 durchgesetzt hat, entwickelt Stuttgart nun die 22 hinzugewonnenen Hektare zum Wohn- und Gewerbegebiet NeckarPark – eine der größten innerstädtischen Entwicklungen als Modellprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung. Für das 8.400 Quadratmeter große Baufeld Q20, das sich am südlichen Eingang des Quartiers befindet, bestand die Aufgabe darin, Büro- und Handelsflächen und ein Hotel zu konzeptionieren.

Umgeben von prominenten Nachbarn wie dem Mercedes-Benz-Museum und der Porsche Arena sehen wir Q20 dabei als städtebaulichen Vermittler zwischen Solitären und Wohnbauten des neuen Quartiers. Kraftvolle Einschnitte teilen den Blockrand in drei skulpturale Gebäude, welche eine optimale Wegeverbindung mit den Nachbarn ermöglichen. Der öffentlich zugängliche Innenraum „Das Grüne Tal“ erfüllt dabei die hohen Erwartungen an Aufenthaltsqualität. 

Lageplan (Zeichnung: caspar.)
Wie organisieren Sie die Gebäude?

Die fünf- bis sechsgeschossigen Gebäude zeichnen sich durch eine klare Adressbildungen an der Mercedesstraße und Benzstraße aus. Die Erschließung erfolgt über den gemeinsamen Innenhof, welcher sich als Bindeglied mit der Umgebung versteht. 

Die als Dreibund ausgelegten Büros eignen sich für alle Büroformen. Hierbei ermöglichen Einschnitte entlang der straßenseitigen Fassaden optimalen Tageslichtkomfort. Die Büroflächen erfüllen durch die flexible Auslegung und den integrativen Technikansatz die Anforderungen für die gewünschten state-of-the-art Arbeitsplätze. Vertikale Kommunikation, durchwegungsfreie Abteilungsbereiche, kommunikative Zonen, Einzel-, Team- und Kombibüros sowie jegliche Form der kreativen Projektarbeit lassen sich problemlos abbilden. Die in zwei Gebäude unterteilten Bürobereiche (ca. 1.350m² BGF und 800m² BGF) lassen sich potenziell auch über eine Brücke miteinander verknüpfen, um auf besondere Mieteranforderungen zu reagieren. 

Das Hotel bekommt eine eigene Adresse entlang der Mercedesstraße. Der Zugang erfolgt allerdings über den zentralen Innenbereich. Die insgesamt 179 Hotelzimmer sind vertikal angeordnet. Eine klare interne Erschließung mit Ausblicken zeichnet das Interior aus. Die öffentlichen Bereiche befinden sich im Erdgeschoss, Fitness und Nebenräume sind im 1. Obergeschoss, die Wäscherei im Untergeschoss. Große Gastronomiebereiche sind zum Vorplatz hin orientiert. Das Café integriert sich in die Hotellobby.

Das Grüne Tal: Im Inneren verjüngen sich die Bürogebäude nach oben hin und ermöglichen den optimalen Tageslichteinfall bei gleichzeitiger Integration von ca. 40 % Fassadenbegrünung – es wird ein außergewöhnlicher Platz voller Licht, Natur und Leben geschaffen. (Grafik: caspar.)
Einbinden in die Umgebung: Der Blockrand wird in 3 Gebäude unterteilt, welche eine optimale Durchwegung von der Mercedesstraße zum NeckarPark ermöglichen und das permeable Prinzip der nördlich gelegenen Quartiere fortsetzt. (Grafik: caspar.)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?

Uns war die Balance zwischen Ästhetik und Nachhaltigkeit besonders wichtig. Wir konnten unsere Haltung zur Architektur zum Ausdruck bringen und einen lebendigen Ort für Mensch und Natur gestalten, eine Dorfstruktur mitten in der Stadt. Wir verstehen Q20 mit seinen Hauptnutzungen von Büro, Hotel und ergänzenden Angeboten zum Beispiel Restaurant, Café, Bäckerei, Kiosk, Handel, Fitness, Co-Working, und Mobilitätshubs als Stadtbaustein mit einer ebenso einfachen wie funktionalen Dorfstruktur aus Gassen, Plätzen und Häusern. Der Mensch und seine Bedürfnisse stehen dabei immer im Mittelpunkt. Diese Maxime wird im Inneren konsequent fortgesetzt: Die schräg geplanten Fassaden ermöglichen die Reflexion des Grünen Tals – für eine optimale Belichtung der Innenräume. Zudem sorgt die Begrünung für eine hohe Aufenthaltsqualität mit gesundem Mikroklima.

Innenhof (Visualisierung: caspar.)
Grundriss 4. Obergeschoss (Zeichnung: caspar.)
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?

Bei der Materialwahl spielen die Einbindung in die Umgebung und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Ebenso geht die Materialstrategie auf die spezifischen Belange des Bebauungsplanes ein, welcher eine 30%ige Fassadenbegrünung vorsieht. Die unterschiedlichen Nutzungen werden individuell zum Ausdruck gebracht und bilden gleichzeitig ein Ensemble. Orangefarbene vorgefertigte Fassadenelemente aus Faserbeton stärken den gewünschten warmen und freundlichen Charakter des Grünen Tals und betonen die Fassadenbegrünung im Innenbereich. Von Bedeutung waren außerdem Praktikabilität und eine gute Zugänglichkeit der Pflanztröge im Innenbereich. 

Fassadenschnitt Büro, innen (Zeichnung: caspar.)
Ansicht Benzstraße (Zeichnung: caspar.)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Die Fertigstellung ist vertraglich mit der Stadt Stuttgart für das Jahr 2024 vereinbart, da Q20 schallschutzrelevant für die nördlich befindliche Wohnbebauung ist. Derzeit stehen wir jedoch am Anfang des Projektes und sind mit der Zusammenstellung des Fachplaner-Teams beschäftigt. Das Projekt werden wir in BIM planen. Die Fertigstellung soll 2024 erfolgen.

Baufeld Q20 NeckarPark Stuttgart
Einladungswettbewerb
 
Auslober/Bauherr: FAY Projects GmbH, Mannheim
Betreuer: Seyler + Pärssinen ProjektPartner GmbH, Stuttgart 
 
Jury
Markus Müller, Vors. | Martin Feile | Mario Flammann | Prof. Dörte Gatermann | Dr. Detlef Kron | Jannis Merz | Angela Weiskopf | Elke Pahl-Weber | Jörg Baresel | Susanne Wehle-Faiss
 
1. Preis
Architekt: caspar., Köln, Hamburg
Energie, TGA, Tragwerk: Werner Sobek AG, Stuttgart, New York, NY (US), Moscow (RU), Berlin, Hamburg, Bomonti-Şişli/Istanbul (TR), Dubai (AE), Frankfurt am Main
 
ein 3. Preis
Architekt: HPP Architekten GmbH, Düsseldorf,Stuttgart, Leipzig, Köln, Hamburg, Frankfurt, München, Berlin, Istanbul (TR), Shanghai (CN), Shenzhen (CN), Beijing (CN) 
Landschaftsarchitekt: club L94, Köln 
 
ein 3. Preis
Architekt: Henning Larsen Architects, Kopenhagen(DK), Oslo (NO), Munich, Riyadh (SA), Gøta (FO)
Landschaftsarchitekt: ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner PartG mbB, Freising

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