Lückenschluss in Konstanz

Ulf Meyer
13. novembre 2019
Neue Synagoge von Konstanz (Foto: Manuel Martini)

In der Konstanzer Innenstadt am Bodensee stand bis zu ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten 1938 bereits ein jüdisches Gebetshaus. Auf der historischen Parzelle befand sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein Geschäftshaus. Die Stadt überließ der jüdischen Gemeinde das Grundstück sowie das Gasthaus „Anker“ als Platz für den Synagogenneubau, den Wilhelm und Hovenbitzer Architekten aus Lörrach entwarfen. An den Baukosten in Höhe von 5 Millionen Euro beteiligte sich Stadt Konstanz mit 155'000 Euro. 

Die Baulücken-Schließung ist ein Akt der Stadtreparatur und vervollständigt den Straßen- und damit Stadtraum. Das nur acht Meter breite Altstadt-Grundstück zwang die Planer einen „Dialog von historischen mit neuen Teilen der Synagoge“ zu suchen, so Architekt Frank Hovenbitzer. Das Gebäude beinhaltet einen großen sowie einen kleineren Gebetsraum, Gemeinderäume, eine Küche und eine Mikwe. Der Thoraschrein zeigt sich als plastisches Bauteil in der Fassade, der Davidstern im quadratischen Ostfenster ist zur Morgensonne orientiert. Die helle, klar strukturierte Architektur wird durch die in Israel gefertigten dunklen Einbauten ergänzt. Streitpunkt zwischen der orthodoxen Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz (IKG) und der liberalen Jüdischen Gemeinde Konstanz war zunächst, ob der Gebetsraum geschlechtergetrennt sein sollte, oder nicht. Man einigte sich auf eine Empore für die Orthodoxen und einen zusätzlichen Raum für die liberale Gemeinde, in dem gemeinsam gebetet wird – über Sakralraum, Büros und Bibliothek liegt die Frauenempore.

Der zweieinhalbgeschossige Synagogenraum wird durch Obergaden belichtet. (Foto: Manuel Martini)
Über Sakralraum, Büros und Bibliothek liegt die Frauenempore (Foto: Manuel Martini)

Das Gemeindezentrum liegt im Alt- und die Synagoge im Neubau, der sich einreiht und dennoch ein eigenständiges architektonisches Gesicht zeigt. Die Fassade der Synagoge reiht sich in Höhe den Stadthäusern ein, Form und Material unterscheiden sich aber. Der Neubau ist mit flachen 53 cm langen Ziegeln in zwei Farben verkleidet. Diesen sogenannten Kolumba-Ziegel hatte ursprünglich Peter Zumthor mit der dänischen Ziegelfabrik Petersen Tegl 2000 für den Neubau des Kunstmuseums des Erzbistums Köln entwickelt; heute wird das Steinformat in zahlreichen Projekten verwendet. 

In ihrem Entwurf für die neue Synagoge Konstanz wollten die Architekten „Spiritualität und Symbolwert“ ausdrücken, „als Toleranz, Offenheit und Konzentration nach innen und außen“. Als erster Synagogen-Neubau in Deutschland seit dem Anschlag in Halle muss ihm das gelingen, obwohl die Sicherheitsvorkehrungen spontane Besuche unmöglich machen.

Der Neubau ist mit flachen langen Ziegeln in zwei Farben verkleidet. (Foto: Manuel Martini)

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