Erneut siegreich: Kresings aus Münster holen den Titel „Bau des Jahres“ zum zweiten Mal in Folge

Katinka Corts
1. febbraio 2022
Bau des Jahres 2021 – Wohnen und Arbeiten im umfunktionierten Fabrikbau, Kreativbüro Kresings (Grafik: world-architects / Foto: Roman Mensing)

Den gesamten Januar lang konnten Sie über den Bau des Jahres 2021 abstimmen – wir freuen uns über die rege Wahlbeteiligung, die auch zum einen oder anderen Kopf-an-Kopf-Rennen geführt hat. Die deutliche Mehrheit aller Stimmen entfiel schlussendlich auf den Umbau einer Chemiefabrik im niedersächsischen Osnabrück. Kresings aus Münster zeichnen für das Projekt verantwortlich – unsere Sieger vom vergangenen Jahr. Auf dem zweiten Platz folgt ein Student*innenwohnhaus in Regensburg von Behnisch Architekten, den dritten Platz belegen Nattler Architekten mit dem Umbau und der energetischen Sanierung der Siegener Universität.

 

Foto: Jette Golz
Foto: tammen.de
Arbeits- und Wohnwelt in ehemaliger Fabrik

Bereits im Interview vergangenen Juli erklärte Kilian Kresing, dass die Inneneinrichtung und die verschiedenen Themenwelten von skandinavisch-minimalistisch über Disco und 1960er-Jahre-Bar bis zu den Open-Space-Arbeitswelten im industriellen Charme variieren. Doch nicht nur in seinem Inneren ist das Projekt abwechslungsreich und ungewöhnlich: Die vermeintlich historische viergeschossige Fassade ist frisch aufgebaut, mit Wasserstrichziegeln aus der Janinhoff-Klinkermanufaktur. Die fast 2500 m2 umfassende Klinkerfassade von 1897 war statisch und energetisch in einem zu schlechten Zustand, als dass man sie hätte erhalten können. Verblendet ist das Gebäude neuerdings dunkel – ein deutlicher Unterschied zur ursprünglich hellen Steinfassade.

Die Bauherrschaft Hageloft GmbH nahm rege teil am Gestaltungsprozess. So führten gemeinsame Workshops zu einer goldenen Rolltreppe, einer äußerst bunten Disco und Aufenthaltswelten in skandinavischem Design. Ungewöhnlich auch, dass die Bauherrschaft eine Sporthalle in das Projekt integriert haben wollte. Auf dem kleinen Pförtnerhaus, über das früher der Zugang zum Areal geregelt wurde, thront heute ein goldfarben verkleideter Kubus (TecuGold) mit großen Fensterflächen. Vier Meter weit kragt der Aufbau nun in Richtung Straße aus und dient als vielfältig nutzbare Halle für Veranstaltungen und Sport. Abgesehen von der Nutzung als Bürogebäude kamen in den Grundrissen auch 18 Wohnungen unter. Mit ihren großformatigen Fenstern und den gusseisernen Stützen bleibt auch in den 50–150 m2 großen Wohnungen die Dimension der alten Fabrik spürbar. Bäder, Küchen und Einbaumöbel haben die Planer*innen als kompakte Einsätze in den Wohnungen ergänzt.

 

2. Platz: Wohnhaus für Studierende, Behnisch Architekten (Foto: David Matthiessen)
Wohnen im Grünen für Studierende

In einem ganz anderen Themenfeld bewegt sich das von Ihnen zweitplatzierte Projekt. Das Regensburger Wohnhaus, in dem Studierende eine Bleibe auf Zeit finden, ist 2020 von Behnisch Architekten fertiggestellt worden und ging 2016 aus einem Wettbewerb als Sieger hervor. Das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz hat mit dem Neubau auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne inmitten denkmalgeschützter Bauten eine neue Wohnanlage für 204 Studierende erhalten. In 138 Einzelappartements, 17 Wohngemeinschaften à zwei Personen und 8 Wohngemeinschaften à vier Personen wird gewohnt, der Außenbereich kann dank ausgedehnten Grünflächen, einem geschützten Hof und Gemeinschaftsbereichen vielfältig genutzt werden. Mit der Erschließung des Neubaus werden über die Außenraumgestaltung auch die südlich angrenzende Franz-Mayer-Straße und der Grünzug im Norden durch einen neuen öffentlichen Fußweg verknüpft.

 

3. Platz: Sanierung Universität Siegen, Nattler Architekten (Foto: HGEsch Photography)
Universität Siegen auf dem Haardter Berg modernisiert

Den dritten Platz haben Nattler Architekten mit der Erweiterung und energetischen Sanierung des Hauptstandortes der Universität Siegen auf dem Haardter Berg erreicht. Bei der Modernisierung des im Hang gestaffelten, spätmodernen Gebäudekomplexes sollte zugleich der Bezug zur Stadt gestärkt werden, was die Architekt*innen beispielsweise in der Mensa mit davorliegender Terrasse umsetzten. Eine der wichtigsten Veränderungen war der Rückbau der auskragenden Balkone und die damit einhergehende thermische Sanierung, wie uns Thomas Höxtermann im Interview erklärte – mit ihnen wäre der Wärmestandard nicht erreichbar gewesen. Statt optischen Versprüngen und dem Blau der Fassade gibt sich die neue Hülle aus Alupaneelen ruhiger. Im Inneren der Anlage blieben optische Zeitzeugen erhalten, darunter das sichtbare Röhrensystem der Belüftungsanlage und die – nun heller und freundlicher wirkenden – Sichtbetonflächen.

Vielfalt auf den Rängen

Auf den weiteren Plätzen haben sich ganz unterschiedliche Projekte versammelt, alle stimmenmäßig recht nah beieinander. Die von Schlicht Lamprecht Architekten entworfene öffentliche Bücherei, die in ein ehemaliges Wohnhaus eingebaut wurde, findet sich hier genauso wie die Erweiterung der Berlin Metropolitan School von Sauerbruch Hutton und der Kulturbahnhof Aalen von a+r Architekten. Fast gleichauf folgen das Döbelner Schulzentrum „Am Holländer“ von Burucker Barnikol Architekten, die Kaufbeurer Feuerwehr von dasch zürn + partner, ein Geschäftsgebäude von Bollinger + Fehlig Architekten in Postdam sowie der Berliner Wohnkomplex Charlie Living von Graft.

Auch bei den Abstimmungen unserer Partnermagazine gab es in den vergangenen Wochen einen regen Wechsel in der Rangierung der beliebtesten Projekte. In Österreich hat das BFI Bildungshaus in Linz von Hertl.Architekten den ersten Platz erreicht, in der Schweiz der Umbau eines Flarzhauses von Saikal Zhunushova und in den USA die Sanierung der Martin Luther King Jr. Memorial Library in Washington von Mecanoo and OTJ Architects.

 

Wir gratulieren allen Preisträgern und danken Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für die rege Teilnahme an der Abstimmung!

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