Zeitlos modern

Architektur 109
15. luglio 2020
Blick auf Neubau von Nord-Osten mit seiner homogenen Klinkerfassade (Foto: Thomas Bock)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Ende 2018 wurde die neue Turn- und Mehrzweckhalle mit den Vereinsräumen des ortsansässigen Turn- und Sportvereins in Stuttgart-Uhlbach eingeweiht und in Betrieb genommen.

Die alte Sporthalle des TSV Uhlbach aus dem Jahr 1906 entsprach nicht mehr den heutigen Standards und wurde an selber Stelle durch den Neubau ersetzt. Ein neu angelegter Bolzplatz im Norden des Gebäudes ersetzt den alten Außenspielbereich und dient bei Veranstaltungen als Erweiterung der Parkplatzfläche.

Der zweigeschossige Neubau füllt mit mehr als dem doppelten Gebäudevolumen des Vorgängerbaus das Baugrundstück an der Uhlbacher Hauptverkehrsstraße komplett aus. Seine Proportion und Dachform nimmt auf örtliche Gegebenheiten Rücksicht und fügt sich, trotz seines prägnanten Hallenvolumens, zeitlos modern in die Ortsmitte Uhlbachs ein.

Blick in das Zugangsfoyer im Erdgeschoss (Foto: Thomas Bock)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Der zweigeschossige Klinkerbau setzt ein deutliches Zeichen als öffentliches Gebäude im Stadtraum Uhlbachs. Einfügen, ergänzen, Raum bilden – den Ort stärken.

Große Öffnungen in der Fassade zeigen aussen die Aktivitäten innen. Im Innern ist das Gebäude einladend kommunikativ. Zahlreiche Blick- und Wegebeziehungen zwischen den unterschiedlichen Funktionen im Gebäude schaffen einen Ort der Kommunikation und der Gemeinschaft.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Entwurf ist aus der intensiven Auseinandersetzung mit der engen und besonderen innerstädtischen Lage sowie dem problematischen Untergrund des Bauplatzes entstanden. 

An einem städtebaulich prominenten Standort, ist durch die Mehrzweckturnhalle, im Zusammenhang mit dem nahegelegenen Rathaus, der Kelter und der Kirche, eine weitere zentrale öffentliche Einrichtung in Uhlbach entstanden, die als Teil des Großen und Ganzen verstanden wird.

Hallenraum (Foto: Thomas Bock)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Der Entwurf ist aus einer Mehrfachbeauftragung als 1. Rang hervorgegangen. Dadurch hatte der Auftraggeber und die späteren Nutzer einen guten Vergleich zu unterschiedlichen Lösungsansätzen für die gleiche Bauaufgabe. Im Rahmen von regelmäßigen Planungssitzungen wurde der Entwurf positiv weiterentwickelt. Wirtschaftliche, funktionale und nutzerbedingte Detailfragen konnten über mehrere Jahre hinweg begleitend diskutiert und entschieden werden.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Die Setzung des Baukörpers, die Ausrichtung des Gebäudes zum öffentlichen Raum und die Platzierung des nördlich angrenzenden Bolzplatzes stand bereits in der Entwurfsphase grundsätzlich fest. Änderungen ergaben sich in der Durcharbeitung der Entwurfs- und Ausführungsplanung aus funktionalen und wirtschaftlichen Überlegungen heraus.

Detail Dachtragwerk über Hallenraum (Foto: Thomas Bock)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Eine besondere Herausforderung war der nicht ausreichend tragfähige Untergrund sowie die engen Grundstücksverhältnisse. Von den über 100 Gussrammpfähle die zur Gründung des Neubaus notwendig waren, wurden über die Hälfte thermisch aktiviert - d. h. für die Nutzung von Erdwärme ausgerüstet. Eine elektrisch betriebene Wärmepumpe bereitet die Erdwärme auf, womit die Räume und das Brauchwasser geheizt werden. Eine Photovoltaikanlage auf dem Schrägdach stellt u.a. den erforderlichen Strom der Heizung zur Verfügung.

Gymnastikraum im Obergeschoss (Foto: Thomas Bock)
Flur Vereinsräume mit Blick zum Hallenraum (Foto: Thomas Bock)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Wenige sinnlich-haptische Materialien prägen das Gebäude: Holz-Klinker-Beton-Terrazzo-Metall.

Die Auswahl und Verarbeitung der Baustoffe, deren Wertigkeit und Haptik, deren Oberflächen und handwerkliche Qualität waren wesentliche Kriterien bei der Planung und Umsetzung des Projekts. 

Die hochwertige Klinkerfassade unterstreicht die Bedeutung des Neubaus als öffentliches Gebäude im Stadtraum. In der Sporthalle, die gleichzeitig auch als Fest- und Veranstaltungshalle dient, wurde durch die Materialwahl und die zurückhaltende Gestaltung sämtlicher Einbauten versucht beiden sehr unterschiedlichen Nutzungen sowohl in Funktion, als auch Atmosphäre gerecht zu werden.

Lageplan (Zeichnung: Architektur 109)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Architektur 109)
Schnitt (Zeichnung: Architektur 109)
Mehrzweckturnhalle mit Gymnastikraum, Vereinsräume und angrenzender Bolzplatz
2018
Asangstraße 221
70329 Stuttgart-Uhlbach

Nutzung
Mehrzweckturnhalle, Gymnastikraum, Vereinsräume
 
Auftragsart
Hochbaumaßnahme, LPH 1-9 nach HOAI
 
Bauherrschaft
Landeshauptstadt Stuttgart, Amt für Sport und Bewegung vertreten durch Hochbauamt 65-5 Verwaltungs-, Sport- und Betriebsbauten
Projektleitung: Hochbauamt Stuttgart, Jahn Anders Horst-Kaiser 

Architektur
Architektur 109 - Mark Arnold + Arne Fentzloff - PartGmbB Freie Architekten BDA, Stuttgart
Assoziierte Mitarbeiter: Danny Tietze + Simon Otterbach
Projektleitung: Simon Otterbach
 
Fachplaner
Tragwerk: Knippers Helbig, Stuttgart / New York / Berlin
HLSE + Energiekonzept: EGS-Plan, Stuttgart
Außenanlagen: Geitz & Partner GBR, Stuttgart 
Bauphysik: Seeberger & Partner, Bietigheim-Bissingen
Baugrund/Geologie: Henke + Partner GmbH, Stuttgart

Ausführende Firmen
Rohbau: Wilhelm Keller GmbH & Co. KG, Denkendorf
Spezialtiefbau: Kurt Motz, Illertissen
Holzbau: Holzbau Kielwein GmbH, Eschach-Seifertshofen
Verglasung: MBO GmbH & Co. KG, Obersulm-Sülzbach 
Backsteinfassade: Klinker Kuntz GmbH, Illmenau
Metalldach: Dach + Wandsysteme, Montage GmbH, Lichtenau
Dachabdichtung: Müller Dach und Solar, Weinstadt
Prallwand: Vereinigte Holzbaubetriebe VHS, Memmingen
Holzdecken: Kneitschel GmbH & Co. KG, Colmberg
Sportboden: Willms GmbH, Wiesentheid
Terrazzo: Terrazzo-Beton GmbH, Hammelburg-Westheim
Küchentechnische Anlage: Großküchen Wenzel, Ansbach
Elektro: SE-Gebäudeautomation Elektro- und Installationstechnik  GmbH, Schorndorf
HS: Gas & Wasserleitungs-Geschäft Stuttgart GmbH, Stuttgart
Lüftung: WSH Wurzinger Klimatechnik GmbH, Schellendorf-Hilpertsweiler
Außenanlagen: Herthneck e.K. Garten- + Landschaftsbau, Sportstättenbau, Stuttgart
 
Hersteller
Fenster und Aussentüren: Wicona
Markisen Oberlicht: Warema Stoffmarkisen
Backstein: Petersen D71 Tegl Egernsund, DK
Metalldach Aluprofilbahnen: Kalzip GmbH
Holzdecken: Lignotrend
Sportboden Halle: Flächenelastischer Sportboden mit Eicheholzoberbelag, Willms GmbH
 
Energiestandard 
Für die Mehrzweckturnhalle Uhlbach wurde ein Energiekonzept umgesetzt, das eine besonders innovative Art der Erdwärmenutzung umfasst. Die ohnehin erforderlichen Gründungspfähle der Halle wurden thermisch aktiviert, d.h. für die Nutzung von Erdwärme ausgerüstet. Die Erdwärme wird von einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe für die Raumheizung und für die Unterstützung der Trinkwarmwassererwärmung aufbereitet. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt lokal Strom aus der Sonne und stellt diese elektrische Energie der Wärmepumpe im Rahmen einer Eigenstromnutzung direkt zur Verfügung.
 
Bruttogeschossfläche
1.687 m²
 
Gebäudevolumen
8.032 m³
 
Kubikmeterpreis
436 €/m³
 
Gebäudekosten
ca. 3.500.000 € KG 300 + 400 netto
 
Gesamtkosten
k.A.
 
Fotos
Thomas Bock, Stuttgart

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