Schwimmen unterm Holzdach

4a Architekten
13. febbraio 2019
Das neue Stutensee-Bad von 4a Architekten (Bild: David Matthiessen)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Stutensee-Bad ist ein kommunales Schwimmbad, also ein Bad sowohl für den Schul- und Vereinssport als auch für die allgemeine Bevölkerung. Diese Nutzergruppen haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen. Unser Ziel war es, für jeden etwas zu bieten, trotz der räumlichen Einschränkungen und des begrenzten Budgets. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden. Im Stutensee-Bad kommen sowohl die Sport- und Freizeitschwimmer auf ihre Kosten als auch Familien mit kleinen und großen Kindern. Wir haben großen Wert auf die Aufenthaltsqualität im Bad gelegt: So kann der Sportler in ruhiger Umgebung ungestört seine Bahnen ziehen, während sich Familien in der atmosphärischen Badehalle entspannt aufhalten können.

Der Stiefelgang mit den farbigen Glasspinden (Bild: David Matthiessen)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Die Grundstücksgröße, das geforderte Raumprogramm und die Kostensituation begrenzte leider unseren Gestaltungsspielraum. Dennoch war unser Anspruch, dem Bad eine eigene Identität zu verleihen. Versuchen Sie mal, aus einer pragmatischen Form wie einer Schuhschachtel etwas Besonderes zu machen! Unser Ansatz war es, den Baukörper spielerisch zu entwickeln. Wir haben die einzelnen Elemente aufgeklappt, gefaltet, runtergeklappt, in zwei Teile zerlegt und ineinander geschoben – bis am Ende die finale Form stand: Zwei ineinander verschobene Baukörper, die in Form und Materialität ineinander greifen, mit unterschiedlichen Raumhöhen, großformatigen Öffnungen, aber auch geschlossenen Elementen. Von außen verzahnen sich die Volumen durch ein umlaufendes Band der Stahlblechfassade miteinander. Das wirkt optisch wie eine Klammer und verleiht dem Bad ein signifikantes Gestaltungselement. Der Innenraum wird maßgeblich von der Tragwerks- und Dachkonstruktion aus Holz geprägt, welche mit Lamellen verkleidet für Wohlfühlambiente sorgt.

Sichtbeton, Holz, Glas und farbige Mosaikfliesen verleihen der Badehalle Atmosphäre (Bild: David Matthiessen)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Bad liegt zwischen einem Schul- und Sportzentrum und dem neuen Festplatz am Ortsrand von Stutensee. Mit unserem Entwurf wollten wir der geschlossenen und kompakten Bauweise der benachbarten Sporthalle ganz bewusst etwas entgegensetzen – das Bad sollte auch von außen offen und einladend wirken. Dafür haben wir drei Seiten, insbesondere die Eingangsseite nach Westen, transparent und durchlässig gestaltet. Die großzügige Verglasung zur Straßenfront ermöglicht Einblicke in die Badehalle und ins Foyer. Zudem markiert die vorgelagerte, repräsentative Freitreppe aus Sichtbeton klar die Eingangssituation und bietet Schülern einen attraktiven Warte- und Aufenthaltsbereich im Freien. Durch das Flachdach, das Oberlichtband und die hellen Fassadenflächen wirkt der Baukörper insgesamt leichter. Und nicht zuletzt verleiht die erhöhte Lage, bedingt durch den hohen Grundwasserspiegel, dem Baukörper im Außenraum eine gesteigerte Präsenz. Im Innenraum sorgt dies für mehr Privatheit und einen ungestörten Blick ins Grüne.

Die transparente Gestaltung der Badehalle bindet den Außenraum ein und verleiht dem Raum Großzügigkeit (Bild: David Matthiessen)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Das Bauprojekt war von Seiten des Auftraggebers, also der Stadt Stutensee, bereits sehr gut vorbereitet. Für den Wettbewerb wurde in Zusammenarbeit mit Vereinen, Schulen und auch der Bevölkerung ein Raumprogramm entwickelt, das als Entwurfsgrundlage diente. Nachdem wir die Bauherrschaft mit unserem Wettbewerbsentwurf überzeugt hatten, gab es im Grunde keine Änderungen mehr. Von Seiten der Bauherrschaft kam lediglich der Wunsch, die geplante Holzfassade durch ein anderes Material zu ersetzen. Der gesamte Planungs- und Bauverlauf war von einem guten Miteinander zwischen Bauherrschaft, Nutzer und Planern geprägt – und es hat uns viel Spaß gemacht, gemeinsam an einer guten Lösung zu arbeiten. 

Auch Familien kommen durch Freizeitbecken mit Rutsche und Planschbecken auf Ihre Kosten (Bild: David Matthiessen)
Blick aus dem Foyer in die Badehalle (Bild: David Matthiessen)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Die Gemeinde Stutensee hat sich mit dem Projekt für das Förderprogramm Nachhaltiges Bauen in Baden-Württemberg NBBW beworben und den Zuschlag erhalten. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Förderprogramm waren allerdings Rohbau und Holzbau für Tragwerk und Dach bereits ausgeschrieben. Natürlich haben wir das gesamte Projekt unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeitskriterien im staatlich geförderten kommunalen Hochbau nochmals genau unter die Lupe genommen. Fakt ist, dass die gute Projektvorbereitung, die klare Grundriss-Organisation sowie die kompakte und ökonomische Bauweise, der hohe Vorfertigungsgrad sowie der hohe Anteil an natürlichen Baustoffen  bestens mit den Kriterien aus dem Förderprogramm NBBW einherging. Im Detail hatte das Förderprogramm an der einen oder anderen Stelle aus unserer Sicht einen sehr positiven Einfluss auf die finale Materialentscheidung. Beispielsweise wurden in den Umkleiden hochwertige Glasspinde anstelle von HPL-Spinden eingebaut, und auch beim Fassadenmaterial beruhte die Entscheidung „Stahl versus Aluminium“ auf den nachhaltigen Eigenschaften der Materialien. Im Grunde haben wir das Stutensee-Bad von Anfang an so nachhaltig geplant, dass auch nach der Aufnahme ins Förderprogramm keine großen Stellschrauben mehr gedreht werden mussten.

Die repräsentativen Sichtbetonstufen an der Eingangsfront des Stutensee-Bades bilden einen attraktiven und teils geschützten Aufenthaltsbereich (Bild: David Matthiessen)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Die Kombination aus Sichtbeton und Holz als zentralem Konstruktions- und Gestaltungselement verleiht dem Gebäude eine ruhige und warme Atmosphäre. Farbige Fliesen und Glasspinde lockern die dezente Gestaltung auf und setzten kräftige Akzente. Die ruhigen Materialien und frischen Farben wurden von uns präzise und bis ins Detail aufeinander abgestimmt – nur so gelingt es, (unverwechselbare) Atmosphäre zu schaffen.

Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt
Stutenseebad
2018
Erich-Kästner-Straße 3
76297 Stutensee

Auftragsart
VgV Verfahren

Bauherrschaft
Stadt Stutensee
 
Architektur
4a Architekten GmbH, Stuttgart
Planung: Anke Pfudel-Tillmanns (Projektleitung), Kateryna Shelegon
Ausschreibung und Vergabe: Markus Christ, Simone Mann, Silvia Nanz und Jan Vollstedt
Bauleitung bis 12/2017: Philipp Schmid
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: Fischer + Friedrich Ingenieurges. für Tragwerksplanung mbH, Fellbach
Bauphysik: Kurz und Fischer GmbH Beratende Ingenieure, Winnenden
Brandschutz: Ralf Kludt Dipl.-Ing. (FH), Stuttgart
HLS: IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH, Pforzheim

Bauleitung ab 01/2018
2Plus Baumanagement, Stuttgart
 
Ausführende Firmen
Holzbau: Müllerblaustein Holzbauwerke, Blaustein
Fliesen: Fliesen Röhlich GmbH, Wendelstein
Rohbau: C. Dupré Bau GmbH & Co. KG, Speyer
Elektro: Sauter Elektrotechnik GmbH & Co. KG, Bretten

Hersteller
Fassade: Metallfassade Domico
Bodenbelag: Feinsteinzeug (Quarzit) von Agrob Buchtal 
Putz/Wandbeschichtung: akustisch hinterlegte Holzlamellen
Wandfliesen: Glasmosaik - Trend
Fliesen (Chroma) - Agrob Buchtal
Deckensysteme, Akustikdecken: akustisch hinterlegte und gelochte Seekieferdecke, akustisch hinterlegte Holzlamellen
Beleuchtung: Bega, XAL, Frischlicht, innotec
Möblierung: Tische, Modell FRED - Arper SPA über Schunk Interieur GmbH - The RelaxFactory / Stühle, Modell twin – Brunner GmbH über Meindschmidt Raumkonzepte, Böblingen
Trennwandsysteme: Glas-Wechselkabinen und -Spinde, Schäfer Trennwandsysteme
Textilien: Silent Gliss, Colorama 2 Bioactive über Meindschmidt Raumkonzepte, Böblingen
Sanitärkeramik: Duravit, Keramag, Villeroy & Boch
Armaturen: Franke (Protronic-S, Aquatimer + Aquajet Comfort)
Lichtschalter/Elektroinstallation: Albrecht Jung GmbH & Co. KG
Wassertechnik: Wassertechnik Wertheim

Energiestandard
Das Gebäude wurde gemäß den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) vom 18.11.2013 errichtet.
Endenergiebedarf Wärme: 221 kWh/m²a
Endenergiebedarf Strom: 42 kWh/m²a
Primärenergiebedarf Gesamtgebäude: 255 kWh/m²a
Anforderungswert Primärenergiebedarf: 346 kWh/m²a 
Unterschreitung Anforderungswert: rd. 26 %
 
Bruttogeschossfläche
ca 3.260 m²
 
Gebäudevolumen
ca. 15.395 m³

Gebäudekosten
ca. 7.000.000 € (KG 300 + 400)

Gesamtkosten
ca. 10.000.000 € (KG 200 bis 700)

Fotos
David Matthiessen

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