Eisenbahnmuseum mit Signalwirkung

Max Dudler
22. luglio 2020
Inselartig zwischen den Gleisen gelegen, fügt sich der Neubau in das ehemalige Bahngelände des Eisenbahnmuseums ein. (Foto: Stefan Müller)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Aufgabe war es, dem Freilichtmuseum einen bisher fehlenden, klar erkennbaren Eingang zu geben. Der skulpturale Bau des Empfangsgebäudes wird zum weit ausstrahlenden Leuchtturm für das Eisenbahnmuseum und fügt es in das Netz industriekultureller Denkmäler der Region ein, das mit seinen Zechen, Gasometern und Eisenbahnanlagen an die Geschichte von Bergbau und Industrie erinnert. Unser Ansatz war es, mit zeitloser Architektur einen Ort zu schaffen, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Bahn verkörpert und miteinander verbindet. Das Museum vermittelt mit seiner Vielzahl an Exponaten ein Verständnis für die (Erfolgs-)Geschichte der Bahn. Wir wollten den Blick auf jeden Fall auch auf das Zukunftspotential der Bahn lenken.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Sowohl in seiner Formgebung als auch in seiner Materialität ist das Empfangsgebäude eine Referenz an die Typologien von Bahngebäuden und die industriell geprägte Umgebung. Unser Entwurf nimmt die industriekulturelle Geschichte des Ortes auf und verdichtet sie in monolithisch gefügten Backsteinmauern. Die Atmosphäre des Ortes transportiert sich über das Material.

Das Zusammenspiel von Ziegel, Beton und Holz schafft eine spannungsvolle, von der Haptik der Materialien lebende Atmosphäre. Für den Ort entworfene Möbel aus Eichenholz erinnern an das Material alter Bahnschwellen. (Foto: Stefan Müller)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Bislang fehlte dem Eisenbahnmuseum in Bochum ein markanter Besuchereingang. Das neue Empfangsgebäude übernimmt mit seinem Turm Signalfunktion und wird gleichzeitig zum Foyer und Auftakt des Außengeländes des Museums. Topografisch verbindet das Empfangsgebäude den neu geschaffenen Bahnsteig als Ort des Ankommens mit dem tieferliegenden Außengelände des Museums. Inselartig liegt es inmitten der beidseitig umgebenden Bahngleise und kann sowohl zu Fuß als auch per Museumsbahn erschlossen werden. Durch seine Kubatur setzt der Bau das Lineare scheinbar unendlicher Bahngleise in Szene. Ein langgestreckter Raum dient als Galerie mit ersten Ausstellungsstücken und leitet den Besucher zum Eingang auf das Museumsareal. Der Turm hingegen spiegelt die Linearität in die Vertikale und lenkt den Blick in die Höhe.

Die monolithische Figur inszeniert die Linearität scheinbar unendlicher Bahngleise. (Foto: Stefan Müller)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Von Anfang an stand für den Bau nur ein kleines Budget zur Verfügung. Das hat den Entwurf auf seine wichtigsten Merkmale und Qualitäten reduziert. Diese notwendige Reduktion kommt unserer Architektur durchaus entgegen, die stets auf wenige, präzise Details konzentriert ist und in der Materialität und deren skulpturale Wirkung immer eine wesentliche Rolle spielen. Der Bau für das Eisenbahnmuseum Bochum beweist, dass auch mit begrenzten finanziellen Mitteln gute zeitlose Architektur entstehen kann, wenn Bauherrn und Nutzer ein Bewusstsein für architektonische Qualität haben.

Der Entwurf setzt auf reduzierte Details und die Atmosphäre des Materials. In den Ziegelwänden des Baus verdichtet sich die industrielle Geschichte des Ortes. (Foto: Stefan Müller)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Der Turm war ursprünglich als Aussichtspunkt geplant, der über Treppen und einen Aufzug im Inneren erschlossen werden sollte. Diese Idee mussten wir leider aus finanziellen Gründen aufgeben. Der Turm als skulpturale Landmarke ist geblieben. Im Inneren des Turms hat sich ein atmosphärischer räumlicher Auftakt entwickelt, ein nach oben offenes Entrée, das mit seinem Blick in den Himmel die Unendlichkeit von Bahngleisen in die Vertikale spiegelt.

Der komplett leere, nach oben offene Vorraum wird zum eindrücklichen Auftakt des Empfangsgebäudes. (Foto: Stefan Müller)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

In unserem Entwurf spielt das Material eine klare Hauptrolle. Der verwendete regionale und ortstypische Kohlebrandziegel wurde mit rötlichem Mörtel verfugt. So entsteht eine zeitgenössische Neuinterpretation des traditionellen Ziegelverbands. Mit ihren unterschiedlichen Farbschattierungen entfaltet die Oberfläche eine reliefartige Tiefenwirkung und stärkt den skulpturalen Charakter des Gebäudes. Auch der Innenraum entfaltet mit seinen rohen Sichtbetonwänden und der offen verlegten Technik industriellen Charakter. Die eigens von Max Dudler für den Ort entworfenen Möbel aus Eichenholz bilden einen spannungsreichen Kontrast zum kühl anmutenden Beton und verweisen auf die Materialität alter Bahnschwellen.

Lageplan (Zeichnung: Max Dudler)
Grundriss (Zeichnung: Max Dudler)
Schnitt (Zeichnung: Max Dudler)
Empfangsgebäude Eisenbahnmuseum Bochum
2019
Dr-.C.-Otto-Straße 191
44879 Bochum
 
Auftragsart
Wettbewerb 2015, 1. Preis
 
Bauherrschaft
Stadt Bochum
 
Architektur
Max Dudler, Berlin
Projektleiter: Simone Boldrin, Roberto Aruta
Mitarbeiter: Kilian Teckemeier, Katharina Laekamp, Guido Porta
 
Bauleitung
Vervoorts & Schindler Architekten BDA
 
Fachplaner
Tragwerksplaner: ZPP Ingenieure AG, Bochum
TGA: ISW Ingenieur GmbH Schmidt & Willmes, Bochum
Elektroplanung: ISW Ingenieur GmbH Schmidt & Willmes, Bochum
Bauphysik/Akustik: ZPP Ingenieure AG, Bochum
Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft mbH, Essen
 
Bruttogeschossfläche
820 m²
 
Gebäudevolumen
4.170 m³
 
Gesamtkosten
k.A.
 
Fotos
Stefan Müller

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