Kreislauffähigkeit setzt neue Maßstäbe

Martina Metzner
17. janvier 2023
Innenarchitektin Dorothee Meier (meierei) leitete eine Experten-Tour von World-Architects (Foto: Mathias Duerr / World-Architects)

Circularity, also Kreislauffähigkeit, war das große Thema der diesjährigen Heimtextil, die vom 10. bis 13. Januar mit 2.400 Ausstellern und 44.000 Besuchern auf dem Messegelände in Frankfurt am Main stattfand. Fast kein Hersteller, der sich nicht Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Und auch die Besucher suchten verstärkt nach ökologischen und sozial verantwortbaren Heimtextilien und Tapeten. Während man beim Thema Recycling schon weiter ist, stellt Circularity jedoch die Branche vor neue Herausforderungen. 

Zu sehen war das etwa beim Objektanbieter Trevira, der für seine flammhemmenden Garne bekannt ist. Die Marke des indischen Herstellers Indorama hat mit 16 Webereien und Wirkereien einen Gemeinschaftsstand in Halle 4.0 belegt. Schon länger hat das Unternehmen mit Trevira CS eco Garne auf dem Markt, die einen Recyclinganteil haben und zu denen es Rücknahmesysteme gibt. Das Projekt, den Kreislauf hundertprozentig zu schließen, ist derzeit noch in Entwicklung. Hierbei geht es um einen chemisch recycelten Rohstoff, basierend auf zerkleinerten und depolymerisierten PET-Flaschen. In Verbindung mit Bio-Monoethylenglycol ist der Rohstoff flammhemmend und das Garn wird gefertigt.

Im Trend Space drehte sich alles um Circularity (Foto: Messe Frankfurt / Pietro Sutera)
Recycelte Akustikstoffe

Der Schweizer Anbieter Deco Design Fürüs hat mit seiner Ocean Safe-Kollektion schon seit einigen Jahren Cradle-to-Cradle-zertifizierte Vorhangstoffe im Portfolio. Neu ist, dass die zweite Generation nicht mehr petro- sondern biomassebasiert sein soll. Für die Vorhangstoffe bietet Fürüs auch ein Rücknahmesystem an. Außerdem präsentiert das Unternehmen nun verstärkt Objekttextilien unter der Linie „PRO-contract fabrics“. Gebrüder Munzert zeigte mit „Sensus“ eine neue Akustik-Vorhang-Linie, die zu 70% aus recycelten flammhemmenden Garnen besteht und besonders durch die dünne und leichte Qualität überzeugt. Auch beim türkischen Anbieter Vanelli wird schon seit längerem auf Nachhaltigkeit geachtet: Nicht nur verwendet Vanelli recycelte Materialien, auch in der Produktion wird auf Wassersparen geachtet. Außerdem kooperieren sie mit dem Fairtrade-Label Better Cotton

Die Tapetenfabrik Marburg bringt mit „Terra“ aus der Linie „Essentiel“ eine Lehmtapete heraus. „Der Lehm wird nur 40 Kilometer von unserem Standort Kirchheim entnommen und verarbeitet – keine Zusätze“, so Chefdesigner Felix Diener. Norafin hingegen zeigte mit „Extra Organic“ seine Kollektion aus Flachstapeten – daneben auch die Kollektion „Organoids“, die Agrarstoffe wie Stroh oder Heu auf Tapeten bringen. Libeco, ein belgischer Anbieter, hat sich auf Leinen spezialisiert. Am Stand erfuhr man, wie ökologisch und CO2-freundlich das Produkt ist, da Flachs im Anbau nur wenig Wasser verbraucht und in Europa kultiviert wird. 

Lehm-Tapete „Terra“ von Marburg (Foto: Marburg)
Circularity im Trend Space

Der diesjährige Trend Space der Heimtextil wurde von der britischen Agentur Franklin Till mit Blick auf Materialkomposition und Circularity gestaltet. Zum einen ging man auf den technischen, zum anderen auf den biologischen Kreislauf ein: Modularität, Monomaterialtät und Demontage-freundliches Design also, genauso wie überraschende Verfahren, um vorhandene Materialien neu zu nutzen. Für den biologischen Kreislauf eröffnen sich die Themen „From Earth“ und „Nature Engineered“. Bei „From Earth“ handelt alles über organische Materialien und natürliche Färbeweisen – das alles dementsprechend in erdigen Tönen. Bei „Nature Engineered“ geht es um die mechanische Aufwertung von natürlichen Materialien – in Farben wie Braun, Beige, Grau und Grün. Tapetenanbieter wie Hohenberger reagierten darauf und hatten gar den ganzen Stand in Grün getaucht. Auch Drucke aus der Natur wie Farne und Gräser waren beliebt – etwa zu sehen bei Vanelli, dem Stoffanbieter Apelt oder dem französischen Anbieter Sotexpro, der 2021 die deutsche Marke Drapilux gekauft hat. 

Während Nachhaltigkeit und Akustik nach wie vor die Spitzenthemen sind, gesellt sich eine weitere Tendenz dazu. Durch die steigenden Energiepreise, wird nämlich das Thema Energie durch Stoffe und Tapeten ein Thema. So zeigte etwa der deutsche Hersteller MPOTec eine Tapete, mit der man sparend heizen kann – sie ersetzt vollwertig eine Heizung und besteht unter anderem aus leitfähigem Graphit. Die Heiztapete kann man überstreichen oder verputzen. Und Marburg hat mit „Celsius“ eine Tapete mit Aluminium-Partikeln im Programm, mit der man die Heizung um zwei Grad Celsius bei gleich gefühlter Raumtemperatur runterdrehen kann.

Ein großer Besuchermagnet war die neue Interior.Architecture.Hospitality LIBRARY, die für Innenarchitekten und Architekten kuratierte Ausstellermaterialien zeigte. Hier sah man eine Auswahl von Textilien fürs Objektgeschäft, die schwer entflammbar, schalldämmend, lichtbeständig, antimikrobiell oder wasserabweisend sind. Weiterhin ergänzten Talks und Tours das Angebot – darunter auch die von World-Architects organisierten Vorträge und Führungen namhafter Innenarchitekt*innen, die großen Zuspruch erfuhren und einen kompakten Einblick ins Messegeschehen boten.

Natürliche Materialien wie Leinen – hier vom belgischen Anbieter Libeco – standen im Fokus (Foto: Mathias Duerr / World-Architects)

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