Sechs Wohnhöfe an der Oker

Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!
19. avril 2023
Vision der Transformation des Klinikums Holwedestraße in Braunschweig in ein Wohnquartier (Zeichnung: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Die Stadt Braunschweig beabsichtigt, das voraussichtlich 2024 freiwerdende Areal des Klinikums Braunschweig an der Holwedestraße in dessen Nachnutzung zu einem hochwertigen Wohnquartier zu entwickeln. Welche Antworten gibt Ihr Entwurf auf die Frage, die der Wettbewerb stellt?

Der Wettbewerb stellt die Frage nach einem multifunktionalen Wohnquartier an der Schnittstelle zwischen einer gründerzeitlichen Stadtkante und der Oker. Prägendes Element des Geländes sind mehrere historische Gebäude des bestehenden Holwede Krankenhauses und der für Braunschweig prägende Landschaftsraum Oker. 

Der Entwurf greift die Struktur der angrenzende gründerzeitlich Blockrandbebauung auf und führt sie in einer Mischung aus historischen und modernen Gebäuden weiter. Durch den Rückbau von Gebäuden im unmittelbaren Uferbereich der Oker wird der Landschaftsraum entlang der Oker wieder hergestellt und für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Braunschweig als Naherholungsraum gestärkt.

Die neuen Bebauungsstruktur sieht ein lebendiges Neben- und Miteinander verschiedener Nutzungen vor. Es entstehen Wohnhöfe für unterschiedlichste Wohnformen, ein Werkhof, ein Bildungshof, ein Stadtplatz mit angrenzenden Quartierzentrum sowie ein Hof für Kinder mit einer angrenzenden Kita. Durch dieses Neben- und Miteinander entsteht lebendiges multifunktionales Wohnquartier. 

Lageplan (Zeichnung: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?

Wichtig waren uns im Umgang mit dem Kontext insbesondere zwei Punkte. Zum einen die räumliche Erweiterung des Landschaftsraums Oker sowie dessen respektvolle Nutzung für die Bewohnerinnen und Bewohner des zukünftigen und der angrenzenden Quartiere. Hier sind beispielhaft die Entwicklung eines Naturpfads der den gesamten Landschaftsraum entlang der Oker durchzieht und so das Rückgrat einer Parklandschaft bildet sowie die Integration von neuen Zugängen zum Wasser in unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten, zu nennen. 

Zum anderen die Verzahnung der angrenzenden Bebauung mit dem erweiterten Landschaftsraum. Die Parklandschaft an der Oker erweitert sich hin zur angrenzenden Bebauung und bilden dort Grüntaschen mit besonderen Flächen zum Aufenthalt aus, sodass die jetzt schon vorhandene hohe freiräumliche Qualität gestärkt werden kann. Die grünen Taschen verknüpfen den Landschaftsraum mit der gebauten Stadt und vernetzen darüber hinaus den Landschaftsraum Oker mit den angrenzenden Grünflächen im westlichen Rindgebiet. Der öffentliche Landschaftsraum entlang der Oker wird durch privatere Bereiche in den Innenhöfen der Blockrandbebauung ergänzt. Hier laden grüne Höfe mit Gemeinschaftsgärten, Spielflächen, Wiesen und Bäumen zum Spielen, Verweilen und Entspannen ein. 

Verzahnung (Piktogram: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Grün (Piktogram: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Wie organisisieren Sie das künftige Wohnquartier?

Der Entwurf strukturiert sich in sechs Höfe entlang des Königsstiegs, der Holwedestraße und der Freisestraße. Durch die Symbiose von Bestand und Neubau erhält jeder dieser Höfe einen eigenen Charakter und Charme. 

Mit dem Ziel eines nachbarschaftlichen Wohnquartiers steht die Nutzung des Wohnens in unterschiedlichen Formen in allen Höfen im Vordergrund. Ausnahmen bilden die beiden Höfe nördlich des Quartiersplatzes. Diese Höfe fungieren als Campus der Berufsschule sowie als Spiel- und Freifläche der KiTa. An exponierten Stellen, wie beispielsweise. am Quartiersplatz oder an der Sidonienstraße werden die Höfe durch emissionsarme gewerbliche Nutzungen ergänzt. 

Jeder Hof nimmt zusätzlich zu den freifinanzierten auch geförderten Wohnungen auf, um eine soziale Mischung im Quartier zu gewährleisten. Dazu gehört zum Beispiel Studierendenwohnen, Wohnen für Auszubildende und Berufsschülerinnen und Berufsschüler, betreutes oder gemeinschaftliches Wohnen, genauso wie Wohnungen für Alleinerziehende und für Familien. In den Erdgeschossen der neuen Bebauung werden keine privaten Wohnungen, sondern Funktions- und vor allem Gemeinschaftsräume untergebracht. Diese fördern den lebendigen und natürlichen Austausch sowohl untereinander als auch mit der Umgebung. 

Modell (Foto: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Können Sie uns durch das neue Quartier führen als ob es schon fertiggestellt wäre?

Im Süden des Quartiers befindet sich ein Werkhof, der im Erdgeschossareal verschiedene gewerblich-gastronomische Nutzungen aufnimmt und somit dem Hof einen Arbeits- und Geschäftigkeitsflair verleiht. In den Obergeschossen werden unterschiedliche Wohnformen angeboten. Zusätzlich dient dieser Werkhof mit seiner umgebenden Architektur als südliche Eingangssituation für das gesamte Quartier. Hier beginnt der Okerwanderweg mit Naturpfad, der den Menschen das Biotop Oker näherbringen soll.  
 

Darauf folgt der historische Altbau des Krankenhauses, welcher in die Funktion Wohnen überführt wird. Hier entstehen Wohnungen mit Charme und Charakter. Wer kann von sich schon behaupten in einem alten Krankenhaus zu wohnen? Ganz bewusst wird hier der Grünraum der Oker in den Innenhof der Holwede hineingezogen. Dieser Innenhof hat einen Zugang zum Wasser über ein schwimmendes Holzdeck und sensibel in die Landschaft integrierte Sitzgelegenheiten. Raus aus der lebendigen Stadt, ran an die Oker und hinein in die Ruhe der Natur. 
 

Die beiden nördlich anschließenden Höfe können als reine Wohnhöfe betrachtet werden. Hier befinden sich unterschiedliche Wohnformen angeordnet um halb-öffentliche Innenhöfe. Die Höfe laden die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner zum Spielen, Gärtnern, Treffen und Relaxen ein. 
 

Zentral im Quartier befindet sich der Quartiersplatz: Ein zukünftiger Treffpunkt, der als Multifunktionsfläche gedacht werden muss. Verschiedenste Aktivitäten, Veranstaltungen oder Interventionen finden hier je nach Bestreben der Bewohnerinnen und Bewohner ihren Platz. Hier kommen die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers zusammen, hier findet ein Wochenmarkt statt, hier ist Raum für Begegnung, Versorgung und Austausch. 
 

Die folgenden beiden Höfe werden durch den Campus der Berufsschule sowie durch die KiTa definiert. Die Kindertagesstätte fungiert als Bindeglied zwischen der Berufsschule und der angrenzenden, überwiegend privaten Bebauung. Mit ihrem Spielhofgarten ist die KiTa ein Mitspieler in der Reihung der Höfe an der Oker für die kleinsten Bewohner und Bewohnerinnen des Quartiers. 

Der nördlichste Hof des Quartiers dient wiederum als reiner Wohnhof. Als Pendant zum Verwaltungsbau des Georg-Eckert-Instituts am Ausgang des neuen Quartiers wird ein weiterer baulicher Hochpunkt gesetzt. 

Wohnhöfe an der Oker (Visualisierung: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Was wird die Qualität des neuen Wohnquartiers ausmachen?

Das neu entstehende Holwede-Quartier als ein dynamisches Wohnquartier und neues Bindeglied zwischen Braunschweiger Innenstadt und westlichem Ringgebiet, mit besonderem Fokus auf Nachbarschaft, Natur und den Bestand - das ist Grundlage des Entwurfs.  

Das Quartier ermöglicht durch die kompakte Struktur und die ideale Lage im Stadtgebiet ein weitgehend autounabhängiges Leben. Zur Verbesserung des ökologischen Mikroklimas trägt die Renaturierung der ehemals versiegelten und bebauten Flächen im Planungsgebiet im erheblichen Umfang bei. Von dieser nachhaltigen Renaturierung profitieren nicht nur die lebendige Flora und Fauna der Oker, sondern auch die Bewohner*innen des zukünftigen Quartiers.

Die neue Bebauung soll nachhaltig und mit einem möglichst geringen ökologischen Fußabdruck errichtet werden. Hierzu sollen neben der umfangreichen Verwendung von ökologischen Baustoffen genauso Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Retentionsflächen in den Innenhöfen und auf den Dächern geplant werden.

Modell (Foto: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Ist schon ein Rahmenplan in Arbeit?

Ja. Des Weiteren laufen erste Beteiligungsprozesse mit Bürgerinnen und Bürgerinnen und Trägern öffentlicher Belange zur Vorbereitung eines Bebauungsplanes. Begonnen haben diese Prozesse mit einer mehrwöchentlichen Ausstellung im Rathaus der Stadt Braunschweig. 

Schwarzplan (Zeichnung: Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!)
Nachnutzung des Klinikums Holwedestraße in Braunschweig
Offener Wettbewerb
 
Auslobung: Stadt Braunschweig, FB Stadtplanung und Geoinformation
Betreuung: carsten meier architekten stadtplaner, Braunschweig
 
Jury
Uli Hellweg, Berlin (Vors.) | Heinz-Georg Leuer, Stadt Braunschweig | Wolfram Putz, Berlin | Bernd Schmidbauer, Stadt Braunschweig | Prof. Christiane Sörensen, Hamburg | Lisa-Marie Jalyschko, Stadträtin | Burim Mehmeti, Stadtrat | Heidemarie Mundlos, Stadträtin | Sabine Sewella, Stadtbezirksbürgermeisterin
 
1. Preis
Jensen und Hultsch Architekten – JUHU Architektur!, Braunschweig | Florian Hultsch, Marcus Aurelius Jensen
Mitarbeit: Amir Touhidi, Marisa Wieczorek, Dave Tkaczyk
studiofutura, Berlin | Matteo Basta, Marco Smerghetto, Dr. Laura Veronese
 
3. Preis
studiomauer, Hannover | Heiko Lubs
Mitarbeit: Niklas Staack, Svea Schumacher
Nolte | Gehrke Partnerschaft von Landschaftsarchitekten mbB, Berlin

3. Preis
prasch buken partner architekten, Hamburg | Alf M. Prasch
Mitarbeit: Knut Böhmer, Anneke Jobs, Aleksandra Makola
schoppe + partner freiraumplanung, Hamburg | Jochen Meyer
MItarbeit: Alice Lehmann

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