Farrell und McNamara erhalten Pritzker-Preis

Manuel Pestalozzi
4. mars 2020
Yvonne Farrell und Shelley McNamara arbeiten seit mehr als 40 Jahren zusammen. Ihre Auszeichnung ist hoch verdient. (Foto: Alice Clancy)

Jay A. Pritzker (1922–1999) ist der Alfred Nobel der Architekturwelt. Als Gründer der Hotelkette Hyatt hatte er Gelegenheit, sich mit der Qualität der gebauten Welt auseinanderzusetzen – und die nötigen Mittel zur Auslobung des weltweit wichtigsten Architekturpreises zu sammeln. Seit 1979 wird der Pritzker-Preis jährlich vergeben, seit dem Tod des Namensgebers durch die Hyatt-Stiftung. Der erste Empfänger des Bronzemedaillons und der 100'000 US Dollar Preisgeld war Pritzkers Landsmann Philip Johnson (1906–2005). Die Preisträger*innen vertreten in der Regel etablierte Werte – auch dies eine gewisse Analogie zu den Nobel-Preisen. In der Fachwelt kennt man meistens die Namen der potenziellen Anwärter*innen schon vorab, grosse Wettgewinne lassen sich über Spekulationen wohl kaum erzielen.

Eigentliches Opus magnum der beiden Architektinnen ist der Universitäts-Campus UTEC Lima (2015). (Foto: Iwan Baan)

Der Kreis der Auserwählten wurde auch dieses Jahr nicht gesprengt; mit den Irinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara, den Chefinnen des Büros Grafton Architects aus Dublin, ehrt die Hyatt-Stiftung zwei verdiente Architektinnen, die schon seit 1978 aktiv sind und ein grosses Œuvre vorzuweisen haben. Als Kuratorinnen der 16. Architekturbiennale von Venedig konnten sie sich als einflussreiche «Taktgeberinnen» endgültig etablieren. Ihr berufliches und ethisches Credo kam dort deutlich zur Geltung, was auch in der Begründung der Pritzker-Jury besonders erwähnt wird. Dort heisst es: «Für ihre Integrität bei der Auseinandersetzung mit ihren Bauaufgaben wie auch in der Büroführung, ihren Glauben an die Zusammenarbeit, ihre Grosszügigkeit gegenüber ihren Kolleg*innen, die speziell bei Veranstaltungen wie der Architekturbiennale erkennbar wird, ihr pausenloses Einstehen für hohe gestalterische Standards, ihr verantwortungsvolles Verhalten der Umwelt gegenüber, ihre Fähigkeiten, kosmopolitisch zu sein und gleichzeitig die Einzigartigkeit jedes Ortes, an dem sie arbeiten, in ihr Herz zu schliessen, für alle diese Gründe und mehr werden Yvonne Farrell and Shelley McNamara mit dem 2020 Pritzker Architecture Prize ausgezeichnet.»

Das vergleichsweise kostengünstig gebaute Urban Institute of Ireland in Dublin (2002) besticht auch durch seine haptischen Qualitäten. (Foto: Ros Kavanagh)

Nach Zaha Hadid (2004), Kazuyo Sejima (2010) und Carme Pigem (2017) sind es erst die Auszeichnungen vier und fünf für Architektinnen. Das Thema «Frau in der Architektur» wird in der Pressemitteilung der Hyatt-Stiftung nicht speziell behandelt. Das ist richtig, denn Yvonne Farrell und Shelley McNamara verdienen den Preis für ihre herausragenden architektonischen Leistungen. Dennoch sendet der Juryentscheid eine gute Botschaft in die Welt: Qualitätsvolle weibliche Beiträge zur Architekturproduktion werden endlich gesehen und gewürdigt.

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