IBA’27: Bislang 16 Projekte für nachhaltiges Bauen und Wohnen

Leonhard Fromm
18. janvier 2023
Foto: IBA'27 / F. Kraufmann

Vom 23. Juni bis 23. Juli 2023 steht das IBA’27-Festival #1 an, bei dem die IBA ihre Themen, Konzepte und Projekte erstmals in großer Breite in mehreren Städten, auf Bühnen und in Veranstaltungen und Ausstellungen vorstellt. Denn die Projektsammlung formt sich weiter und beim Quartier Hangweide in Kernen im Remstal haben die Bauarbeiten bereits begonnen. Parallel gilt es vielerorts noch, wirtschaftliche Unwägbarkeiten auszuloten und baurechtliche Fragen zu klären, etwa im Kontext von Denkmalschutz und Klimaneutralität.

Es geht um einen nachhaltig wertschätzenden Umgang mit Materialien, Räumen und sozialen Beziehungen. Mehrere Gesellschafter, darunter die 179 Kommunen, Architektenkammer, IHK und Handwerk, moderieren den Prozess, beantragen Fördergelder bei Bund und EU aus unterschiedlichsten Töpfen und auch das Land Baden-Württemberg unterstützt.

Grafiken: IBA27-Festival

35 meist internationale Wettbewerbe hat die IBA in den vergangenen drei Jahren begleitet, 14 davon allein 2022. Üblicherweise brachten Kommunen Industriebrachen und andere verwaiste Flächen ein, die meist zentral, verkehrstechnisch günstig und an Flüssen gelegen sind. Planer*innen und potentiellen Nutzern ermöglicht das viel Gestaltungsraum, zumal das Ganze im Kontext einer Transformation der Industriegesellschaft stattfindet, die von Digitalisierung, CO2-Neutralität, Kreislaufwirtschaft und flexibler Nutzung gekennzeichnet ist.

Die dabei entstandenen Pläne und Skizzen zeigen ein neues Verständnis des Zusammenlebens in den Städten und Dörfern: Große Häuser, viele davon aus Holz, mit unterschiedlichen, teils auch veränderbaren Grundrissen, die über Jahrzehnte hinweg für die wechselnden Bedürfnisse der Bewohner und Benutzerinnen passen. Dazu großzügige Gemeinschaftsflächen und grüne Außenbereiche, in denen sich Menschen begegnen und die als „Schwammstadt“ auf die Klimakrise reagieren; Werkstätten und Fabriken, über denen gewohnt oder Gemüse angebaut wird; oberirdische Quartiersgaragen, die mit weniger privaten Autos ab- oder umgebaut werden können.

Jüngster Partner ist die Baugenossenschaft Münster am Neckar eG (BGM), die ein neues Quartier im Ortskern des Stuttgarter Stadtteils Münster entwickelt. Nicht erhaltbare Bestandshäuser sollen durch Neubauten ersetzt werden. Vorgesehen sind 220 neue Wohnungen – 60 mehr als heute. Das Büro PPAG architects aus Wien hatte sich in einem Wettbewerb durchgesetzt. In dem zweistufigen Werkstattverfahren hatten acht internationale Architekturbüros sozialverträgliche, ökologisch nachhaltige und ökonomisch tragfähige Lösungen zur Quartiersentwicklung vorgelegt.

PPAG architects sieht nun fünf neue, ernergieautarke Häuser in dichter und modularer Holzbauweise vor, mit unterschiedlichen Wohnformen, Gemeinschaftsräumen und weiteren Nutzungen. Die dichte Bebauung schafft neue Freiflächen für die Gemeinschaft und die Durchgangsstraße wandelt sich zu einem vielfach nutzbaren öffentlichen Raum.

IBA’27-Projekt Zukunft Münster, 1. Preis (Visualisierung: joyjoy studio, Architektur: PPAG architect)
Modellfoto des ersten Preises von PPAG architects, Wien
Bestand im IBA’27-Projekt Zukunft Münster (Foto: BGM / Stadtberatung Dr. Sven Fries)

Dagegen ist das Otto-Quartier in Wendlingen, das zehn Hektar historisches Industriegelände am Bahnhof umfasst, nach dem Verkauf an einen neuen Investor von der IBA-Förderung zurückgetreten. Damit blieb es zum Jahreswechsel bei 16 IBA-Projekten mit je 9000 Jobs und Wohnungen, die das IBA-Team intensiv begleitet. Deren Gesamtfinanzierungsvolumen beläuft sich auf drei Milliarden Euro – ohne die 190 Hektar Grund.

Hinzu kommen zehn Vorhaben, die IBA-Projekte werden könnten. Insgesamt waren bislang von 2000 Projektpartnern 162 Vorschläge eingereicht worden. „2022 ist immer klarer geworden, wie ein guter Weg eines IBA-Projekts aussieht“, sagt IBA-Geschäftsführer Andreas Hofer: Demnach brauchen zukunftsfähige Lösungen von Beginn an die enge Zusammenarbeit zwischen Projektträgern und der IBA, um Planungsprozesse zu koordinieren und Betroffene vor Ort konsequent einzubeziehen. Internationale Kompetenz und realistische Umsetzungschancen seien weitere Parameter, so Hofer.

Fast alle Projekte sind aktuell auf einem guten Weg. Mit dem Adaptiven Demonstrator-Hochhaus der Universität Stuttgart ist Ende 2021 das erste Projekt sogar schon fertiggestellt worden. Bei anderen Projekten starten demnächst Wettbewerbe oder es laufen die Planungen für die Umsetzung. Auf dem Weg ins Ausstellungsjahr gebe es noch viele Hürden zu nehmen: Bei den Regularien, wirtschaftlich, politisch und mental.

Hinzu kommen die aktuellen Herausforderungen bei den Baupreisen und Finanzierungskosten sowie durch Energie- und Rohstoffmangel. Hofer: „Wie sich das wirtschaftliche Umfeld in den nächsten zwei Jahren entwickelt, kann im Moment niemand vorhersehen.“ Die Planungen liefen daher weiter. Letztlich machten die aktuellen Krisen ja sogar noch deutlicher, dass wir grundlegend anders planen und bauen müssen.

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