Traditionell modern
Degelo Architekten
21. août 2024
Blick von Norden, aus Richtung des Hauptbahnhofs und Europaplatzes, auf den Haupteingang (Foto: Degelo Architekten)
Degelo Architekten haben Heidelbergs neues Kongresshaus gestaltet. Florian Walter erklärt, wie der als Passivhaus konstruierte Bau mit seinen Fassaden aus einheimischem Naturstein auf die Geschichte der Stadt Bezug nimmt.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Das Heidelberg Congress Center (HCC) bildet ein markantes Zeichen im neuen Stadtteil »Bahnstadt«. Als öffentliches Gebäude, in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, kommt dem HCC eine wichtige Rolle im städtischen Kontext zu. Es ist ein äußerst flexibles Kongresshaus entstanden, das für verschiedene Veranstaltungswünsche genutzt werden kann. Rund 3.800 Personen können hier gleichzeitig an Konferenzen, Symposien, Meetings oder Barcamps teilnehmen. Der »Große Saal« ist zweifellos der Protagonist im komplexen Raumgefüge. Dort fällt das natürliche Licht durch elliptische Aussparungen am seitlichen Rand des Kappengewölbes, sodass der eigentlich schwere Beton wirkt, als würde sich hier leichter Stoff entfalten.
Blick auf den Haupteingang des HCC mit dem eingezogenen Vordach (Foto: Degelo Architekten)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?Inspirierend für uns war an diesem Ort das Heidelberger Schloss. Sogar als Ruine ist das Gebäude beeindruckend und prägend für die gesamte Stadt: Sei es aufgrund seiner Größe oder durch seine massiven Sandsteinwände, die die Zeiten zu überdauern scheinen. Unser Ansporn war, ein Gebäude zu schaffen, das sich ebenfalls eher durch Dauerhaftigkeit auszeichnet, als architektonischen Tendenzen zu folgen.
Durch die grobe Oberflächenbearbeitung tritt die feine gelbliche Maserung des Natursteins in den Hintergrund. (Foto: Achim Birnbaum)
Kanneluren und tropfenförmige Rundfenster prägen die Fassaden aus Neckartäler Buntsandstein. (Foto: Degelo Architekten)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?Das Gebäude ist zwar ein Solitär, wendet sich aber mit den skulpturalen Einschnitten und den Glasfronten den beiden wichtigen Plätzen zu, an denen das Gebäude situiert ist. Die sehr großen Eingänge in der geschlossenen Sandsteinfassade gleichen dem Rahmen einer Bühne, die den Blick in das Innenleben des HCC inszenieren. So kommuniziert das Gebäude unmittelbar mit dem umgebenden Stadtraum und verdichtet dessen städtischen Charakter.
Im Erdgeschoss empfängt ein großes Foyer die Gäste. (Foto: Achim Birnbaum)
Der Große Saal mit Kappengewölbe und Oberlicht ist das räumliche Zentrum des neuen Kongresshauses. (Foto: Degelo Architekten)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?Als Passivhaus geplant, ist das HCC fortschrittlich und architektonisch zukunftsorientiert. Zugleich knüpft sein äußeres Erscheinungsbild durch das Fassadenmaterial Sandstein auch an traditionelle Architekturen in Heidelberg an.
Von Beginn an wurde im Hinblick auf eine DGNB-Zertifizierung in Gold geplant. Der Kriterienkatalog des Qualitätssiegels bezieht sich auf Nachhaltigkeit. Bewertet werden die Kategorien Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozessqualität und Standort. Konkret werden beim HCC u. a. eine primärenergetisch gute Energieversorgung über Fernwärme/ -kälte und Photovoltaik, eine gesundheits- und umweltverträgliche Materialwahl, eine Verbesserung des Mikroklimas über ein Gründach und Reduktion des Abwasseraufkommens über eine Versickerung des Regenwassers realisiert.
Blick in die Flurzone des Obergeschosses (Foto: Achim Birnbaum)
Tagungsraum im Obergeschoss mit Ulmenholzverkleidung (Foto: Achim Birnbaum)
Inwiefern haben Sie im Projekt die Verwendung von Naturbaustoffen und zirkulären Baustoffen angestrebt?Durch die Verwendung des regionalen Neckartäler Buntsandsteins für die Fassade verankert sich das Gebäude harmonisch im Stadtraum. Der Stein zeichnet sich durch ein reizvolles Farbspektrum aus, das von rötlich bis gelblich reicht. In Verbindung mit den Kanneluren, den ornamentalen, tropfenförmigen Rundfenstern und dem Wechsel von glatten und rauen Oberflächen bietet der Sandstein als Fassadenmaterial ein reiches Farb- und Lichtspiel.
Die Dachterrasse kann wie ein Hof oder als Freilichttheater genutzt werden. (Foto: Degelo Architekten)
Situation (Zeichnung: Degelo Architekten)
Situation (Zeichnung: Degelo Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Degelo Architekten)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Degelo Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Degelo Architekten)
2024
Czernyring 20
69115 Heidelberg
Auftragsart
Wettbewerb
Bauherrschaft
BSG Bau- und Servicegesellschaft mbH, Heidelberg
Architektur
Degelo Architekten, Basel
Projektverantwortlicher Partner: Florian Walter
Projektleiter: Joel Heritier
Fachplaner
Tragwerksplaner: AWD Ingenieurgesellschaft mbH, Köln
Landschaftsarchitektur: Berchtold.Lenzin Landschaftsarchitekten, Basel
HLKS- & GA-Planer: Team für Technik GmbH, Karlsruhe
Elektroplaner: pbr Planungsbüro Rohling AG, Osnabrück
Bauphysik und Akustikplaner: GN Bauphysik, Stuttgart
Lichtplaner: Envue Homburg Licht GmbH, Berlin
Bauleitung
Bauleitung: Ernst2 Architekten AG, Heidelberg
Ausführende Firmen
Betonarbeiten: Ed Züblin AG, Karlsruhe
Holzfenster: Schreinerei Koch GmbH, Otzberg
Natursteinfassade: Bamberger Natursteinwerk, Bamberg
Terrazzoböden: Freese Fussbodentechnik, Rudolstadt
Hersteller
Naturstein: Bamberger Natursteinwerk
Beton: Heidelberg Materials
Pfosten-Riegelfassaden: Schüco International
Oberlichter: Raico Bautechnik
Terrazzoböden: Chemotechnik Abstatt
Kugelleuchten Foyer: Bergmeister Leuchten
Energiestandard
Passivhausstandard
Bruttogeschossfläche
29.500 m2
Gebäudevolumen
170.300 m3
Gesamtkosten
110.000.000 €
Auszeichnung
Das DGNB Zertifikat in Gold wird angestrebt
Fotos
Degelo Architekten: 1, 2, 3, 6, 9
Archim Birnbaum: 4, 5, 7, 8
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