Pragmatisch und doch ambitioniert

mehr* architekten
18. janvier 2023
Blick in die Halle, im Vordergrund Bar und Braukessel, hinten das Lager. Alle Funktionsbereiche sind vom Eingang aus sichtbar. (Foto: Sebastian Schels)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Für uns war ein Gewerbebau mit Brauerei eine schöne Abwechslung zu kleinteiligeren Typologien, vor allem die Verschiebung einiger Entwurfsthemen und die Möglichkeit einen großen zusammenhängenden Raum und dessen Lichtqualität zu gestalten. Und letztendlich war es auch interessant, Details und Oberflächen deutlich rudimentärer und roher auszuführen.

Offenes Lager mit Oberlicht. (Foto: Sebastian Schels)
Der Produktionsbereich mit Blick durch das Rundfenster. Hier wird die Dimension der Giebelwand spürbar. (Foto: Sebastian Schels)
Die beiden Elemente der Ostfassade von Innen, durch das Fenster ist der Biergarten mit Baum zu sehen. (Foto: Sebastian Schels)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Zum einen natürlich der Ort selbst, ein Gewerbe-Mischgebiet, zwischen Autobahn, TÜV und Lagerhallen und deren einfache pragmatische aber immer funktionale Architektursprache. Ganz generell waren die Industriebauten der Jahrhundertwende eine übergeordnete Inspiration, vor allem im Hinblick auf Ihre Materialität, Form und Lichtstimmung, die nicht selten an Kathedralen erinnern und die auch heute noch beeindruckend sind.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Volumen schließt eine Hofsituation ab und bildet an der Straßenecke einen gefassten Außenraum mit zwei Bäumen, der als Biergarten genutzt wird. Aufgrund der Umgebung war klar, dass das Gebäude sich in diesen Kontext einfügen soll, jedoch auch seine Eigenständigkeit besitzen muss. Somit bewegt sich das Projekt im Spannungsfeld zwischen gestalterischer Ambition und pragmatischer Einfachheit.

Die geschlossene Giebelfassade im Westen mit Profilglasfassade, die sich optisch auch über das Dach zieht. (Foto: Sebastian Schels)
Von der Hauptstrasse aus verweist eine Betonskulptur auf das Gebäude. (Foto: Sebastian Schels)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Da es von Anfang an klar war, dass eine Brauerei die erste Nutzung sein würde, war der Austausch über viele Themen wie zum Beispiel die einzelnen Funktionsabläufe im Projekt sehr intensiv. Auch dass es einen großen Raum mit eingestellten Objekten geben soll, in dem man die einzelnen Abläufe des Brauens auch bewusst wahrnehmen kann, war eine frühe Entscheidung. So ist vieles auf die Brauerei zugeschnitten, dennoch sollte die Halle auch eine eventuelle andere Nachnutzung ermöglichen und durfte somit auch nicht zu spezifisch sein.

Das Gebäude fasst den Biergarten ein und zeigt seine transluzente Hülle zur Straße. (Foto: Sebastian Schels)
Die Giebelfassade mit den beiden Elementen, Tür und Rundfenster im Zusammenspiel. Eine bestehende Betonmauer grenzt den Biergarten ab, der Baum spendet Schatten. (Foto: Sebastian Schels)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Die Idee des Oberlichts war relativ schnell da und hat dem Projekt früh eine ikonische Form verliehen. Auch die funktionalen Aspekte waren früh gesetzt. Danach hat sich das Projekt eigentlich nicht mehr stark verändert. Viele weitere Entscheidungen wurden aufgrund technischer oder ökonomischer Abhängigkeiten getroffen, da war der Spielraum nicht besonders groß. Lediglich die Giebelfassade zum Biergarten mit Eingangstüre und Lochfenster hat einige Varianten gebraucht bis es gepasst hat.

Bei Dämmerung gibt das Rundfenster den Blick auf die Bar frei. (Foto: Sebastian Schels)
Durch die beleuchtete Fassade ist schemenhaft die Produktion zu erahnen. (Foto: Sebastian Schels)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Kein spezielles Material ist herauszustellen, aber das Zusammenspiel der einzelnen Materialien ist relevant. Uns war wichtig, dass die Materialien aus dem Industriekontext kommen, Profilglas, Beton und Stahl. Jedes dieser Materialien – passend eingesetzt – prägt das Gebäude und lässt das Material selbst wirken.

Lageplan (Zeichnung: mehr* architekten)
Grundriss (Zeichnung: mehr* architekten)
Schnitt (Zeichnung: mehr* architekten)
Brauereihalle Kirchheim
2022
Faberweg 24/1
73230 Kirchheim unter Teck

Nutzung
Gewerbe 
 
Auftragsart
direkt
 
Bauherrschaft
privat
 
Architektur
mehr* architekten, Kirchheim unter Teck
*brodbeck *rössler *van het hekke partnerschaft mbb 
Projektteam: David Brodbeck  Jens Rössler, Sabine Häcker, Dennis Miller
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: BB Baustatik, Kirchheim
Energieberater: Jürgen Rieschl, Lenningen 
Vermessung: Geoteck, Kirchheim
Haustechnik: Hans Klein, Schlierbach

Ausführende Firmen
Rohbau, Neugebauer GmbH, Weilheim
Stahlbau, H.M. Schmidt, Kirchheim
Glasfassade, Engstler + Schäfer, Schmelz Saar
Dach + Blechfassade, Banderitsch, Ehingen
Tor, Layh, Oberbohingen
Holzbau, Henzler Holzbau, Owen
Bodenbeschichtung, Gebrüder Hörner, Schwäbisch Gmünd
Malerarbeiten, Anton Geiselhart, Pfullingen
Elektroarbeiten, Elektroservice Schweiss, Kirchheim
Haustechnik + Sanitär, Hans Klein, Schlierbach
 
Hersteller
ISO Panels: Roma
Türen, Hörmann
Bodenbeschichtung: Rinol
Trockenbau: Knauf
Verglasung: Pilkington 
Fliesen: CESI
Sanitärobjekte: Vigour
Beleuchtung: RIDI

Bruttogeschossfläche
750 m²

Gesamtkosten
1.250.000 € brutto

Auszeichnung
DAM Preis 2023 Shortlist
best architects Award 2023 in gold
 
Fotos
Sebastian Schels

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