Hochhaus-Trio für die HafenCity
Manuel Pestalozzi
25. abril 2022
Auf dem östlichen Baufeld 92c soll ein Entwurf von Buchner Bründler Architekten AG, Basel, realisiert werden. Es handelt sich um einen Holz-Hybriden, geplant nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. (Visualisierung: © Ditting Buchner Bründler Architekten)
Im Baakenhafen von Hamburgs HafenCity sollen nebeneinander drei Hochhäuser ins Wasser gebaut werden, jedes von einer anderen Bauherrschaft und geplant von verschiedenen Architekturbüros. Die siegreichen Wettbewerbsprojekte sind nun bekannt.
Die ursprünglich aus dem hochbaulichen Wettbewerbsverfahren von 2012 hervorgegangenen Entwürfe sahen drei im Wasser stehende Gebäudepaare vor, über Steganlagen mit dem südlichen Ufer des Baakenhafens verbunden. In der weiteren Bearbeitung zeigte sich jedoch, dass eine wirtschaftlich tragfähige Lösung so nicht erreicht werden konnte: Zu groß hätten die architektonischen und städtebaulichen Kompromisse ausfallen müssen, die drei Gebäudepaare hätten die Blickachsen und die hochattraktive städtebauliche Situation am Baakenhafen zu sehr beeinträchtigt. Nachfolgende intensive Prüfungen hinsichtlich Position und Höhe ergaben, dass vorzugsweise drei einzelne, markante Gebäude sich städtebaulich wesentlich besser in das Quartier einfügen würden. Mit dieser Erkenntnis wurde aber auch offenbar, dass man sich von den bisherigen Architekturentwürfen verabschieden musste.
So wurde gemeinsam mit den drei Bauherren im letzten Jahr ein neues hochbauliches Workshopverfahren durchgeführt. In diesem Rahmen fand für jedes Gebäude ein eigenständiger Wettbewerb statt. Eine Jury unter der Leitung von Stefan Behnisch prämierte jeweils einen siegreichen Entwurf. Bei der Auswahl der Entwürfe sind neben der funktionalen Gestaltung insbesondere das direkte Umfeld sowie die Fernwirkung der Gebäude und das Zusammenspiel untereinander sowie der Einklang mit der landseitigen Bebauung betrachtet worden.
Die drei „Wasserhäuser“ sollen über separate Brücken vom Petersenkai her erschlossen werden. (Plan: HafenCity Hamburg GmbH)
Der westlichste der drei Hochhäuser ist der „Watertower“. Die LIP Ludger Inholte Projektentwicklung GmbH möchte ihn nach einem Entwurf des Büros KCAP B.V., Rotterdam, von Kees Christiaanse realisieren. Der Turm hat die Grundform eines Seesterns. Er erhebt sich von einer geschwungenen Plattform, an deren Westseite sich ein Kinderspielplatz befindet und an der Ostseite der Eingangsvorplatz und die überhöhte Lobby. Das Gebäude bietet Raum für insgesamt 62 Wohnungen verschiedener Größen, mit Flächen zwischen 55 und 175 m². LIP will das Gebäude nicht nur nach dem Platin-Standard des HafenCity-Labels zertifizieren lassen, es sollen auch darüber hinaus zusätzliche Anforderungen an die Einsparung von CO2-Emissionen und an den Einsatz natürlicher oder recycelter Baustoffe erfüllt werden. Ergänzt und abgerundet wird das Gebäude durch die ebenfalls von LIP entwickelte und zeitgleich in die Realisierung übergehende Bebauung auf den Baufeldern 88a und 88b auf der Landseite. Deren Verwirklichung erfolgt auf Grundlage des bereits 2017 preisgekrönten Entwurfs der Hamburger HTA Hadi Teherani Architects.
Der „Watertower“ hat eine seesternartige Grundform. Dies ermöglicht diverse Ausblicke. (Visualisierung: © LIP Ludger Inholte Projektentwicklung GmbH, KCAP)
Auf dem mittleren Baufeld 90b konnten sich Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin, mit ihrem Entwurf durchsetzen. Für die Otto Wulff Projektentwicklung GmbH entwarfen sie eine aufgefächerte Grundrissfigur, die Ausblicke zur Innenstadt, über die HafenCity und die Elbe erlaubt. Die Wohnungen öffnen sich vom kompakten Kern ausgehend nach außen und sind leicht zueinander versetzt, wodurch auch das kleinste Apartment Ausblicke in mindestens zwei Himmelsrichtungen hat. Daraus ergibt sich die skulpturale Gestalt des Hauses, die durch starke Brüstungsbänder zusätzlich betont wird. Das Nachhaltigkeitskonzept dieses Turms besteht aus verschiedenen Komponenten, wie der Materialwahl, der Berücksichtigung der Wiederverwendbarkeit der eingesetzten Baustoffe, der Holzhybridbauweise, der Verwendung von sogenanntem „Low-Carbon Cement“, einer Dachbegrünung und der Regenwassernutzung.
Am Unterbau des mittleren Turms wird man den Wandel der Gezeiten im Baakenhafen verfolgen können. (Visualisierung: © Otto Wulf, Barkow Leibinger, Atelier Tata)
Das östlichste „Wasserhaus“ basiert auf dem siegreichen Wettbewerbsentwurf von Buchner Bründler Architekten AG, Basel, für die Richard Ditting GmbH & Co KG. Hier darf man eine Holz-Hybrid-Konstruktion, 80 bis 85 Eigentumswohnungen mit zwei bis vier Zimmern und bis zu 110 Quadratmetern sowie einem Indoor-Spielplatz erwarten. Das leicht wirkende, viereckige Prisma hat keinen Unterbau, sondern steigt direkt aus dem Wasser auf. Die sanft konkaven Fassadenverläufe und umlaufende Geschossbalkone verleihen der geometrischen Strenge eine bestechende Eleganz. Die Skelettstruktur erlaubt eine große Freiheit bei der Unterteilung der Stockwerke. Dieser Turm soll nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip ressourcenschonend und emissionsreduziert erfolgen. Weitere geplante Nachhaltigkeitsaspekte sind Photovoltaik, ein Gründach, Fahrradstellplätze mit Ladestation sowie Dachvorsprünge, die den äußeren Sonnenschutz optimieren.
Das Eingangsgeschoss des östlichsten „Wasserhauses“ verfügt über eine doppelte Höhe und einen Arkadenumlauf. (Visualisierung: © Ditting Buchner Bründler Architekten)
Die drei Wasserhäuser wurden zwar gemeinsam vorgestellt, aber nicht als Trio präsentiert. Da keines der Entwurfsteams wusste, wer sonst noch mit von der Partie ist, mussten die Entwürfe in den Darstellungen neben flüchtige benachbarte Umrisse gestellt werden. Wie sich die drei „Individuen“ gegenseitig ertragen und ob die gemeinsame Jury diesem Aspekt ausreichend Rechnung trug, muss abgewartet werden. Mit dem Bau der drei Wohntürme kann voraussichtlich 2023/2024 begonnen werden.
Die prämierten und alle weiteren Entwürfe des Workshopverfahrens werden im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung im HafenCity InfoCenter im Kesselhaus bis zum 08. Mai 2022 gezeigt.