Neues Campus-Zentrum

meck architekten
4. marzo 2020
Innenhof (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Besondere an dieser Bauaufgabe ist definitiv die Gebrauchsabsicht, und ich spreche dabei ganz bewusst noch nicht von Funktion, sondern das Abfüttern von ca. 5300 Studenten innerhalb kürzester Zeit. Dies bedeutet einerseits eine intensivste Nutzung der Mensa in den Mittagsstunden und andererseits einen über weite Teile des Tages leerstehenden Speisesaal. Die Mensa ist somit ein Gebäude mit hochbeanspruchten Räumen, das als zentraler Treffpunkt und Ort der Kommunikation auf dem Campus fungiert, mit besonderem Anspruch an die architektonische Gestalt- und Raumbildung. Auch wenn die Mensa als solche den Hauptteil der Baumasse füllt, ist sie doch nur ein Teil des gastronomischen Angebotes, welches das Bauwerk für die Nutzung offenhält. Eine Cafeteria und eine Studentenkneipe runden das Gesamtangebot ab. Alle diese Einrichtungen in einer Bauwerkskonzeption zu berücksichtigen, sodass diese sich funktional, wirtschaftlich, technisch und räumlich sinnvoll ergänzen und nicht gegenseitig entwerten, war eine besondere Herausforderung für uns.

Fassadenansicht (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Es ist vor allem die Vorstellung von einem offenen und transparenten Gebäude, stellvertretend für einen modernen Hochschulcampus, ernst und leicht zugleich, die den Entwurf getragen hat. Auch haben wir uns etwas von den Architekturen der Nachkriegsjahre inspirieren lassen, die in der Vermittlung ihrer Aufbruchstimmung so positiv besetzt sind. Wir meinten, so etwas wie Aufbruchstimmung könnte der Campus in Garching gut vertragen. Selbstverständlich stand hier aber auch die bestehende Mensa auf dem Stammgeländer der Technische Universität München in der Innenstadt von Franz Hart aus dem Jahr 1959 als Inspirationsgeber Pate. Unser Grundgedanke war es eine neue Mitte für den Campus in Garching zu schaffen. Die Organisationsform des Quadrats dient der inneren Funktion und ist der Vorstellung von einem richtungslosen Solitärbaukörper entlehnt, der sowohl von außen als auch in sich zentriert die „Mitte“ darstellt und verkörpert. Die Ausbildung von unattraktiven „Rückseiten“ haben wir vermieden, die Mensa ist somit das neue Herz des Campus. 

Foyer (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Foyer Stufengang (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Die städtebauliche Konzeption ist als Antwort auf die vorhandenen Strukturen des Campus Garching zu verstehen: so wie die Baumasse, die unter Bezugnahme auf die bestehende Rasterstruktur und die umgebenden Bestandsbauten gesetzt ist, verknüpft sich der Neubau mit seinem direkten Umfeld und verortet ihn in diesem unverrückbar. Mit dem Rückbau des bestehenden Plateaus der alten Mensa bauen wir die Mitte nach Norden hin weiter und führen sie fort. Diese Maßnahme führt zu einer selbstverständlichen Setzung des Solitärbaukörpers, der nach Abriss der alten Mensa gut sichtbar und prägnant erlebbar wird. Auf dem neu entstehenden Vorbereich werden die bestehenden Wegeverbindungen zusammengeführt. Unser Wettbewerbskonzept aus dem Jahr 2012 sieht hierfür einen städtebaulichen Hochpunkt in Form eines „Institute for Advanced Study des 22. Jahrhunderts“ vor. Die Durchwegung des Neubaus von Süd nach Nord reagiert auf die neu geschaffene Freifläche im Vorfeld des Katalysezentrums. Auf diese Weise werden auch die bestehenden Institutsbauten sowie mögliche Neubauten und Nachverdichtungen, die sich im Norden der neuen Mensa befinden, sehr gut angebunden.

Speisesaal (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Auf den Entwurf wurde aus und auf unterschiedlichen Ebenen Einfluss genommen. Dabei haben Bauherrschaft (Technische Universität München), Auftraggeber (Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt München 2) und der Nutzer (Studentenwerk München) teil- und phasenweise auch unterschiedliche Ziele verfolgt. Einfluss genommen wurde insbesondere durch die Festsetzung der wirtschaftlichen Randbedingungen, die Vorgabe der gastronomischen Konzepte und die Prozessqualität in der Abwicklung. Als Ergebnis können wir aber festhalten: Die berechneten Kosten wurden eingehalten, das Essen schmeckt, davon durften wir uns überzeugen, und es ist gelungen, das Gebäude im Dickicht von europaweiten Ausschreibungen und einem überhitzten Markt fertig zustellen und zu übergeben. Ein ganz normales Projekt also.

Fassadenecke zum Innenhof (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Speisesaal Möblierung (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

In vielfältigen Schrupfungs- und Dehnungsprozessen galt es nach dem gewonnenen Wettbewerb die wirtschaftlichen Randbedingungen und Quantitätsvorstellungen in einem iterativen Prozess unter einen Hut zu bekommen. Die räumliche Konzeption des Bauwerkes konnte dabei weitestgehend erhalten bleiben, wobei die Baumasse für die dienenden Bereiche der Mensa (Lager, Küchen und Spülküchen) optimiert werden musste. Die räumliche Vision aus dem Wettbewerbsverfahren konnte damit aber eingelöst werden. Noch im Wettbewerb hatten wir die Vorstellung eines Lichtkörpers, ein durch einen Filter umhülltes Gefäß, das im Wechselspiel Mensch und Materie aufnimmt und wieder loslässt. Die Hülle bestand aus einem Kleid aus Glasbausteinen in zweischaliger Ausführung und einem damit verbundenem ausgeklügelten energetischen Konzept. Diese Idee war unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen Vorstellungen unserer Bauherrschaft leider nicht realisierbar. Wir haben uns dann gelöst und sind einen anderen Weg gegangen, indem wir das Bauwerk mit Furnierschichtholzplatten aus Kiefer verkleidet haben. Diese Hülle berücksichtigt nun die Vorgaben der Wirtschaftlichkeit, passt in ihrer robusten Anmut sehr gut zur Bauaufgabe und verleiht der Mensa auf dem sonst so gesichts- und orientierungslosen Campus eine wohltuende Identifizierbarkeit und damit Adresse. Leider durften wir uns bei dem Möblierungskonzept der Gastbereiche nicht mehr einbringen und weite Teile des räumlichen Konzeptes wurden durch Einbauten, die dem Bauwerk seine Transparenz und Leichtigkeit nehmen, zerstört.

Übergang Speisesaal in den Free Flow- und Küchenbereich (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Nein. Das Projekt ist frei von solchen Tendenzen. Wir wollten neben dem Möglichkeitsraum für die Gebrauchsabsichten sicherstellen, dass Konstruktion, Material, Form und Raum in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen und eine Einheit bilden. Der Anspruch an ein Gleichgewicht zwischen reiner Funktionalität und emotionaler Gestaltqualität steht dabei im Vordergrund.

Detail Fassadenansicht Beschriftung (Foto: meck architekten / Michael Heinrich)
Schwarzplan (Zeichnung: meck architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: meck architekten)
Grundriss Obergeschoss (Zeichnung: meck architekten)
Schnitt (Zeichnung: meck architekten)
Isometrie (Zeichnung: meck architekten)
Neubau der Mensa auf dem Hochschul- und Forschungsgelände Campus Garching
2019
Boltzmannstraße 19
85748 Garching bei München
 
Nutzung
Hochschulbau
 
Auftragsart
Öffentlicher Auftraggeber
Nichtoffener Realisierungswettbewerb – 1. Preis

Bauherrschaft
Freistaat Bayern - vertreten durch das Staatliche Bauamt München 2, München 
 
Architektur
meck architekten gmbh, München
Andreas Meck, Axel Frühauf
Projektleitung: Wolfgang Amann, Nikolija Stamenkovic 
Team: Nanjana Sterzik, Daniel Sommer, Ana Sammeck, Tobias Jahn, Stefan Mittermaier, Isabel Protschky, Stefan Zöls 

Fachplaner
Landschaftsarchitekt: lohrer.hochrein landschaftsarchitekten bdla, München
Tragwerksplanung: Sailer Stepan und Partner GmbH, München
Haustechnik HLS: Climaplan GmbH, München
Haustechnik ELT: Duschl Ingenieure GmbH & Co. KG, Rosenheim
Küchenplanung: Schmid + Partner, Erlangen
Bauphysik: Müller-BBM GmbH, Planegg
Brandschutz: Kersken + Kirchner GmbH, München
Fassadenplanung: Büro Scharl Fassadentechnik, Ehingen/ Donau
 
Ausführende Firmen
Baumeisterarbeiten: Grossmann Bau GmbH, Rosenheim
Fassadenarbeiten: Rossmanith GmbH & Co.KG, Heidelberg
Schreinerarbeiten: Schreinerei Hierbeck, Schöllnach
Gussasphaltarbeiten: Singhammer Bodensysteme GmbH, Rimsting
 
Hersteller
Fassadenbekleidung: Funierschichtholz Kreto Q - Metsä Wood
Bodenbelag: BituTerrazzo
Beschläge: R 202- HAFI
Schalter: Future Linear - Busch-Jaeger

Bruttogeschossfläche
12.636 m²
 
Gebäudevolumen
69.525 m³
 
Gesamtkosten
44.500.000 €

Fotos
Michael Heinrich, München

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