Farbenmeer

4a Architekten
2. diciembre 2020
Der Eingangsbereich in das neue Vitalbad ist offen und transparent gestaltet. (Foto: David Matthiessen)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Sanierungen sind per se eine besondere und auch anspruchsvolle Bauaufgabe. Bestandsgebäude geben bestimmte Parameter vor, mit denen wir Architekten im wahrsten Sinne des Wortes arbeiten müssen. In Kusel war es nicht möglich, die Badehalle wirtschaftlich zu sanieren, sodass wir das Bestandsgebäude nahezu vollständig bis zur Badeplatte rückgebaut haben. Allerdings war die Grundform für den Neubau durch das bestehende Untergeschoss mit den zwei Schwimmerbecken vorgegeben und auch einzelne Wandelemente im Sprungbereich sowie der Rutschenturm mussten konstruktiv und gestalterisch schlüssig in das neue Konzept integriert werden. 

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde und wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Grundstück für den Bade- und Freizeitpark liegt am Ortsrand von Kusel, landschaftlich schön eingebettet in die Naturregion Pfälzer Bergland. Diese Umgebung hat uns dazu inspiriert, den Naturraum in das Bad einzubinden: Zum einen durch großflächige, raumhohe Verglasungen, die den Blick nach draußen freigeben, zum anderen durch die Oberflächengestaltung im Bad. Grün changierende Mosaikfliesen an Wänden und Becken greifen die Farbtöne der Umgebung auf, verleihen dem Innenraum ein ruhiges Ambiente, verbinden Architektur und Landschaft miteinander. Im Kontrast dazu steht die markante Deckengestaltung in sommerfrischen Farben, die sich nahezu durch das gesamte Gebäude zieht. Bunt wie eine Blumenwiese spiegelt sie die intensive Strahlkraft der Natur und verleiht dem Bad eine heitere Atmosphäre und eigene Identität.

Bei künstlicher Beleuchtung in den Abendstunden beginnt die farbig gestaltete Decke nach außen zu leuchten. (Foto: David Matthiessen)
Das Hallenbad mit weitläufigem Freibereich liegt landschaftlich schön eingebettet in das Pfälzer Bergland. (Foto: David Matthiessen)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Ein zentrales Anliegen des Bauherrn war es, die bislang getrennten Nutzungseinheiten Hallen- und Freibad zu einem Kombibad zusammenzuführen und Synergieeffekte für einen wirtschaftlichen Badebetrieb zu nutzen. Darauf haben wir im Entwurf reagiert und die Abläufe im Bad entsprechend funktional angeordnet. Beispielsweise liegen Kasse und Gastronomie unmittelbar nebeneinander, sodass in Schwachlastzeiten beide Bereiche von nur einem Mitarbeiter abgedeckt werden können. Auch mussten – bedingt durch das knappe Budget – einige Bestandsbauten wie der Rutschenturm, der Kiosk im Freibereich und die Freibad-Umkleiden quasi unsaniert in die neue Anlage integriert werden. Das führte zu Einschränkungen im Entwurf und war auch gestalterisch ein Thema, schließlich sollten Bestand und Neubau optisch möglichst ineinander greifen. 

Die markante Farb- und Lichtgestaltung verleiht dem Innenraum des Bade- und Freizeitparks eine heitere Atmosphäre. (Foto: David Matthiessen) 
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Tatsächlich war der Planungsprozess in Kusel sehr langwierig. Wir haben drei verschiedene Varianten ausgearbeitet, angefangen bei einem Konzept mit umfangreichem Sauna- und Wellnessbereich auf zwei Ebenen. Dieser sollte vom ortsansässigen Westpfalz-Klinikum mitgenutzt werden. Doch als die Kosten auf den Tisch kamen, wurde das Gesamtkonzept auf ein Hallen- und Freibad mit Saunabereich reduziert. Dieser sollte im Nordosten an das Schwimmbad auf dem aktuellen Parkgelände andocken. Nach Beantragung der beiden Förderprogramme für Sanierungen vom Bund – eines für das Hallenbad und eines für den Freibadbereich – musste die Sauna komplett gestrichen werden. Begründung: Eine Sauna zählt nicht zu den kommunalen Bauaufgaben. Die Reduzierung der Wasserflächen im Außenbereich ist ebenfalls auf die vom Bund geforderten Energieeinsparungen zurückzuführen. Und so sind wir schlussendlich beim aktuellen Entwurf gelandet. 

Die markante Farb- und Lichtgestaltung verleiht dem Innenraum des Bade- und Freizeitparks eine heitere Atmosphäre. (Foto: David Matthiessen)
Das Oberlichtband entlang der Nordostfassade bringt mehr Tageslicht ins Gebäude und erzeugt spannende Lichteffekte im Innenraum.
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Für die energetische und betriebswirtschaftliche Optimierung eines Gebäudes spielt neben dem Einsatz energieeffizienter technischer Anlagen auch die Bauform eine entscheidende Rolle. Die klare Grundriss-Organisation im Badepark führt zu einer kompakten Bauweise mit einem günstigen Verhältnis der Gebäudehülle zum Gebäudevolumen – das reduziert den Heizenergiebedarf. Zudem erfolgte im Rahmen der Neuplanung eine Anpassung der Deckenhöhe an die Nutzung. In den Nebenräumen wie Umkleiden und Duschen ist die Raumhöhe im Vergleich zur Badehalle niedriger, im Sprungbereich klappt das Dach nach oben. Die Gebäudehülle wurde nach EnEV hochwärmegedämmt mit Dreifachverglasung ausgeführt und im Vergleich zum Bestandsgebäude weiter nach außen versetzt. So liegen die Stützen für das neue Stahltragwerk im Gebäude und eine energetisch nachteilige Durchdringung der Außenhaut entfällt. Ein weiteres Plus dieser Bauweise: Es konnten zusätzliche Flächen gewonnen werden.

Blick in die Badehalle mit Schwimmer- und Lehrschwimmbecken und Sprungbereich im Hintergrund. Die dunkel gestaltete Wand wurde als bestehendes Element in den Neubau integriert. (Foto: David Matthiessen)
Ein nahezu magischer Raumeindruck entsteht durch die Reflexionen der farbigen Deckenelemente auf der Wasseroberfläche. (Foto: David Matthiessen) 
Die Gastronomie grenzt unmittelbar ans Foyer mit Kassenbereich an, so kann in Schwachlastzeiten ein Mitarbeiter beide Bereiche abdecken. (Foto: David Matthiessen)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Ohne Zweifel spielt in Kusel das Zusammenspiel der einzelnen Materialien und Farben eine elementare Rolle für die Gesamtwirkung, das Gebäude selbst tritt eher in den Hintergrund. Die bunt gestalteten Holzwolleleichtbauplatten sind sowohl tagsüber ein erfrischender Blickfang, als auch in den Abendstunden, wenn die Farbigkeit bei künstlicher Beleuchtung nach außen strahlt. Und ganz nebenbei sorgen die Deckenelemente für eine gute Akustik im Bad. Auch die Lichtgestaltung ist hier besonders. Die Reflexionen der farbigen Decke auf der Wasseroberfläche erzeugen eine ganz besondere, fast magische Atmosphäre. Und auch das Oberlichtband an der Längsseite der Nordfassade bildet je nach Tageszeit und Lichteinfall ganz unterschiedliche Lichtstimmungen und spannende Effekte auf der Sichtbetonoberfläche. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass der Bauherr viel Mut zur Farbe gezeigt hat, so konnten wir dem Bad trotz engem Kostenrahmen einen eigenständigen Charakter verleihen. 

Lageplan (Zeichnung: 4a Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: 4a Architekten)
Längsschnitt (Zeichnung: 4a Architekten)
Bade- und Freizeitpark Vitalbad
2020
Trierer Straße 194 
66869 Kusel
 
Nutzung
Schwimmbad, Kombibad aus Hallen- und Freibad
 
Auftragsart
Vergabeverfahren
 
Bauherrschaft
Vitalbad Pfälzer Bergland GmbH

Architektur
4a Architekten GmbH, Stuttgart
Planung: Torsten Hannig (Projektleitung), Jonas Straß (Projektleitung), Joanna Lackorzynska, Charlie Lang, Alena Zgorskaya
Ausschreibung/Vergabe: Sylvia Gmelin
 
Fachplaner
Landschaftsplanung: nsp christoph schonhoff landschaftsarchitekten stadtplaner, Hannover
Projektsteuerung: Kommunalbau Rheinland-Pfalz GmbH, Mainz
Tragwerksplanung+Bauphysik: Kempen Krause Ingenieure GmbH, Aachen
Brandschutz: Ralf Kludt Dipl.-lng. (FH) Sachverständige & Ingenieure für vorbeugenden Brandschutz, Konstanz
HLS+Elektroplanung: IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH, Pforzheim
Bauleitung: HW Ingenieur-Consult Gesellschaft für Baubetreuung mbH, Grafschaft-Ringen
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Schneider Bau GmbH, Merxheim
Holzbau: müllerblaustein Holzbauwerke, Blaustein
Dachdeckung: Schindller Haus- u. Dachpflege GmbH & Co. KG, Sondershausen
Blechfassade: Wittenauer GmbH, Sasbach
Wärmedämmverbundsystem: burgard ausbau und fassade GmbH & Co. KG, Homburg
Metallbau und Verglasung: Trube & Kings Fassadentechnik GmbH, Uersfeld
Metallbau- und Verglasungsarbeiten (Innenraum): Glas Lenz, Nentershausen
Trockenbau, Abhangdecken, Wandverkleidung: Akustik Gesthüsen GmbH, Kevelaer
Lüftung: Ronald Christ GmbH, Münchweiler
Sanitär/Heizung: Schupp GmbH & Co. KG, Idar-Oberstein
Fliesen: Fliesen Lepping GmbH & Co. KG, Vreden
Badewassertechnik: Wassertechnik Wertheim GmbH & Co. KG, Wertheim
Elektro: Wieland & Schultz Kaiserslautern GmbH, Rodenbach
Freianlagen: Kempf 2 GmbH, Saarbrücken
 
Hersteller
Fassade: Alpolic (Aluminium-Verbundplatte)
Aluminiumglasfassade: Schüco, Raico
Dachdeckung: Paul Bauder GmbH
Bodenfliesen: Feinsteinzeug - Agrob Buchtal
Wandfliesen: Chroma – Agrob Buchtal
Glasmosaikfliesen: Trend (Vitreo)
Beckenfliesen: Agrob Buchtal
Edelstahlbecken: Zeller Bäderbau GmbH, Heidenheim
Akustikdecken: Troldtekt GmbH, Hamburg
Armaturen: Conti, Grohe, Hansa
Sanitärkeramik: Keramag, Duravit, Alape
Drückerplatten: Geberit
Warmwasserspeicher: Buderus
Beleuchtung: Bega
Kassensystem: Ticos Systems
Obertürenschließer: Dorma
Fenstergriffe und Türdrücker: FSB

Bruttogeschossfläche
3.950 m²
 
Gebäudevolumen
15.850 m³
 
Gebäudekosten
KG 300 – Gebäude 7.600.000 € Netto
KG 400 – HLS 4.200.000 € Netto
KG 500 – Außenanlagen 1.000.000 € Netto
KG 600 – Ausstattung, Möblierung 60.000 € Netto

Fotos
David Matthiessen

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