Ulrich-Gabler-Haus

Ortspezifisches Bauen im Bestand

19. May 2014


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Archiv «Bau der Woche»

Ulrich-Gabler-Haus
2014

Schüsselbuden 6 – 8 / Alfstraße 1 - 5
23552 Lübeck

Nutzung
Behinderteneinrichtung mit Laden, Café, Kantine, Werkstätten (Weberei / Töpferei / Bonbonmanufaktur / Kaffeerösterei), Gisa-Feuerberg-Schule für Heilerzieher, Büros

Auftragsart
Direktauftrag nach eingeladenem Wettbewerb (1.Preis 2009)

Bauherrschaft
Ulrich-Gabler-Stiftung, Lübeck

Architektur
Konermann Siegmund Architekten BDA Stadtplaner, Hamburg / Lübeck
Georg Konermann-Dall und Ingo Siegmund
Mitarbeit: Ludwig-Stisser, Irina Kowalenkow, Thomas Minich

Fachplaner
Tragwerksplanung: Hardell und Hamann, Lübeck
TGA-Planung: KMO, Eutin
Grundbau: Baukontor Dümcke, Lübeck

Ausführende Firmen
Gründung: GKT, Hamburg
Rohbau: Heinrich Karstens, Kiel
Dachdecker: Dachdeckerei Paulsen, Roggendorf
Metallbau: Gewi Metallbau, Brüsewitz
Tischer und Fensterbau: Gollan-Bau, Neustadt/H
Putzarbeiten: Creativ-Putz-Systeme, Stockelsdorf
Estrichbau: Flex Estrichbau, Neu-Brodersdorf
Malerarbeiten: Badura & Thiede, Parchim
Trockenbau: Rudolf Innenausbau, Wendorf
Bodenbelag: Gorra Raumausstattung
Bodenbeschichtung: JL Bodendesign, Dägeling
Tiefbau: Benno Meyn, Lübeck
Elektroarbeiten: Bodo Wascher, Lübeck
Heizungsbau: Kohlhoff Gebäudetechnik, Lübeck
Sanitärarbeiten: Lang Versorgungstechnik, Lübeck
Lüftung: Silvio Techel, Brüel
Gebäudeautomation: Kieback & peter, Kiel
Aufzüge: Osma-Aufzüge Albert Schenk, Lübeck
Grundleitungen: Drögemüller, Bad Schwartau

Hersteller
Mauerziegel: Ziegelei Hebrok
Dachziegel: Creaton
Fenster; Velfac
Fassade, Glasfassade und Rohrrahmentüren: Schüco
Innentüren: Schörghuber

Energiestandard
ENEV 2009 (entsprechend Anforderung zum Zeitpunkt der Baugenehmigung)

Gebäudevolumen
16.100 m³

Kubikmeterpreis
Bezogen auf Gebäudekosten: 403 €/m³
Bezogen auf Gesamtkosten: 465 € je m³

Bruttogeschossfläche
3.400 m²

Gebäudekosten
6.500.000 €

Gesamtkosten
7.500.000 €

Auszeichnung
Otto-Borst-Preis für Stadterneuerung 2014

Fotos
Dorfmüller Kröger Klier, Hamburg

Schüsselbuden Ecke Alfstraße, die geöffnete Fassade als «Schaufenster» in die Archäologie der Stadt.

Katinka Corts: Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Georg Konermann-Dall: Das Besondere ist das Baugrundstück innerhalb des Unesco-Weltkulturerbes Lübecker Altstadt direkt gegenüber den Türmen der Marienkirche, eine der letzten nach dem Krieg nicht wieder bebauten Bombenlücken. Das Gebiet zwischen Marienkirche und Trave, auch Gründungsviertel genannt, gilt als die Keimzelle des mittelalterlichen Lübeck, in der bis zur fast vollständigen Zerstörung 1942 die bedeutendsten und stattlichsten Giebelhäuser der Stadt standen. Im Eckbereich der Straßen Schüsselbuden und Altstraße befand sich vor dem Krieg das älteste bis heute nachgewiesene nordeuropäische Saalgeschoßhaus, erbaut fast gleichzeitig mit der Marienkirche an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Die noch im Boden verbliebenen Kelleraußenwände und die Stümpfe von Säulen, die einst ein Gewölbe trugen, wurden in den achtziger Jahren archäologisch ergraben und stehen seitdem als Kulturdenkmal unter Schutz.

Ansicht Alfstraße, Gliederung in drei giebel- und zwei traufständige «Häuser» entsprechend der historischen Parzellierung.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Ingo Siegmund: Das Gebäude soll sich selbstverständlich und unaufdringlich in das besondere städtebauliche und historisch hochaufgeladene Umfeld einfügen. Überlieferte ortstypische Traditionen werden sowohl formal als auch in der inneren Struktur aufgenommen und neu interpretiert. Die denkmalgeschützten Fragmente der Vorgängerbebauung (Kellerumfassungswände, Pfeilerstümpfe) werden konzeptionell genutzt: Keine spolienhafte Konservierung, sondern Integration in einen möglichst öffentlich zugänglichen Raum in annähernd historischer Kubatur, der auch vom öffentlichen Straßenraum aus erlebbar ist und in diesen ausstrahlt. 

Historische Fragmente im Untergeschoss Schüsselbuden Ecke Alfstraße, historische Gebäudereste des mittelalterlichen Saalgeschosshauses.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Georg Konermann-Dall: Bezüglich der sehr intensiv geführten Diskussionen in der Stadt Lübeck über Grundstücksgrößen, Materialien und Dachformen setzt das Ulrich-Gabler-Haus Zeichen: Obwohl es nutzungsbedingt viel zu groß ist, um das Gebot der parzellenweisen Bebauung zu befolgen (schließlich werden insgesamt 5 historische Parzellen überbaut), ist sein Baukörper so gegliedert, dass die historische Situation nicht nur ablesbar, sondern auch wieder erlebbar wird. Dieses wird dadurch erreicht, dass der einheitlich mit einem hellen Ziegel verkleidete Baukörper durch historisch belegte kleine Vorsprünge, Rücksprünge und Überkragungen gegliedert und  nach oben hin durch sechs unterschiedliche, steile, dem Maßstab der Stadt folgende Giebel abgeschlossen wird. Zugleich zeigt sich der Neubau zeitgenössisch: ein «Fenster» zum historischen Keller bricht die stark durchfensterte, aber ruhig gegliederte Fassade, ein knapper Ortgang, der Verzicht auf sichtbare Fallrohre und Rinnen sowie die geradlinige Schuppung des Dachbelages betonen den kubischen Charakter des Ensembles. Der Entwurf  die historischen Fragmente und integriert sie in das neue Gebäude: So soll hier ein öffentlich zugängliches Cafe entstehen, das über einen zu den Straßen hin verglasten geschoss­ übergreifenden Luftraum natürlich belichteten Außenbezug aufweist. Die historischen Wände werden nicht belastet, das Gebäude steht auf einer Reihe von v-förmigen Stützen, die neben den Wänden gegründet sind.

Haupttreppenhaus Eingang Schüsselbuden, die Treppe schraubt sich mit versetzten Läufen durch das Gebäude – wie in den historischen Kontorhäusern der Altstadt.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Georg Konermann-Dall: Die Ulrich-Gabler-Stiftung als Bauherr war ein Glücksfall für dieses Projekt, weil sich die handelnden Persönlichkeiten der kulturellen Verantwortung bei der Bebauung dieses besonderen Grundstückes stellten: die aufwändige Sicherung und Freistellung der historischen Fragmente im Untergeschoss sowie die differenzierte Gestaltung der Dächer bedeuteten einen nicht unerheblichen finanziellen Mehraufwand, dem nicht ein direkt verwertbarer verwertbarer «Nutzen» gegenübersteht. Bei allen Gestaltungsfragen – von den Türgriffdetails  bis zum inneren Farbkonzept – hatten die Architekten freie Hand und jederzeit das Vertrauen der Bauherrenschaft.                                                          

Foyer der Gisa-Feuerberg-Schule im 3.Obergeschoss, analog zu der «Diele» des Lübecker Kaufmannshauses mit Luftraum über zwei Ebenen und dreiseitigem Umgang.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?
Ingo Siegmund: Veränderungen beschränkten sich im Wesentlichen auf nutzungsbedingte Anpassungen der Grundrissstrukturen infolge von neuen Funktionen, beziehungsweise durch Optimierung der internen Abläufe. Obwohl die Gebäudekubatur relativ kleinteilig differenziert ist, zeigte sich doch eine hohe Flexibilität bei funktionsbedingten Änderungen. In Zusammenarbeit mit dem Gestaltungsbeirat der Stadt wurde die Farbigkeit von Fassade und Dach neu bestimmt (heller Ziegel im Kontrast zur rotbraunen Marienkirche, rote Dachziegel entsprechend der Gestaltungssatzung). Die Gesamtstruktur des Gebäudekomplexes ist nur geringfügig modifiziert worden.

Werkraum der Gisa-Feuerberg-Schule im 3. Obergeschoss, große Raumhöhe unter dem steilen Satteldach mit Blick auf die Marienkirche.
Längsschnitt
Ebene 3
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Ulrich-Gabler-Haus
2014

Schüsselbuden 6 – 8 / Alfstraße 1 - 5
23552 Lübeck

Nutzung
Behinderteneinrichtung mit Laden, Café, Kantine, Werkstätten (Weberei / Töpferei / Bonbonmanufaktur / Kaffeerösterei), Gisa-Feuerberg-Schule für Heilerzieher, Büros

Auftragsart
Direktauftrag nach eingeladenem Wettbewerb (1.Preis 2009)

Bauherrschaft
Ulrich-Gabler-Stiftung, Lübeck

Architektur
Konermann Siegmund Architekten BDA Stadtplaner, Hamburg / Lübeck
Georg Konermann-Dall und Ingo Siegmund
Mitarbeit: Ludwig-Stisser, Irina Kowalenkow, Thomas Minich

Fachplaner
Tragwerksplanung: Hardell und Hamann, Lübeck
TGA-Planung: KMO, Eutin
Grundbau: Baukontor Dümcke, Lübeck

Ausführende Firmen
Gründung: GKT, Hamburg
Rohbau: Heinrich Karstens, Kiel
Dachdecker: Dachdeckerei Paulsen, Roggendorf
Metallbau: Gewi Metallbau, Brüsewitz
Tischer und Fensterbau: Gollan-Bau, Neustadt/H
Putzarbeiten: Creativ-Putz-Systeme, Stockelsdorf
Estrichbau: Flex Estrichbau, Neu-Brodersdorf
Malerarbeiten: Badura & Thiede, Parchim
Trockenbau: Rudolf Innenausbau, Wendorf
Bodenbelag: Gorra Raumausstattung
Bodenbeschichtung: JL Bodendesign, Dägeling
Tiefbau: Benno Meyn, Lübeck
Elektroarbeiten: Bodo Wascher, Lübeck
Heizungsbau: Kohlhoff Gebäudetechnik, Lübeck
Sanitärarbeiten: Lang Versorgungstechnik, Lübeck
Lüftung: Silvio Techel, Brüel
Gebäudeautomation: Kieback & peter, Kiel
Aufzüge: Osma-Aufzüge Albert Schenk, Lübeck
Grundleitungen: Drögemüller, Bad Schwartau

Hersteller
Mauerziegel: Ziegelei Hebrok
Dachziegel: Creaton
Fenster; Velfac
Fassade, Glasfassade und Rohrrahmentüren: Schüco
Innentüren: Schörghuber

Energiestandard
ENEV 2009 (entsprechend Anforderung zum Zeitpunkt der Baugenehmigung)

Gebäudevolumen
16.100 m³

Kubikmeterpreis
Bezogen auf Gebäudekosten: 403 €/m³
Bezogen auf Gesamtkosten: 465 € je m³

Bruttogeschossfläche
3.400 m²

Gebäudekosten
6.500.000 €

Gesamtkosten
7.500.000 €

Auszeichnung
Otto-Borst-Preis für Stadterneuerung 2014

Fotos
Dorfmüller Kröger Klier, Hamburg

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