Was Talente morgen entwerfen werden

Manuel Pestalozzi
27. February 2023
„Ohne Ende Anfang – Zur Transformation der Zeilenbausiedlung in Eisenhüttenstadt“, lautet der Name dieses mit einem Förderpreis geehrten Projekts von Eva Krings und Katja Gadziak (RWTH Aachen). (Foto: © Eva Krings und Katja Gadziak)

Insgesamt 31 Arbeiten waren von Absolvent*innen der Architekturfakultäten von elf nordrhein-westfälischen Hochschulen zum Förderpreis 2023 der Stiftung Deutscher Architekten vorgelegt worden. Alle Bewerber*innen wurden von ihren Professor*innen als „besonders begabt“ eingeschätzt; der Vorschlag zur Teilnahme an dem Auszeichnungsverfahren erfolgte durch die jeweilige Hochschule. Die Jury unter Vorsitz des Architekten und Stadtplaners Prof. Rolf-Egon Westerheide (Aachen) vergab drei gleichrangige Förderpreise, die mit je 4000 Euro dotiert waren, und zwei Anerkennungen.

Susanne Hugenberg (msa Münster) entwarf für die Toskana. Ihr mit dem Förderpreis ausgezeichnetes Projekt heißt „Hommage di Marmi | Cava di Marmi - Ein Kulturort inmitten der Marmorberge“. (Visualisierung: © Susanne Hugenberg)
Blick auf das Berufsbild

Der Preis ist auch als eine Aufforderung zu verstehen, sich eine Vorstellung darüber zu machen, mit welchen Aufgaben sich junge Talente dereinst befassen werden. Dahinter steht eine Vermittlungsaufgabe, welche die Hochschulen mit der Wahl der Entwurfsthemen erfüllen müssen – nicht nur gegenüber den Fachkräften, sondern auch gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit. Im Idealfall ergeben sich aus diesen Themen auch die Konturen für das künftige Berufsbild. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutscher Architekten, NRW-Architektenkammerpräsident Ernst Uhing, betonte anlässlich der Preisverleihung, dass das Berufsbild immer komplexer und anspruchsvoller werde. Neben der Qualität des kreativen Entwurfs und der Präzision in der technischen Umsetzung müssten Architekt*innen heute zunehmend Aufgaben der Projektsteuerung leisten sowie Kommunikationsprozesse moderieren.

Herauszuhören glaubt man aus diesen Ausführungen, dass der Berufsstand in Zukunft um seine Bedeutung und seine Deutungshoheit wird kämpfen müssen. „Die zukünftige Bau- und Planungsqualität in unserem Land braucht einen klaren Kompass und den Geist der Innovation“, konkretisierte Uhing diese Sehnsucht nach einem konkreten, Profil für die Architekt*innen der Zukunft, das sich auch verteidigen lässt. Die ausgezeichneten Förderpreisträger*innen haben mit ihren eingereichten Arbeiten in den Augen des Kammerpräsidenten in Sachen Kompass und Geist hervorragende Beispiele geliefert.

Der dritte Förderpreis ging an Chiara Erhardt und Luca David Steinert (RWTH Aachen) für „ritrova.riesi“. (Visualisierung: © Chiara Erhardt und Luca David Steinert)

Auffallend ist, dass sich sämtliche Aufgaben intensiv mit örtlichen geographischen und sozialen Gegebenheiten auseinandersetzen – und sich weitab der respektiven Studienplätze befinden. Dies zeigt, dass man talentierten Architekt*innen zumutet, sich schnell und aus der Distanz in fremde Kontexte einzufühlen. Ob die grenz- und kulturübergreifende Kommunikation an Hochschulen ausreichend gelehrt wird oder gelehrt werden kann? Hier bleiben einige Zweifel zurück. Jedenfalls ist es interessant, wie sich „Internationalismus“ und „Kontextualismus“ bei diesen Semesterarbeiten verschränken. Sie erinnern daran, dass dieses Berufsbild immer eine zupackende Herangehensweise verlangt – und ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein. Das war schon immer so und wird auch in Zukunft so sein.

„The Earth School – Secondary school in Kafountine, Senegal“ von Davin Schröder (FH Dortmund) erhielt einen Anerkennungspreis. (Visualisierung: © Davin Schröder)
Joshua Karategin (PBSA Düsseldorf) wurde für „Crossfloat“ ebenfalls eine Anerkennung zugesprochen. (Visualsierung: © Joshua Karategin)

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