Urban Mining Student Award

Manuel Pestalozzi
12. July 2022
Im siegreichen Projekt konstruierte die Verfasserin die neue Fassade mit Glasoberflächen aus dem Bestand. (Visualisierung: Monika Pusch, BUW)

Mit dem Urban Mining Student Award suchen Annette Hillebrandt, Lothar Niederberghaus und Anja Rosen nach jungen Architekt*innen, die den Begriff Urban Mining mit Leben füllen. Der 2017/18 zum ersten Mal ausgelobte, nun zum fünften Mal durchgeführte Wettbewerb will den erforderlichen Wissenstransfer in Gang setzen.

Grundlage für die Eingaben des Urban Mining Student Award 2021/22 war ein reelles Projekt in Berlin: Das Grundstück und das von 1951 bis 2000 überformte Warenhaus „Karstadt am Hermannplatz“ wird in einem gesamtheitlichen Konzept von SIGNA Real Estate und David Chipperfield Architects umgenutzt und weiterentwickelt. Der Bestandsbau wird dabei entkernt und das Stahlbetonskelett als Grundstruktur erhalten. Nach deren Sanierung erfolgt eine Aufstockung in Holzbauweise, welche das Gebäude zur historischen Kubatur ergänzt. Neuartig im Prozess ist hierbei, dass die zu demontierenden Baustoffe und Elemente vom Materialpass-Aussteller Concular digital erfasst und für die Wieder- und Weiterverwendung bewertet und in digitalen Materialpässen dokumentiert werden.

Urban Mining funktioniert über das Erarbeiten guter Details – dies wird durch die Wettbewerbseingaben eindrücklich dokumentiert. (Visualisierung: Monika Pusch, BUW)

Die teilnehmenden Studierenden waren gefragt, Entwurfskonzepte und baukonstruktive Lösungsansätze zum zukunftsorientierten Prozess des „Re-Use Bauens“ zu entwickeln und möglichst viel „Alt“-Material aus dem Bestandsbau in der angrenzenden Blockbebauung wieder- und weiterzuverwenden. Neben der maximalen und intelligenten Wieder- und Weiterverwendung von Bauteilen stand als Bewertungskriterium die architektonische Qualität im Fokus. Gesucht wurde eine Planung, die der gesamten Gebäudehülle eine außergewöhnliche Ästhetik des Re-Use (ReBeauty) verleiht. Dabei spielten die Fügung, die Aufbereitung von Re-Use-Bauteilen und die Realisierbarkeit ebenfalls eine wichtige Rolle.

Der 1. Preis im Urban Mining Student Award 2021/22 ging an Monika Pusch von der BUW. „Die Schönheit in den Dingen ist nicht immer offensichtlich. Aber jedem Material liegt sie inne. Das besondere Potenzial von Re-Use Materialien ist künstlich nicht reproduzierbar. Die Spuren seines vorherigen Lebens, die ablesbare Zeit, Verwitterungen und Gebrauchsspuren zeichnen ein einzigartiges Bild“, kommentiert die Autorin ihre Haltung gegenüber dem Urban Mining. Das Preisgericht befand, der Verfasserin sei ein intelligenter und kreativer Umgang mit den „Alt“-Materialien gelungen. Durch Zerschneiden, Falten, Weben und Stapeln habe sie eine Vielzahl an unterschiedlichen Fassadenidentitäten kreiert. Alles jedoch in einem immer gleichbleibenden Rhythmus, der sich am rekonstruierten Karstadt-Gebäude orientiert und damit harmoniert. Die Arbeit überzeugte die Jury durch den starken Gedanken des „Re-Beauty“ und den innovativen Umgang mit Re-Use-Materialien.

Die Preisträgerin hat für das Projekt ein veritables Reuse-Vokabular entwickelt, das in sich stimmig wirkt und sich am ursprünglichen Kaufhaus von 1929 orientiert. (Visualisierung: Monika Pusch, BUW)
Initiator*innen des Urban Mining Student Awards

– Prof. Dipl.-Ing. Annette Hillebrandt, Architektin BDA, Inhaberin des Lehrstuhls Baukonstruktion | Entwurf | Materialkunde an der Bergischen Universität Wuppertal (BUW)
– Architekt Dipl.-Ing. Lothar Niederberghaus vom Büro agn
– Prof. Dr.-Ing. Anja Rosen, Architektin und Honorarprofessorin für zirkuläres Bauen, ebenfalls an der BUW

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