Offen für fünf Jahre – oder mehr?

Katinka Corts
20. October 2021
Foto: NÜSSLI Gruppe / Manfred Jahreiss

Seit März 2020 war die neue Spielstätte gebaut worden, die doch eine Übergangslösung bleiben wird, bis der Spielort Gasteig saniert ist. Wie uns Roland Gebhardt im Mai dieses Jahres im Interview sagte, war der Bau etwas besonderes, da sich aufgrund der Corona-Pandemie einerseits die Planer nicht wie gewohnt treffen konnten, andererseits auch die Abläufe auf der Baustelle ganz anders zu planen waren. „Wir haben das Baustellenbüro auf drei Stockwerke und in der Länge erweitert, damit nicht mehr als drei Leute in einem Doppelcontainer sitzen. Das macht die Wege länger und das Miteinander fehlt“, so Gebhardt damals. Nun steht der Interimsbau und wird bespielt – und könnte auch länger genutzt werden als nur für die momentan vorgesehenen fünf Jahre. Das Konzerthaus erfüllt alle Anforderungen, die auch für einen Festbau gelten, wie Gebhardt damals auch schon sagte: Man kann nicht „ein bisschen Brandschutz oder ein bisschen Akustik“ machen. 

Apropos Akustik – es ist die große Angst aller Konzertsaalbauer, wie Dirigent*in, Orchester und Zuhörer*innen den Raumklang empfinden. Ein erster Lackmustest ist nun bestanden, das Publikum hat am 8. Oktober sowohl vor Ort als auch digital teilnehmen können. Reinhard J. Brembeck, der seit 20 Jahren bei der Süddeutschen Zeitung zuständige Redakteur für klassische Musik, hat sich das Konzert – „mitten im Raum in Reihe 17“ –  angehört und befunden: „Die Akustik in dieser 100 Jahre alten Trafohalle nah an der herbstliche Feuchtdünste aussendenden Isar unweit des Flauchers ist wunderbar.“ Doch: Während die Gesprächsklangkulisse angenehm murmelig bleibe und weder „knalle“ noch „wabere“, vermisste Brembeck den vollen Klang der Musik. „Zudem kommt der Klang nur von vorn. Er ummantelt den Hörer nicht, was den unangenehmen Eindruck von Frontalunterricht verstärkt, der durch die konservative Raumform vorgegeben ist [...].“ 

Der Musik werden weitere Nutzer folgen: Noch entstehen drei Modulbauten auf dem Sendlinger Gelände, in die bis Ende des Jahres die Münchner Stadtbibliothek, die Münchner Volkshochschule sowie die Hochschule für Musik und Theater München einziehen werden. Beim Besuch des neuen Kulturzentrums auf Zeit sind also Abwechslung und vielfältige kulturelle Eindrücke gewiss – womöglich auch eine Chance für das Gebäude, nach der Hauptnutzung als Interimskonzertsaal zu überdauern. Architekt Stephan Schütz betonte bereits im Frühling: „Das Konzept für die Stahlkonstruktion des Baukörpers erlaubt Modifizierungen, um beispielsweise mehr Tageslicht in die Umgänge um den Saal zu bringen oder Ausblicke in die schöne Parklandschaft jenseits des Großen Stadtbachs zu ermöglichen.“ Eine gute Chance für eine Folgenutzung auf dem dichter werdenden Sendling-Areal.

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