Carl Fieger – Vom Bauhaus zur Bauakademie

Schon mit seinem ersten Bau schrieb Carl Fieger (1893-1960) Architekturgeschichte. Das Einfamilienhaus von 1924 blieb zwar ein Versuchsbau, doch der als Wohnmaschine titulierte Rundbau in Dessau hatte eine große Wirkung auf die Fachwelt und nachfolgende Architekten. Er war ein wichtiger Beitrag auf der Suche nach neuen Standards im Wohnungsbau. 

Bekannt ist Carl Fieger vor allem als Entwurfszeichner für das Büro von Peter Behrens und später für die Bürogemeinschaft Walter Gropius und Adolf Meyer. Als Architekt war er dort maßgeblich an vielen ikonischen Bauten der Moderne beteiligt: den Erweiterungsbauten des Fagus-Werks in Alfeld (1922–25) genauso wie dem Bauhausgebäude und den Meisterhäusern in Dessau (Walter Gropius, 1925–26). Zwischen 1925 und 1928 war er selbst als Lehrer am Bauhaus Dessau tätig.

Carl Fieger aber war mehr als ein Mitarbeiter des Büros Gropius. Er setzte eigene Akzente in der Architektur der Moderne. So zum Beispiel mit dem Bau des Ausflugslokals Kornhaus am Ufer der Elbe (1929–30) und seinem eigenen Wohnhaus (1926/27) in Dessau, für das er auch die Innenausstattung entwarf. 

Neben der Stärke seiner Entwurfszeichnungen ist es Carl Fiegers Blick für Standardisierung, die Arbeit mit vorgefertigten Bauteilen und sein Interesse an neuen, industriell gefertigten Materialen, der sich durch seine 40 Jahre lange Schaffenszeit zieht. Seine dazu im Bauhaus gesammelten Erfahrungen setzte er später als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Bauakademie Berlin (Ost) um. So kam es, dass Carl Fieger 1953 den ersten Plattenbau der DDR in Berlin baute: Eine Platte, die von außen als solche nicht erkennbar war, deren Konstruktion sich hinter einer traditionellen Fassade verbirgt.

Die Ausstellung „Carl Fieger. Vom Bauhaus zur Bauakademie“ rückt das Gesamtwerk des Architekten, Gestalters und exzellenten Zeichners in den Mittelpunkt. Es sind diese vielfältigen künstlerischen Ansätze Fiegers, in denen auch der Facettenreichtum des Bauhauses als Hochschule für Gestaltung aufgehoben sind. Die originalen Zeichnungen, Architekturmodelle, Möbel, Fotografien und Studierenden-Arbeiten zeigen nicht nur Carl Fiegers Beitrag zu der Architekturlehre am Bauhaus. Sie werfen auch ein neues Licht auf den Architekten – als einen Gestalter, der neue Standards mit individuellem Ausdruck verband.


Carl Fieger, Doppelwohnhaus für Ärzte, um 1924, Tusche auf Transparentpapier
Foto © Stiftung Bauhaus Dessau (I 2283 G)